Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bei Eigenkündigung: Verteilung der Darlegungs- und Beweislast

 

Normenkette

HGB § 89b Abs. 1, 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 26.06.2009)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Hamburg vom 26.6.2009 durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG die Klage abgewiesen. Die Berufungsbegründung gibt dem Senat keinen Anlass, von dieser Entscheidung abzuweichen. Der Kläger hat gegen die Beklagte bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs aus § 89b Abs. 1 HGB, da er die Agenturverträge mit der Beklagten unstreitig selbst gekündigt hat (§ 89b Abs. 3 Nr. 1 Halbs. 1 HGB).

Eine Ausnahme nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 Halbs. 2 HGB liegt nicht vor. Der Kläger hat nicht nachvollziehbar dargetan, dass ihm ein Verhalten der Beklagten zur Kündigung Anlass gegeben hat (1.) oder ihm die Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann (2.).

Entgegen der Auffassung des Klägers trägt dieser selbst die Darlegungslast für das Vorliegen eines entsprechenden Verhaltens der Beklagten bzw. der Krankheit. Es ist zwar richtig, dass die Eigenkündigung des Handelsvertreters einen Ausnahmetatbestand zum Ausgleichsanspruch nach § 89b Abs. 1 HGB darstellt, deshalb muss der Unternehmer die Eigenkündigung durch den Handelsvertreter darlegen und beweisen. Diese ist vorliegend aber unstreitig. Dagegen stellen das für die Eigenkündigung ursächliche Verhalten des Unternehmers und die Krankheit des Handelsvertreters wiederum Ausnahmen von dieser Ausnahme und damit für den Handelsvertreter günstige Tatsachen dar, deren Vorliegen folglich er darlegen und beweisen muss.

1. Der Unternehmer gibt dem Handelsvertreter begründeten Anlass zur Eigenkündigung, wenn durch sein Verhalten eine für den Handelsvertreter nach Treu und Glauben nicht mehr hinnehmbare Situation geschaffen wird (BGH NJW-RR 2006, 755).

a) Die Verringerung der Provision von 75 % auf 70 % hat die Fortführung des Vertrages für den Kläger nicht unzumutbar gemacht.

aa) Die Beklagte hat erstinstanzlich unwidersprochen vorgetragen, dass die Provision des Klägers - wie die anderer Handelsvertreter - in der Vergangenheit stets 70 % des Umsatzes betragen habe. Diese sei durch eine Anschubfinanzierung i.H.v. 5 % als Unterstützung für die Startphase und zur Amortisierung der Anlaufkosten ergänzt worden. Soweit der Kläger mit der Berufung nunmehr diesen Tatsachenvortrag bestreitet, ist dieses neue Verteidigungsmittel nicht zuzulassen, da der Kläger nicht dargetan hat, warum ihm dieses Bestreiten nicht bereits in der ersten Instanz möglich gewesen ist (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).

Der Kläger hat auch nicht näher erläutert, inwieweit die Beklagte die Provision auf 70 % "herabsetzen" konnte, obwohl nach den Agenturverträgen die Prozentsätze, nach denen sich die Provision errechnet, nach dem Ablauf bestimmter Laufzeiten zwischen den Vertragsparteien neu verhandelt werden mussten. Der Kläger hätte deshalb darlegen müssen, dass er tatsächlich gar nicht die Gelegenheit gehabt hat, über die Provisionssätze ernsthaft zu verhandeln, sondern dass ihm diese von der Beklagten diktiert wurden. Hiergegen spricht indes der unwidersprochene Vortrag der Beklagten, wonach sie bereits in den Vorjahren die Anschubfinanzierung einstellen wollte, es dem Kläger in den Verhandlungen aber gelungen sei, deren Fortsetzung zu erreichen.

bb) Unabhängig davon hat die Beklagte vorgetragen, sie hätte dem Kläger auch weiterhin eine Provision von 75 % des Jahresumsatzes gewährt, wenn dieser im Gegenzug bereit gewesen wäre, die in den Agenturverträgen übernommene Verpflichtung zur Sicherheitsleistung durch Beibringung einer Bürgschaft zu erfüllen. Dabei hätte sich die Beklagte mit der Hälfte der vereinbarten Bürgschaftssumme begnügt. Zwar hat der Kläger diesen Vortrag im Schriftsatz vom 3.3.2009 pauschal bestritten. Gleichzeitig hat er ihn jedoch bestätigt, indem er auf seine E-Mail an die Beklagte vom 2.4.2008 (Anlage B 8) Bezug nimmt. Dort heißt es wörtlich: "Frau M. teilte mir am Mittwoch den 19.3.2008 mit, dass unsere bisherige Sondervereinbarung mit Abrechnungsmodus 75/25 ab 1.4.2008 nicht mehr Gültigkeit hat. Eine Verlängerung dieser bisherig bestehenden Vereinbarung sei an ganz spezielle Verpflichtungen gebunden. Im Detail bedeutet dies eine Unterzeichnung einer Bürgschaft ggü. E. i.H.v. 20 Tsd EUR." Vor diesem Hintergrund durfte sich der Kläger nicht auf ein einfaches Bestreiten der Beklagtenbehauptung zurückziehen, sondern hätte substantiiert darlegen müssen, woraus er schlussfolgert, dass das offenkundig ausgesprochene Angebot nicht ernst gemeint gewesen sein soll (§ 138 Abs. 3 ZPO). Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz sein Bestreiten diesbezüglich substantiiert, handelt es sich auch hier um ein neues Verteidigun...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge