Leitsatz (amtlich)
Die Fernsehwerbung für Sportwetten im Internet, deren Angebot mangels inländischer Erlaubnis dem § 284 StGB unterfiel, war in der Übergangszeit zwischen Verkündung des Urteils des BVerfG vom 28.3.2006 (Az. 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276) und dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags am 1.1.2008 nicht i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG unlauter.
Der wettbewerbsrechtlichen Anwendung des § 284 Abs. 4 StGB auf eine am 11.6.2006 erfolgte Werbung steht die auch in der Übergangszeit fortbestehende Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Regelungen zum staatlichen Glücksspielmonopol in der F. u. H.H. entgegen.
Normenkette
EG Art. 43, 49; GG Art. 12 Abs. 1; StGB § 284; UWG §§ 3, 4 Nr. 11
Tenor
Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin, bisher durch die "N. Lotto und Toto H. Staatliche Lotterie der F. u. H. H." staatliche Veranstalterin von Sportwetten in Hamburg, hat von den Verfügungsbeklagten, dem Betreiber des Fernsehsenders R. und seiner Geschäftsführerin, verlangt, es zu unterlassen, für private Sportwetten zu werben.
Die Verfügungsbeklagte zu 1. sendete auf ihrem Programm R. am 11.6.2006 vor Beginn sowie in der Halbzeitpause der Übertragungen von drei Vorrundenbegegnungen der FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2006 jeweils einen Werbespot unter Nennung der Internetseite "s." mit dem Slogan "live wetten, live erleben - s.". Inhaberin dieser Internetdomain ist die Fa. B. GmbH mit Sitz in G./Österreich, die nicht über eine deutsche Erlaubnis für die Durchführung von Sportwetten verfügt, sondern lediglich über eine Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluss von Sportwetten im Bundesland Steiermark/Österreich.
Das LG Hamburg hat am 14.6.2006 auf Antrag der Verfügungsklägerin den Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung verboten, "im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in Deutschland nicht erlaubte Sportwetten zu bewerben", und diese einstweilige Verfügung mit Urteil vom 23.6.2006 bestätigt.
In der Berufungsinstanz haben die Parteien den Rechtsstreit im Hinblick auf das zwischenzeitliche Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) in Hamburg, des Hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (HmbGlüStVAG) sowie des Hamburgischen Lotteriegesetzes (HmbLotG) am 1.1.2008 (jeweils HmbGVBl. 2007, 441) übereinstimmend für erledigt erklärt.
II. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist gem. § 91a ZPO noch über die Kosten zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands sind die Kosten des Rechtsstreits nach billigem Ermessen der Verfügungsklägerin aufzuerlegen. Denn im Zeitpunkt der Erledigung war die Berufung der Verfügungsbeklagten aussichtsreich und wäre voraussichtlich das Urteil des LG Hamburg vom 23.6.2006 abzuändern und die einstweilige Verfügung vom 14.6.2006 aufzuheben und der Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen gewesen. Denn der Verfügungsklägerin stand ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG i.V.m. § 284 Abs. 4 StGB nicht zu.
I. Die von der Verfügungsklägerin behauptete Rechtsnachfolge im Unterlassungsanspruch - gemeint sein dürfte die Abtretung des geltend gemachten Anspruchs an die Fa. Lotto H. GmbH - während des Berufungsrechtszuges hätte gem. § 265 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO auf den Prozess keinen Einfluss. Insofern kann zugunsten der Verfügungsklägerin unterstellt werden, dass es sich bei der Fa. Lotto H. GmbH um die gem. § 1 Abs. 1 HmbLotG, § 10 Abs. 2 GlüStV, § 4 Abs. 4 HmbGlüStVAG mit der Wahrnehmung des staatlichen Auftrags zur Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebots betraute privatrechtliche Gesellschaft handelt und dass dieser der Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin im Zuge der Übertragung des Glücksspielbetriebs der "N. Lotto und Toto H., Staatliche Lotterie der F. u. H. H." abgetreten wurde. Die Abtretbarkeit des Unterlassungsanspruchs stellt hier, weil ggf. die Fa. Lotto H. GmbH den Glücksspielbetrieb fortführte, kein Problem dar, da anerkanntermaßen zwar isolierte Abtretungen gesetzlicher Unterlassungsansprüche als unzulässig angesehen werden, nicht jedoch Abtretungen, die zusammen mit der Übertragung des Rechts oder des Unternehmens erfolgen, aus dessen Verletzung der Unterlassungsanspruch resultiert (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl. 2007, Kap. 15 Rz. 2 mit zahlreichen Nachweisen). Von der Vornahme einer etwaig hinsichtlich der Gläubigerstellung erforderlichen Antragsanpassung durch die Verfügungsklägerin ist im Rahmen der Entscheidung nach § 91a ZPO hinreichend sicher auszugehen (vgl. OLG Köln OLGReport Köln 2005, 587).
II. Die angegriffene Werbung der Verfügungsbeklagten ist auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich bei dem Angebot der der B. GmbH, G./Österreich, mangels inländischer Erlaubnis um § 284 Abs. 1 StGB unterfallende Sportwetten handelt (hierzu vgl. BGH NStZ 2003, 372; BGH GRUR 2002, 636 - Sportwetten; ...