Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährungshemmung durch Antrag auf Prozesskostenhilfe; Amtspflicht zur Bekanntgabe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Antrag auf Prozesskostenhilfe hemmt die Verjährung nur, wenn das Gericht ihn dem Gegner bekannt gibt.

2. Hierzu ist das Gericht nur verpflichtet, wenn der Antragsteller mit dem Antrag auf den drohenden Eintritt der Verjährung hinweist und um die zügige Veranlassung der Bekanntgabe unabhängig von den Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung bittet. Dies gilt auch für einen nicht anwaltlich vertretenen Antragsteller.

 

Normenkette

BGB § 204 Abs. 1 Nr. 14, § 839; GG Art. 34

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.12.2012; Aktenzeichen 2-4 O 308/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 19.12.2012 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist ebenfalls vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des jeweiligen Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen von ihm geltend gemachter Amtspflichtverletzungen durch Zivilgerichte, zum einen wegen Versagung von Prozesskostenhilfe durch den 8. Zivilsenat des OLG Frankfurt für ein Berufungsverfahren im Jahre 2006, mit welchem er eine Hebamme auf Schadensersatz in Anspruch nehmen wollte, zum anderen wegen der Nichtbekanntgabe eines auf diese Schadensersatzforderung bezogenen Prozesskostenhilfegesuchs an das beklagte Land, sofern eine solche Schadensersatzforderung deswegen verjährt sein sollte.

Bei der Geburt des Klägers im Jahre 1977 kam es zu erheblichen Komplikationen; es bestand aufgrund einer Asphyxie (Atemlähmung) der Zustand einer infantilen Cerebralparese (Gehirnlähmung), die beim Kläger eine erhebliche Störung der Fein- und Grobmotorik und der Sprache zur Folge hat.

In einem ersten Rechtsstreit nahm der Kläger den Gynäkologen, welcher an der der Geburt beteiligt war, und die Hebamme, die zeitlich nach einer anderen tätig war, auf Schadensersatz in Anspruch. Beide wurden durch Urteil des LG Hanau vom 10.3.1993 - 4 O 416/87 (Anl. K 1 zur Klageschrift) als Gesamtschuldner zu erheblichen Zahlungen von Schmerzensgeld und Schadensersatz an ihn wegen vermehrter Bedürfnisse einschließlich einer monatlichen Mehrbedarfsrente verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Gynäkologen wurde zurückgewiesen; auf die Berufung der Hebamme wurde die gegen sie gerichtete Klage abgewiesen mit der Begründung, nach dem damals eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten stehe die Ursächlichkeit der von ihr begangenen Fehler angesichts der vom Gynäkologen zu vertretenden weiteren geburtshilflichen Behandlungsfehler nicht mit hinreichender Sicherheit fest (Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 29.3.1994 - 8 U 82/93, Anl. K 2). Die hiergegen vom Gynäkologen als Streithelfer für den damaligen Kläger eingelegte Revision nahm der BGH nicht zur Entscheidung an (Beschl. v. 7.3.1995 - VI ZR 162/94, Anl. K 3). Aufgrund eines Abfindungsvergleichs vom Februar 1996 zahlten der Gynäkologe und seine Haftpflichtversicherung unter Abgeltung aller Schadensersatzansprüche bekannter oder nicht bekannter Art auch für die Zukunft einen Betrag von 800.000 DM nebst Zinsen, insgesamt 957.000 DM. Von diesem Geld ist nichts mehr vorhanden.

In einem zweiten Rechtsstreit nahm der Kläger nunmehr die Hebamme X auf Schadensersatz in Anspruch. Diese hatte seine Mutter ab deren Eintreffen im Krankenhaus zunächst für einige Stunden betreut, bevor dies die in dem erstgenannten Rechtsstreit verklagte Hebamme übernommen hatte. Er verlangte Feststellung der Schadensersatzpflicht und Zahlung einer monatlichen Mehrbedarfsrente, die aufgrund gestiegenen Mehrbedarfs deutlich höher anzusetzen sei als die ursprünglich ausgeurteilte Rente. Diese Klage wies das LG Hanau mit Urteil vom 27.4.2006 (Anl. K 5) ab. Mit Beschl. v. 25.9.2006 - 8 U 137/06 - (Anl. K 13) versagte der 8. Zivilsenat des OLG Frankfurt die beantragte Prozesskostenhilfe für eine Berufung gegen dieses Urteil. Die hiergegen gerichtete Gehörsrüge wies dieser Senat mit Beschluss vom 15.11.2006 (Anl. K 19) zurück, mit Beschluss vom selben Tag verwarf dieser Senat die Berufung in dem dortigen Rechtsstreit (Anl. nach K 19). Beide Beschlüsse wurden dem Kläger am 28.11.2006 zugestellt.

Mit einem am 29.12.2009 beim LG eingegangenen Prozesskostenhilfegesuch vom 24.12.2009 (Anl. K 21) machte der Kläger erstmals geltend, die Versagung der Prozesskostenhilfe durch den 8. Zivilsenat stelle eine schuldhafte Amtspflichtverletzung dar, das beklagte Land habe deshalb den Schadensersatz zu leisten, welcher ihm durch die Nichtgewährung von Pr...

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