Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachrang einer Schadenersatzforderung nach § 39 InsO

 

Normenkette

InsO § 39

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.02.2020; Aktenzeichen 2-17 O 128/19)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 19.05.2022; Aktenzeichen IX ZR 67/21)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5.2.2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat der Beklagte zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das Berufungsurteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Kläger gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert wird auf 50.400 EUR festgesetzt

 

Gründe

I. Die Kläger machen gegen den Beklagten einen Anspruch auf Feststellung einer Forderung in Höhe von 157.500 EUR zur Insolvenztabelle als Insolvenzforderung im Rang von § 38 InsO geltend.

Die Kläger zeichneten im Jahr 2008 Genussrechte in Höhe von 50.000 EUR und 2009 weitere 100.000 EUR zzgl. 7.500 EUR Agio an der A und B AG.

Geschäftsfeld der A und B AG sollte laut Eintragung im Handelsregister Stadt1 (HRB ...) die Entwicklung, Auflage und Betreuung von Investitionsmöglichkeiten in den Bereichen Private Equity und Hedgefonds, Beratung in diesen Bereichen, Übernahme von Managementfunktionen in Hedgefonds sowie die Entwicklung von Handelsstrategien und Risikomanagementsystemen sein.

Nach den Genussrechts-Bedingungen (Anl. K1, Bl. 12 f.) war eine jährliche Mindestausschüttung von 8,25 % des Nennbetrages vorgesehen (§ 3) sowie eine vollständige Verlustbeteiligung (§ 4). Gemäß § 5 war eine Kündigung erstmals zum 31.12.2014 möglich.

Nach dem Prospektauszug (Anl. K1, Bl. 12 f.) waren die Genussrechte nachrangig:

"§ 9 Nachrangigkeit/Liquidationserlös

1. Die Forderungen aus den Genussrechten treten gegenüber allen anderen Ansprüchen von Gläubigern gegen die A und B AG im Rang zurück.

2. Das Genussrechts-Kapital wird im Fall des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A und B AG erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt.

3. Die Genussrechte begründen keinen Anspruch auf Teilnahme am Liquidationserlös im Falle der Auflösung der Gesellschaft."

Die Anlage entwickelte sich negativ. Die Gemeinschuldnerin erwirtschaftete keine Umsätze und erzielte keine Erträge. Ausschüttungen erfolgten lediglich aus neuen Einlagen.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Stadt1 vom 8.6.2010 wurde über das Vermögen der A und B AG das Insolvenzverfahren eröffnet (Az. ...) und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die Anmeldung der Forderung aus Genussrechtskapital zur Insolvenztabelle erfolgte im September 2010 und wurde vom Beklagten ohne Begründung bestritten.

Die Anmeldung der Schadensersatzforderung gemäß §§ 31, 823 Abs. 2, 826 BGB i. V. m. § 263 StGB zur Insolvenztabelle erfolgte am 31.12.2013 (Anl. K2). Auch diese Anmeldung wurde vom Beklagten bestritten mit der Begründung, Genussrechtskapital sei Eigenkapital und der Nachrang erstrecke sich im Insolvenzverfahren auch auf die Schadensersatzforderung.

Das Landgericht Stadt1 verurteilte am 28.11.2014 (Az. ..., Anlage K3) den Vorstand B der Gemeinschuldnerin wegen falscher Prospektangaben gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264a StGB. Der Vorstand sei Prospektverantwortlicher und spätestens Ende 2006 seiner Prospektberichtigungspflicht nicht hinreichend nachgekommen. Denn von diesem Zeitpunkt an sei die Ertragslage der AG deutlich negativ von den Prospektangaben abgewichen.

Die Kläger haben vorgetragen, die Anmeldung zur Tabelle entspreche den insolvenzrechtlichen Anforderungen und sei durch die Angabe der Gläubiger, der Forderung und des Forderungsgrundes hinreichend individualisiert. Die Haftung der Gemeinschuldnerin für die falschen Prospektangaben ihres Vorstandes folge aus § 31 BGB. Die Einrede der Verjährung sei unbegründet, weil die Verjährungsfrist gemäß der Anl. K2 erst im Februar 2017 mit dem Bestreiten der Forderung durch den Beklagten begonnen habe. Der Beklagte habe den vorgetragenen Sachverhalt aus dem Urteil vom 28.11.2014 lediglich unsubstantiiert bestritten. Im Übrigen sei der Vorstand der Beklagten strafrechtlich wegen schweren Betruges verurteilt worden. In der Forderungsanmeldung seien beide Delikte angegeben. Sämtliche Genussrechtszeichner seien durch die unrichtigen Prospekte getäuscht worden.

Der Beklagte hat Unzulässigkeit der Klage eingewendet. Die Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle sei unwirksam. Die Sammelanmeldung für 84 Gläubiger vom 31.12.2013 sei nicht hinreichend individualisiert im Sinne von § 174 Abs. 2 InsO. Der Grund der Forderungsanmeldung sei in Bezug auf die einzelnen Gläubiger nicht erkennbar. Im Hinblick auf die Anforderungen von § 178 Abs. 3 InsO sei die Anmeldung daher unwirksam (v...

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