Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 315 O 430/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.09.2021; Aktenzeichen I ZR 192/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 28.07.2017, Az. 315 O 430/15, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 70 % und die Beklagte 30 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 175.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Wettbewerbsrecht wegen des Vertriebs von elektrischen Gitarren auf Unterlassung, Auskunft, Schadenersatz sowie Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.

Die Klägerin ist Herstellerin von klassischen und elektrischen Zupfinstrumenten. Zu ihrem Konzern gehören neben der Hauptmarke "G." Zweitmarken wie "E.". Sie wurde im Jahr 1985 gegründet, wobei sie ihrem Vortrag nach sämtliche Nutzungsrechte an dem Geschäft mit Zupfinstrumente der G. Inc. erworben hat. Die G. Inc. ist ihrerseits ein 1902 gegründetes Traditionsunternehmen für Zupfinstrumente, zu deren Repertoire u.a. die bekannten Les-Paul-Gitarren gehören (vgl. Anlage K 1). Im Rahmen einer Innovationsoffensive entwickelte die G. Inc. 1957/1958 mehrere "modernistische" Gitarrentypen, die sich in der Korpusform erheblich von der bis dahin typischen Gestaltung elektrischer Gitarren unterschieden. Hierzu zählte auch das Modell "F. V" mit einem V-förmigen Korpus und entsprechender Kopfplatte (Anlage K 4). Nachdem die Gitarre zunächst kaum nachgefragt wurde, wurde sie zunächst vom Markt genommen und erst in den 60er Jahren wieder angeboten. Zu dieser Zeit fingen Blues-Musiker und später bekannte Rockmusiker, hier insbesondere J. H., an, die Gitarre bei öffentlichen Auftritten einzusetzen, wodurch die Gitarre bekannt wurde. Sie wird unter der Bezeichnung "F. V" seit damals von der G. Inc. und nunmehr der Klägerin vertrieben. Unter der Zweitmarke "E." der Klägerin werden Kopien der G.-Instrumente, so auch der "F. V", zu günstigeren Preisen angeboten. Bekannte Musiker wie L. K. und die S.-B. der deutschen Band "S." nutzten die G. "F. V", teilweise exklusiv. Die Klägerin ist Inhaberin der Gemeinschaftswortmarke "F. V" ... sowie der dreidimensionalen, den Korpus abbildenden Gemeinschaftsmarke .... Letztgenannte Marke ist im Laufe des vorliegenden Verfahrens wegen fehlender Unterscheidungskraft gelöscht worden. Die Löschung wurde durch rechtskräftige Entscheidung des EuG vom 28. Juni 2019, Az. T-340/18 (Anlage B 42) bestätigt. Die Klägerin führte eine Vielzahl von rechtlichen Auseinandersetzungen in Europa und auch den USA mit einigen Herstellern anderer V-förmiger Gitarren. Aktuelle Gitarren des Typs "F. V" bewegen sich im Preissegment ab 1.500,00 EUR bis 3.500 EUR (Anlage K 12), während die Preise der "E."-Reihe im günstigeren Segment unterhalb von 1.000,00 EUR liegen, Anlage K 12.

Die Beklagte, ein deutsches Unternehmen, stellt ebenfalls Zupfinstrumente her. In den 90er Jahren übernahm sie den deutschen Hersteller F., der seinerseits bekannt für die Herstellung von Gitarren und Bässen war/ist.

Im Mai 2014 stellte die Klägerin fest, dass die Beklagte unter der Marke "F." verschiedene Gitarren unter der Bezeichnung "F. V" anbot (Anlage K 44). Die Preise für diese Instrumente bewegten sich im Bereich 2.500,00 EUR aufwärts.

Nachdem die Klägerin bereits unter dem 13. Juni 2014 eine einstweilige Verfügung beantragt hatte, mahnte sie die Beklagte unter dem 23. Juni 2014 auf Hinweis des Landgerichts erstmals ab (Anlage K 50). Mit Beschluss vom 3. Juli 2015 erließ das Landgericht Hamburg, Az. 315 O 251/14, eine einstweilige Verfügung, mit der der Beklagten der Vertrieb besagter Gitarren untersagt wurde. Nach Widerspruch und Verweisung an die Handelskammer bestätigte das Landgericht Hamburg die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 6. Oktober 2014 (406 HKO 163/14). Die hiergegen eingelegte Berufung nahm die Beklagte nach mündlicher Verhandlung vor dem HansOLG (Az. 5 U 109/14) zurück. Bereits unter dem 25. September 2015 hatte das Landgericht dem Klagerzwingungsantrag der Beklagten stattgegeben, aufgrund dessen Klage im hiesigen Verfahren erhoben wurde.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei aufgrund Unternehmenskontinuität bezogen auf die G. Inc. für Ansprüche wegen wettbewerblichem Leistungsschutz aktivlegitimiert. Es handele sich bei ihrer "F. V" um ein revolutionäres und ikonisches Design, dessen Bedeutung bis heute bestehe (siehe hierzu Anlagen K 4 bis K 11). Die Gitarre sei zum Referenzmodell für viele andere Hersteller geworden, sei aber auch ...

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