Leitsatz (amtlich)
Hat der Vater eines volljährigen Kindes keine Kenntnis über dessen Absicht, ein Studium aufzunehmen, und hat das Kind, das nach Erlangung der Hochschulreife eine studiennahe Berufsausbildung absolviert und über einen nicht unerheblich langen Zeitraum (hier über zwei Jahre) in dem erlernten Beruf gearbeitet hat, keinen Anspruch auf weiter gehenden Unterhalt.
Normenkette
BGB §§ 1601-1602, 1610; BAföG § 37 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Büdingen (Beschluss vom 21.10.2015; Aktenzeichen 53 F 994/14) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 3.452,16 EUR.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt von dem Antragsgegner rückständigen Ausbildungsunterhalt, nachdem er der Tochter des Antragsgegners für ihr Studium Leistungen nach dem BAföG gewährt hat.
Die am 26.11.1984 geborene J. ist das nichteheliche Kind des Antragsgegners. Der Antragsgegner hat weder mit der Mutter von... noch mit dem Kind jemals zusammengelebt. Es fand auch im Übrigen zwischen Vater und Kind wenig Kontakt statt. Letztmals traf der Antragsgegner seine Tochter in einem Restaurant, als diese 16 Jahre alt war. Die Tochter des Antragsgegners erwarb sodann im Juni 2004 das Abitur mit einem Notendurchschnitt von 2,3. Im Anschluss daran wandte sich der Antragsgegner schriftlich an seine Tochter, da er davon ausgegangen war, dass sie in diesem Zeitraum die Hochschulreife erworben haben müsste. In dem Brief führte der Antragsgegner aus, dass er davon ausgehe, dass die Schule abgeschlossen sei und er davon ausgehe, keinen weiteren Unterhalt mehr zahlen müsse. Sollte dies anders sein, möge sich die Tochter bei ihm melden. Auf diesen Brief hat seine Tochter nicht reagiert. Der Antragsgegner stellte daraufhin im Jahr 2004 seine Zahlungen für den Kindesunterhalt ein.
Ausbildungsziel der J. war es bereits nach Beendigung der Schule, Medizin zu studieren. Zum Wintersemester 2004/2005 bis 2010/2011 bewarb sie sich durchgängig im Vergabeverfahren der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) um einen Medizinstudienplatz, zunächst ohne Erfolg.
Da ihr für das Wintersemester 2004/2005 kein Medizinstudienplatz zugewiesen wurde, begann sie im Februar 2005 eine Lehre als anästhesietechnische Assistentin, die sie im Januar 2008 mit Erfolg abschloss. Da sie auch im Jahr 2008 noch keinen Medizinstudienplatz erhalten hatte, arbeitete sie in der Zeit von Februar 2008 bis September 2010 in ihrem erlernten Beruf als anästhesietechnische Assistentin. Persönlicher oder schriftlicher Kontakt zu dem Antragsgegner bestand weiterhin nicht. Für das Wintersemester 2010/2011 erhielt die Tochter des Antragsgegners sodann eine Studienplatzzusage von der Universität F., wo sie auch das Medizinstudium aufnahm. Dort beantragte sie bei dem Antragsteller Leistungen nach dem BAföG. Im Zeitraum Oktober 2011 bis September 2012 erhielt sie Vorausleistungen durch den Antragsteller nach dem BAföG in Höhe von 287,68 EUR monatlich. Mit Schreiben des Studierendenwerkes Freiburg vom 20.9.2011 erhielt der Antragsgegner erstmals Kenntnis, dass seine Tochter ein Studium aufgenommen hatte. Er wurde dort weiter aufgefordert, Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zu erteilen. Mit Übergangsmitteilung des Studierendenwerkes F. vom 10.5.2012 wurde der Antragsgegner darüber in Kenntnis gesetzt, dass seine Tochter Vorausleistungen seit Oktober 2011 in Höhe von 287,68 EUR erhält und diese zunächst weiter bis September 2012 erhalten wird.
Der Antragsgegner ist bereits im ersten Rechtszug den geltend gemachten Ansprüchen entgegengetreten und ist der Auffassung, dass angesichts des Umstandes, dass zwischen Erlangung der Hochschulreife und Beginn des Studiums ein Zeitraum von über sechs Jahren liege und seine Tochter bereits eine eigene Lebensstellung erlangt habe, nachdem sie in ihrem erlernten Beruf über 2 Jahre lang gearbeitet habe, er nicht zur Finanzierung des Studiums seiner Tochter verpflichtet sei. Im Übrigen habe er in der Zeit nach dem Ende der Schulausbildung seiner Tochter erhebliche finanzielle Dispositionen getroffen, wie etwa den Erwerb eines Hauses mit seiner jetzigen Ehefrau oder die fremdfinanzierte Anschaffung zweier PKW für seine Frau und ihn selbst.
Der Antragsteller hat im ersten Rechtszug beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an den Antragsteller 3.452,16 EUR zzgl. 6 % aus 2.310,44 EUR ab 1.6.2012 sowie aus jeweils 287,68 EUR ab 4.6.2012, 4.7.2012, 4.8.2012 und 4.9.2012 zu bezahlen.
Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Das AG hat mit Beschluss vom 29.10.2015 den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen, weil nach seiner Auffassung ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Abitur und Studienbeginn nicht bestanden habe und der Antragsgegner darauf vertrauen durfte, dass er fast sieben Jahre nach dem Erwerb der allgemeinen Hochschulreife seiner Tochter keinen Ausbildungsunterhalt mehr zahlen müsse.
Der vorgenannte Beschluss wurde dem Verfahre...