Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Anleger aufgrund des Gesamtbildes der im Prospekt enthaltenen Angaben über die mit der speziellen Beteiligungsform an einem Schiffspool verbundenen Nachteile und Risiken grundsätzlich zutreffend, verständlich und vollständig informiert, dann muss der Prospekt neben den entsprechenden Angaben über das Beteiligungsobjekt (Schiff) in Bezug auf alle anderen am Pool beteiligten Schiffe keine weiteren Angaben über Zustand, Alter, Motorisierung, Geschwindigkeit, Ausstattung, mögliche Einsatzarten, Bewertungen, Abschlusszeiten und Laufzeiten bestehender Charterverträge und auch keine Angaben über die personelle Zusammensetzung des Pools, die Bonität der beteiligten Reedereien sowie über ein theoretisches Majorisierungsrisiko enthalten.
2. Die Mitteilung von Einzelheiten über Laufzeiten der Poolmitgliedschaft und bestehender Charterverträgen aller am Pool beteiligten Schiffe im Prospekt birgt die Gefahr, dass der Anleger zu der Annahme verleitet wird, auch die künftige Entwicklung des Schiffspools werde sich auf einer den laufenden Verträgen entsprechenden Basis vollziehen, was tatsächlich nicht vorherzusehen ist, wenn die Anzahl der Schiffe im Pool, die Dauer der jeweiligen - kündbaren - Poolmitgliedschaften sowie die Höhe der einzelnen Charterraten - wie im Prospekt dargestellt - einer ständigen Veränderung unterworfen sein kann.
3. Der Anlageprospekt muss keine Angaben enthalten, die der Anleger, weil sie für ihn sonst nicht verständlich sind, nur mit Hilfe fachkundiger Beratung - etwa durch einen Sachverständigen - beurteilen kann. Auch der Poolvertrag muss im Prospekt nicht abgedruckt werden.
4. Steht fest, dass der Anleger den Anlageprospekt nach einem Beratungsgespräch und vor Zeichnung der Anlage gelesen hat, und enthält der Prospekt hinreichende Angaben über die Risiken der Beteiligung, dann beginnt der Lauf der Verjährungsfrist wegen solcher Ansprüche, die auf eine behauptete Falschberatung, die Anlage sei ohne Risiko, gestützt ist, bereits mit der Zeichnung der Anlage.
Normenkette
BGB §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2, §§ 278, 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2; ZPO §§ 156, 296a S. 2, § 531 Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 16.07.2015; Aktenzeichen 328 O 416/13) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 4) wird das Urteil des LG Hamburg vom 16.07.2015 abgeändert.
2. Die Klage wird, soweit sie gegen die Beklagten zu 1) und 4) gerichtet ist, abgewiesen.
3. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 4) beider Instanzen zu tragen.
Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1) und 4) wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für diese aus dem Urteil jeweils insgesamt zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zu 1) und 4) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Der Kläger nimmt die Beklagten im Zusammenhang mit seiner über die Beklagte zu 4) als Treuhänderin erfolgten Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Schiffsfond "MS 'K.' " (Emittentin: Zweite S. mbH & Co. KG) auf Schadensersatz Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus dem zwischen ihm und der Beklagten zu 4) bestehenden Treuhandvertrag über die Beteiligung an der bezeichneten Gesellschaft in Anspruch. Bezogen auf jenen Anspruch macht er im Übrigen mehrere Feststellungsansprüche geltend und begehrt den Ersatz ihm entstandener vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Die Beklagten sind Gründungskommanditisten der Emittentin. Die Beklagte zu 4) ist Treuhandkommanditistin für zu Kapitalanlagezwecken beitretende Treugeber, u.a. den Kläger. Die Beteiligung an der Emittentin zu Zwecken der Kapitalanlage wurde wie aus der Anlage K 1 ersichtlich von dem Finanzdienstleistungsunternehmen P. beworben, das gegen Zahlung einer Provision auch den Vertrieb der Anlage bzw. Beteiligung übernommen hatte. Für die Fa. P. war in diesem Zusammenhang ein Herr I. tätig, mit dem der Kläger nach der Übersendung der Werbeunterlage ein Telefongespräch führte, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Im Anschluss daran übersandte I. dem Kläger den aus der Anlage K 2 ersichtlichen Anlageprospekt "Beteiligungsangebot MS 'K.' " und eine Beitrittserklärung. Der Kläger und seine Ehefrau sahen sich daraufhin die von I. übersandten Unterlagen an und entschieden, sich mit einer Kommanditeinlage von EUR 20.000,00 zzgl. 5 % Agio an dem Fonds zu beteiligen.
Der Kläger zeichnete in der Folge zunächst am 25.01.2007 eine Beitrittserklärung über eine - treuhänderisch gehaltene - Kommanditbeteiligung an der Emittentin in Höhe von EUR 20.000,00. Ende 2010 beteiligte sich der Kläger darüber hinaus an einer Kapitalerhöhung der Emittentin mit einem Betrag von EUR 6.000,00.
Der Kläger ist der Ansicht, der Anlageprospekt sei fehlerhaf...