Entscheidungsstichwort (Thema)

UBoot-Foto

 

Leitsatz (amtlich)

Der urheberrechtliche Schutz für ein Lichtbildwerk, der nach deutschem Recht zum 31.12.1968 ausgelaufen war, kann nach § 137 f. Abs. 2 UrhG zum 1.7.1995 wieder aufgelebt sein, wenn er zu diesem Zeitpunkt in einem anderen Land der Europäischen Union (hier: Spanien) noch bestand.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 12.02.2003; Aktenzeichen 308 O 611/02)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg – Zivilkammer 8 – vom 12.2.2003 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung wegen unberechtigter Verwendung eines von ihm im Jahre 1941 aufgenommenen Fotos eines auftauchenden UBootes auf Unterlassung in Anspruch. Die Antragsgegnerin verwendet einen Ausschnitt dieses Fotos für den Umschlag eines Buches über den UBoot-Krieg im Atlantik. Das LG hat das fragliche Foto als Lichtbildwerk i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG angesehen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der urheberrechtliche Schutz auch heute noch bestehe. Selbst wenn das Foto in einem 1943 erschienenen Buch des Antragstellers bereits veröffentlicht worden und damit sein urheberrechtlicher Schutz am 31.12.1968 zunächst ausgelaufen sei, sei dieser Schutz durch die Vorschrift des § 137 f. Abs. 2 UrhG, mit der die Europäische Richtlinie 93/98/EWG umgesetzt worden sei, am 1.7.1995 wieder aufgelebt. Nach dieser Bestimmung fände die Schutzfrist des § 64 UrhG (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) ab 1.7.1995 auch für Werke Anwendung, deren Schutz schon ausgelaufen sei, wenn sie zum Stichtag 1.7.1995 noch in einem anderen Mitgliedsland der Europäischen Union geschützt gewesen seien. Dies sei der Fall, denn das Foto habe zum 1.7.1995 noch in Italien urheberrechtlichen Schutz genossen.

Gegen diese rechtliche Beurteilung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung.

II. Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig, bleibt aber i.E. erfolglos.

1. Zu Recht hat das LG – ebenso wie das LG München in einem früheren Rechtsstreit, Anlage K 12 – das str. Foto als Lichtbildwerk gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG angesehen. Lichtbildwerke unterscheiden sich von bloßen Lichtbildern nach § 72 UrhG dadurch, dass sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Insbesondere müssen sie Individualität und jedenfalls eine gewisse Gestaltungshöhe aufweisen. Eines besonderen Maßes an schöpferischer Gestaltung bedarf es allerdings seit dem Erlass der Richtlinie 98/93/EWG (sog. Schutzrechtsrichtlinie) der Europäischen Gemeinschaft nicht mehr, wie das LG zutreffend ausgeführt hat.

Lichtbildwerke zeichnen sich im allgemeinen dadurch aus, dass sie über die gegenständliche Abbildung hinaus eine Stimmung besonders gut einfangen, in eindringlicher Aussagekraft eine Problematik darstellen oder den Betrachter zum Nachdenken anregen. Das kann z.B. durch die Wahl des Motivs, des Bildausschnitts oder der Perspektive, durch die Verteilung von Licht und Schatten, durch Kontrastgebung, Bildschärfe oder die Wahl des richtigen Moments bei der Aufnahme geschehen (OLG Hamburg GRUR 1999, 717 – „ Wagner-Familienfotos”, m.w.N.).

Das LG hat überzeugend dargelegt, dass das Foto in atmosphärischer Dichte eine bedrohliche Stimmung vermittelt und die Bildelemente gestaltet wirken. Trotz des großen Bildanteils, den die aufgepeitschte See einnimmt, wird der Blick sofort von dem aufgetauchten UBoot im rechten oberen Bilddrittel gefangen genommen. Mit dem aufragenden Kommandoturm verschmelzen die nur schemenhaft erkennbaren menschlichen Gestalten zu einer einzigen dunklen Silhouette. Vor dem grauen Himmel vermittelt diese etwas Geisterhaft Unwirkliches; das UBoot erscheint dadurch auch weiter entfernt von dem Standort des Fotografen, als es tatsächlich gewesen sein kann, denn unstr. hat der Antragsteller kein Teleobjektiv benutzt. Damit wird zugleich der Eindruck verstärkt, dass das Boot den rauen Elementen allein ausgeliefert ist. Individualität und Gestaltungshöhe Im Sinne der oben dargestellten Grundsätze wird man dieser Fotografie insgesamt daher nicht absprechen können.

Nach alledem kommt es entgegen den Angriffen der Berufung nicht mehr darauf an, ob der Antragsteller den fotografierten Moment selbst „inszeniert” hat oder nur den besten Augenblick für sein Foto abgepasst hat. Entscheidend ist das fotografische Ergebnis, wie es dem Betrachter entgegentritt. Dieses rechtfertigt nach den obigen Darlegungen eine Einordnung als Lichtbildwerk gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG.

Soweit die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 17.2.2004 nochmals ausführlich dazu vorgetragen hat, dass das Foto nicht so entstanden sein könne, wie der Antragsteller es schildere, können die Begleitumstände – wie ausgeführt – letztlich dahingestellt bleiben, soweit jedenfalls feststeht, dass der Antragsteller das Bild selbst geschossen hat. Dies hat die Antragsgegnerin bislang nicht in Abrede gestellt. Ihr jetziger Vortrag, das Bild müsse v...

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