Leitsatz (amtlich)

Beim EU-Parallelimport markenrechtlich geschützter Nahrungsergänzungsmittel kann sich der Markeninhaber dem unautorisierten Umpacken in eine neu hergestellte äußere Umverpackung (hier: Faltschachtel) widersetzen (§ 24 MarkenG), weil die Importware in der ursprünglichen Packungsgröße mit einer umetikettierten Umverpackung im Inland vertrieben werden kann und deswegen ein Umpacken in eine neu hergestellte Umverpackung nicht (auch nicht in der ursprünglichen Packungsgröße) erforderlich ist. Das gilt nach den gleichen Grundsätzen auch dann, wenn die Originalware in den EU-Ländern in verschiedenen Packungsgrößen und Aufmachungen vertrieben wird.

 

Normenkette

EG Art. 28, 30; MarkenG §§ 14, 24

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 21.12.2004; Aktenzeichen 312 O 874/04)

 

Tenor

Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 21.12.2004 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 460.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin produziert pflanzliche Heilmittel und Nahrungsergänzungsmittel auf der Grundlage tibetanischer Rezepturen, die unter der Bezeichnung "p.-..." bzw. unter dieser mit einem Zusatz (z.B.: "p.-... 28") in EU-Ländern vertrieben werden.

Die Beklagte zu 1) - im Folgenden: die Beklagte - ist ein pharmazeutisches Unternehmen, sie befasst sich u.a. mit dem Großhandel und mit dem Im- und Export von pharmazeutischen und kosmetischen Produkten. Der Beklagte zu 2) ist einer der geschäftsführenden Gesellschafter der Beklagten.

Die Beklagte vertreibt im Inland "p.-... 28-Kräutertabletten" in Packungen, die sie aus Österreich von der Firma g-oo Pharma, Judenburg (im Folgenden kurz: g-oo), bezieht. Die g-oo hat die Packungen selbst hergestellt bzw. herstellen lassen, und zwar unter Verwendung von Original-Packungen, die ursprünglich von der Klägerin im Bereich der Europäischen Union erstmals in den Verkehr gebracht worden sind, wobei sie - die g-oo - von der Klägerin nicht autorisiert die Original-Blisterpackungen (Durchdrückpackungen) in Österreich in neu hergestellte, äußere Umverpackungen (Faltschachteln) umgepackt hat.

Die Klägerin beanstandet das Tun der Beklagten als Verletzung ihrer Markenrechte und nimmt mit der vorliegenden Klage die Beklagten deswegen auf Unterlassung und Vernichtung der Packungen in Anspruch.

Diesem Rechtsstreit sind zwei einstweilige Verfügungsverfahren zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) vorausgegangen.

In dem 1. Verfügungsverfahren (Beiakte OLG Hamburg 3 U 106/03) erwirkte die Klägerin am 3.3.2003 eine Beschlussverfügung des LG Hamburg (312 O 130/03), der Verbotsausspruch des Beschlusses stimmt mit dem des vorliegenden Klageantrages zu Ziff. I. in erster Instanz betreffend die Packungsgrößen "mit je 80 und/oder 220 Tabletten" überein. Durch Urt. v. 6.5.2003 hat das LG seine einstweilige Verfügung bestätigt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde vom Senat mit Urt. v. 12.2.2004 zurückgewiesen.

In dem 2. Verfügungsverfahren (Beiakte OLG Hamburg 3 U 191/03) erwirkte die Klägerin am 28.5.2003 eine Beschlussverfügung des LG Hamburg (312 O 395/03), der Verbotsausspruch des Beschlusses stimmt mit dem des vorliegenden Klageantrages zu Ziff. I. in erster Instanz betreffend die Packungsgrößen "mit je 100 und/oder 240 Tabletten und/oder in gebündelten Packungen von 4 × 240 Tabletten" überein. Durch Urt. v. 9.9.2003 hat das LG seine einstweilige Verfügung bestätigt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde vom Senat mit Urt. v. 12.2.2004 zurückgewiesen.

Auf die genannten Entscheidungen in beiden Verfügungsverfahren wird Bezug genommen.

Die Bezeichnungen "p.-..." und (u.a.) "p.-... 28" sind für die Klägerin u.a. in Deutschland markenrechtlich geschützt (vgl. u.a. die Klagemarke p.-..., deutsche Wortmarke, Nr. 10 67 564 vom 1.2.1984, eingetragen für tibetische Heilmittel, nämlich pflanzentherapeutische Präparate, hergestellt nach Rezepten aus Tibet: Anlagen K 4-5) bzw. lizenziert (vgl. die weiteren Marken Bl. 3, Anlage K 6).

Die Klägerin bietet zum einen in der Schweiz ihre "p.-... 28"-Kräutertabletten seit Jahrzehnten als dort zugelassenes Arzneimittel in den Packungsgrößen zu 60, 200 und 1.000 Tabletten an (Anlagen K 7-8). Da das Präparat in Deutschland nicht als Arzneimittel zugelassen ist, kann es unter der Voraussetzung des § 73 Abs. 3 AMG nach Deutschland importiert und im Inland so vertrieben werden (Anlage K 9).

Zum anderen bringt die Klägerin in einer Vielzahl von EU-Mitgliedsstaaten das Präparat als Nahrungsergänzungsmittel in einer vom Schweizer Produkt (etwas) abweichenden Zusammensetzung erstmals in den Verkehr, so liefert sie z.B. nach Österreich das Präparat "p.-... 28" in den Packungsgrößen zu 60 und 200 Tabletten. Das Präparat wird in Österreich in diesen Pac...

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