Normenkette

TabakerzG § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b; UWG § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 02.02.2017; Aktenzeichen 416 HKO 7/17)

LG Hamburg (Entscheidung vom 28.11.2016; Aktenzeichen 312 O 499/16)

 

Tenor

1. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 02.02.2017, Az. 416 HKO 7/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, die ebenso wie die Antragsgegnerin Tabakwaren in Deutschland vertreibt, nimmt die Antragsgegnerin im Wege des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung des Inverkehrbringens und der Bewerbung einer bestimmten Art von Zigaretten in Anspruch.

Mit Schreiben vom 19.10.2016 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie beabsichtige, Zigaretten der Marke "Lucky Strike" auf dem deutschen Markt zu vertreiben, die einen Filter mit einer Mentholkapsel enthielten, welche nach dem Zerdrücken der Kapsel durch den Verbraucher einen klar erkennbaren Menthol-Geschmack bzw. -geruch vermittle. Wegen des genauen Inhalts des Schreibens wird auf die Anlage Ast. 1 Bezug genommen. Zudem schaltete die Antragsgegnerin eine Anzeige im Branchenblatt "DIE TABAK ZEITUNG" in welcher sie das neue Produkt ankündigte (Anlage Ast. 2).

Am 9.11.2016 hat die Antragstellerin hierauf den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit welcher der Antragsgegnerin verboten werden sollte,

Zigaretten in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, deren Filter eine Kapsel mit Menthol enthalten, mit der sich der Geruch und/oder Geschmack der Zigaretten verändern lässt, indem durch Zerdrücken der Kapsel Menthol-Geschmack bzw. -geruch freigesetzt wird.

Nachdem das Landgericht die Antragstellerin darauf hingewiesen hatte, dass es eine Abmahnung für erforderlich halte, mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 14.11.2016 ab (Anlage Ast. 5). Mit Antwortschreiben vom 18.11.2016 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht entsprechen wolle (Anlage Ast. 6).

Mit Beschluss vom 28.11.2016 hat das Landgericht Hamburg die begehrte einstweilige Verfügung sodann antragsgemäß erlassen. Hiergegen hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 11.1.2017, auf den wegen der Begründung verwiesen wird, Widerspruch erhoben.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, der Unterlassungsanspruch stehe ihr aus §§ 3 Abs. 1, 3a, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 b) TabakerzG zu. Die von der Antragsgegnerin angekündigte und beworbene Zigarette mit zerdrückbarer Kapsel falle unter die letztgenannte Vorschrift, weil die Kapsel ein technisches Merkmal sei, mit dem sich der Geruch oder der Geschmack verändern lasse. Die Übergangsvorschrift des § 47 Abs. 4 TabakerzG, die eine Verbotsgeltung erst ab Mai 2020 vorsieht, sei nicht einschlägig, weil sie sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur auf das Verbot des Inverkehrbringens von Zigaretten und Tabaken beziehe, die ein charakteristisches Aroma hätten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 a) TabakerzG), nicht aber auf das hier einschlägige Verbot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 b) TabakerzG. Mit dem TabakerzG sei die zugrundeliegende Tabakproduktrichtlinie (2014/40/EU) ordnungsgemäß in das deutsche Recht umgesetzt worden. Weder im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung noch unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie wegen eines Umsetzungsdefizits könne die Übergangsregelung, wonach das Verbot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 a) TabakerzG erst im Jahr 2020 in Kraft trete, auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 b) TabakerzG ausgedehnt werden.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 28.11.2016 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass derselben zurückzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die hier streitgegenständliche Zigarette falle nicht nur unter Art. 7 Abs. 7 Tabakproduktrichtlinie und § 5 Abs. 1 Nr. 1 b) TabakerzG, sondern auch unter Art. 7 Abs. 1 Tabakproduktrichtlinie und § 5 Abs. 1 Nr. 1 a) TabakerzG. Da die Verkaufsmengen von Mentholzigaretten, zu denen die hier in Streit stehende gehöre, zudem - insoweit unstreitig - unionsweit 3 % oder mehr ausmachten, seien die Voraussetzungen der Übergangsregelung des Art. 7 Abs. 14 der Richtlinie erfüllt. Soweit die deutsche Übergangsvorschrift des § 47 Abs. 4 TabakerzG lediglich für die Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 a) TabakerzG, nicht aber weitergehend für das Verbot des Inverkehrbringens von Zigaretten mit Menthol eine Übergangsfrist bis Mai 2020 vorsehe, setze sie die Richtlinie falsch um. Die Norm müsse daher richtlinienkonform ausgelegt oder wegen der unmittelbaren Wirkung der Richtlinie unangewendet gelassen werden. Ein Verstoß gegen eine deutsche Marktverhaltensnorm, die nicht EU-rechtskonform sei, könne nicht unlauter i.S.d. § 3 UWG sein.

Mit dem h...

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