Leitsatz (amtlich)
Endet die Verfahrensstandschaft des betreuenden Elternteils gemäß § 1629 Abs. 3 BGB durch rechtskräftige Scheidung, Änderung des Obhutsverhältnisses oder Sorgerechts oder durch Volljährigkeit des Kindes, kann der Schuldner dies im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO geltend machen.
Verfahrensgang
AG Hamburg-Barmbek (Aktenzeichen 885 F 107/19) |
Tenor
1. Unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen, wird der Beschluss des Familiengerichts Hamburg-Barmbek vom 21.1.2021 abgeändert und die Zwangsvollstreckung aus dem vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg gerichtlich protokollierten Vergleich vom 24.9.2015, Az.: 7 UF 136/14, hinsichtlich der Ziffer II. betreffend den Kindesunterhalt für den gemeinsamen minderjährigen Sohn L... R..., geb. am ..., für unzulässig zu erklärt.
2. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller zu 20 Prozent und die Antragsgegnerin zu 80 Prozent.
3. Der Verfahrenswert wird auf 31.984,83 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem gerichtlich protokollierten Vergleich betreffend Kindes- und Ehegattenunterhalt.
Zur Darstellung des Sachverhalts wird zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Das Familiengericht Hamburg-Barmbek hat mit der angefochtenen Entscheidung den Antrag des Antragstellers, die Zwangsvollstreckung aus dem vor dem Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg zur Geschäftsnummer 7 UF 136/14 protokollierten Vergleiches vom 24.9.2015 für unzulässig zu erklären, zurückgewiesen.
Mit seiner hiergegen eingelegten Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein erstinstanzliches Ziel weiter und vertieft sein bisheriges erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere ist der Antragsteller der Auffassung, dass eine Vollstreckung aus dem verfahrensgegenständlichen Vergleich deshalb unzulässig sei, weil der Kindesmutter die hierzu notwendige Vollstreckungsbefugnis fehle. Denn das Kind L... lebe nicht mehr in der (alleinigen) Obhut der Antragsgegnerin, sodass sie aus diesem Grunde nicht (mehr) berechtigt sei, den gemeinsamen Sohn gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB zu vertreten. Im Hinblick auf den im verfahrensgegenständlichen Vergleich titulierten Ehegattenunterhalt habe der Antragsteller den dort vereinbarten Abfindungsbetrag vollständig erfüllt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die Beschwerdeschrift vom 8.2.2021.
Der Antragsteller beantragt,
in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek, Familiengericht, Az.: 885 F 107/19, vom 21.1.2021 die Zwangsvollstreckung aus dem protokollierten Vergleich der Beteiligten vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg, Az.: 7 UF 136/14, vom 24.9.2015 hinsichtlich der Ziffer I., Seite 2, Ehegattenunterhalt sowie der Ziffer II., Seite 3, Kindesunterhalt, für den gemeinsamen minderjährigen Sohn L... R..., geboren am ..., für unzulässig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin trägt vor, dass sie weiterhin zur Zwangsvollstreckung aus dem streitgegenständlichen Vergleich auch im Hinblick auf den Kindesunterhalt berechtigt sei. Auch nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses werde bei einem noch minderjährigen Kind die weitere Berechtigung zur Vollstreckung durch den Elternteil im eigenen Namen angenommen. Der gemeinsame Sohn L... lebe weiterhin in alleiniger Obhut der Antragsgegnerin. Dessen Internatsaufenthalt in Schottland habe hieran nichts geändert, dass auch insoweit maßgeblich auf die weiterhin von der Antragsgegnerin erbrachten Fürsorgeleistungen ankomme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 25.3.2021.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
II. Die statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache überwiegend Erfolg.
1. Zwar leidet die Entscheidung des Familiengerichts bereits an einem verfahrensrechtlichen Mangel, indem es ausweislich des Tenors "auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14.05.2020 auf Grund des Sachstandes vom 22.12.2020" entschieden hat. Eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung liegt ersichtlich nicht vor (§ 310 ZPO). Eine Entscheidung nach Sachstand ist im vorliegenden Verfahren nicht vorgesehen; die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach Lage nicht gegeben (§§ 251a, 331a ZPO). Auch die ursprünglich vorgelegenen Voraussetzungen für eine beabsichtigte Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO lagen zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr vor. Die in § 128 Abs. 2 ZPO normierte Frist für die Verkündung einer Entscheidung ist überschritten. Ein Schweigen der Parteien auf die (erneute) Anordnung oder trotz Fristablaufs Aufrechterhaltung des schriftlichen Verfahrens im ver...