Entscheidungsstichwort (Thema)

Kfz-Haftpflichtversicherung: Gesamtschuldnerische Haftung der Versicherer bei mehreren Unfallverursachern; Anscheinsbeweis bei einem streitigen Unfall im Bereich rechte Fahrspur/Beschleunigungsstreifen

 

Normenkette

BGB § 426; StVG § 17 Abs. 1; StVO § 18 Abs. 3; VVG § 115

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.06.2015; Aktenzeichen 2-30 O 164/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 30. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 11.6.2015, Az. 2-30 O 164/14, teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 18.984,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.7.2014 - für die Beklagte zu 3 erst ab dem 2.11.2015 - zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weiter gehende Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagten zu 1 und 2 tragen die Kosten der ersten Instanz als Gesamtschuldner; die Kosten der Berufung werden den Beklagten zu 1 bis 3 als Gesamtschuldner auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Regressansprüche aus einem Verkehrsunfall.

Die Klägerin ist der Haftpflichtversicherer ihres Versicherungsnehmers V, der Eigentümer, Halter und Fahrer eines PKW. war. Der Beklagte zu 1 führte einen bei der Beklagten zu 2 versicherten LKW, dessen Halter die Beklagte zu 3 ist. Am ... Juni 2013 gegen 6.45 Uhr fuhr der Versicherungsnehmer der Klägerin auf dem Beschleunigungsstreifen der BAB × zur BAB y in Richtung ..., der Beklagte zu 1 befuhr die rechte Spur der BAB A y. In der Folge kam es zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge, bei der das Fahrzeug des Versicherungsnehmers der Klägerin nach links geschleudert wurde und mit dem Fahrzeug des Zeugen Z kollidierte, das dabei erheblich beschädigt wurde.

Die Klägerin hat erstinstanzlich von den Beklagten zu 1 und 2 aus übergegangenem Recht hälftigen Ersatz der Kosten begehrt, die sie für ihren Versicherungsnehmer an den Zeugen Z als Schadensersatz ausgekehrt haben will. Sie hat sich in erster Linie darauf berufen, dass unabhängig von dem konkreten Unfallhergang allein unter Berücksichtigung der Betriebsgefahren der beteiligten Fahrzeuge von einer Haftungsverteilung von 50 % auszugehen sei.

Dabei haben die Parteien darüber gestritten, wo sich die Kollision ereignet hat und welcher Fahrzeugführer einen zu der Kollision führenden Spurwechsel durchgeführt hat. Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte zu 1 habe den LKW nach rechts gelenkt und sei auf dem Beschleunigungsstreifen mit dem PKW ihres Versicherungsnehmers kollidiert. Die Beklagten ihrerseits haben behauptet, der Unfall sei dadurch entstanden, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin von der Beschleunigungsspur auf die von dem Beklagten zu 1 befahrene Spur gewechselt sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 63 f. d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es spreche ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin einen Fahrspurwechsel vorgenommen habe. Es liege ein Anscheinsbeweis dafür vor, dass der auf die Autobahn auffahrende Verkehrsteilnehmer von der in absehbarer Strecke endenden Beschleunigungsspur auf eine Fahrspur der Autobahn wechselt und damit einen Fahrspurwechsel vornimmt. Dafür, dass der Verkehrsteilnehmer bei Auslaufen der Fahrspur möglicherweise die sich anschließende Standspur weiter befahren wolle oder sein Fahrzeug zum Stillstand bringe, bestehe als extreme Ausnahme keinerlei greifbare Wahrscheinlichkeit. Ein Wechsel des Verkehrsteilnehmers von einer fortlaufenden Fahrspur auf die auslaufende Beschleunigungsspur sei zwar theoretisch denkbar, nach der Lebenserfahrung aber in keiner Weise sinnhaft nachvollziehbar. Da sich die Kollision bei Fahrbahnkilometer 492,5 ereignet habe und die Beschleunigungsspur nach wenigen hundert Metern ende, sehe das Gericht den Anscheinsbeweis dafür gegeben, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin einen Fahrspurwechsel vorgenommen habe, der zur Kollision geführt habe. Konkrete Anhaltspunkte, die den Anscheinsbeweis erschüttern könnten, seien in keiner Weise ersichtlich. Die Klägerin habe auch für ihren Vortrag des behaupteten Fahrspurwechsels des Beklagten zu 1 keinerlei Beweis angetreten.

Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, von einer vollständigen Haftung des Versicherungsnehmers der Klägerin abzuweichen, so dass die ansonsten als erhöht zu bewertende Betriebsgefahr des LKW gegenüber der Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Versicherungsnehmers der Klägerin vollständig zurücktrete.

Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 65 bis 68 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses ihr am 30.6.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 13.7.2015 eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Berufung eingelegt und zugleich begründet.

Die Klägerin rügt eine unzutreffende Tatsachenfeststellung und Rechtsfehler. ...

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