Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragliches Kündigungsrecht des Warenkreditversicherers für den Fall der Insolvenz des Versicherungsnehmers
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 15.07.2003; Aktenzeichen 412 O 181/02) |
Tenor
Die AVB-Warenkredit 1999 (Anlage K 3) enthalten folgende Regelungen:
"§ 12 Der Versicherungsfall
1. Der Versicherungsfall tritt ein mit Zahlungsunfähigkeit des Kunden.
Zahlungsunfähigkeit liegt nur vor, wenn
a) das gerichtliche Insolvenzverfahren eröffnet oder dessen Eröffnung vom Gericht mangels Masse abgewiesen worden ist oder
b) die Annahme eines Schuldenbereinigungsplans vom Insolvenzgericht festgestellt worden ist oder
c) mit sämtlichen Gläubigern ein außergerichtlicher Liquidations- oder Quotenvergleich zustande gekommen ist oder
d) eine vom Versicherungsnehmer vorgenommene Zwangsvollstreckung nicht zur vollen Befriedigung geführt hat oder
e) wenn bei einem Kunden mit Sitz im Ausland ein Tatbestand eingetreten ist, der nach dem Rechtssystem des jeweiligen Landes einem der vorgenannten Tatbestände entspricht.
2. Als Zeitpunkt für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gilt
im Falle a) und b) der Tag des Gerichtsbeschlusses
im Falle d) der Tag, an dem die Fruchtlosigkeit der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners attestiert wurde,
im Falle e) der Tag, an dem der Tatbestand nach dem jeweiligen Rechtssystem als eingetreten gilt.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Hamburg vom 15.7.2003 (Geschäfts-Nr. 412 O 181/02) wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über etwaige Ansprüche des Klägers aus einer Warenkreditversicherung. Der Kläger ist Insolvenzverwalter der Fa. N. & M. GmbH (Gemeinschuldnerin), welche ihre Forderungen bei der Beklagten gegen Ausfall versichert hatte. Nachdem am 1.9.2001 über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, sandte die Beklagte der Gemeinschuldnerin unter dem 13.9.2001 ein Kündigungsschreiben (Eingangsdatum 17.9.2001). Darin berief sie sich auf ein in ihren AVB enthaltenes Kündigungsrecht für den Fall der Insolvenz des Versicherungsnehmers und erklärte die Kündigung mit einer Frist von einem Monat. Ein weiteres Kündigungsschreiben sandte sie unter dem 17.10.2001 an den Kläger. Mittlerweile, nämlich am 11.10.2001, wurde das Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen eines Kunden der Gemeinschuldnerin, der Fa. G.-Bau GmbH, eingeleitet. Gegen dieses Unternehmen hatte die Gemeinschuldnerin noch Forderungen aus Warenlieferungen. Auf eine entsprechende Anfrage des Klägers gab der vorläufige Insolvenzverwalter der G.-Bau am 29.10.2001 ein notarielles Schuldanerkenntnis zugunsten des Klägers ab, welcher die zuständige Gerichtsvollzieherin sogleich mit Pfändungsmaßnahmen beauftragte. Nach Zustellung des Titels an die G.-Bau wurden jedoch keine weiteren Maßnahmen getroffen, weil das für die Fa. G.-Bau zuständige Insolvenzgericht die Zwangsvollstreckung einstweilen untersagt hatte. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.-Bau wurde am 1.12.2001 eröffnet.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 15.7.2003 abgewiesen. Innerhalb des Versicherungszeitraums sei der Versicherungsfall nicht eingetreten. Infolge des an die Gemeinschuldnerin gerichteten Kündigungsschreibens vom 13.9.2001, welches ausweislich des Eingangsstempels am 17.9.2001 beim Kläger eingegangen sei, sei das Versicherungsverhältnis am 17.10.2001 beendet worden. Keine Bedenken beständen gegen das in § 20 Ziff. 2 der AVB 1999 vereinbarte Kündigungsrecht des Versicherers für den Fall, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Kunden eröffnet werde. Auf die Frage, ob der Zwangsvollstreckungsversuch vom 29.10.2001 einen Versicherungsfall i.S.d. § 12 Ziff. 2d AVB 1999 begründen könne, komme es nicht mehr an, weil der Versicherungszeitraum an diesem Tag bereits abgelaufen gewesen sei.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Rechtsausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 ZPO).
Der Kläger hat gegen das ihm am 18.7.2003 zugestellte Urteil am 6.8.2003 Berufung eingelegt und die Berufung am 11.9.2003 begründet. Er beruft sich darauf, dass die Beklagte keine Kündigungsbefugnis gehabt habe, weil die "Lösungsklausel" in § 20 AVB 1999 unwirksam sei. Sie widerspreche den gesetzgeberischen Intentionen, nach welchen dem in § 103 InsO geregelten Wahlrecht des Konkursverwalters der Vorrang gebühre. Die dem entgegenstehende Entscheidung des BGH vom 26.11.2003 (BGH v. 26.11.2003 - IV ZR 6/03, BGHReport 2004, 369 = NJW-RR 2004, 460) berücksichtige nicht, dass es im Insolvenzfall aufgrund der Besonderheiten des Versicherung...