Leitsatz (amtlich)
1. Enthält die Zulassung eines Arzneimittels Bedingungen und Einschränkungen hinsichtlich der sicheren und wirksamen Anwendung des Arzneimittels (hier: Einrichtung eines kontrollierten Distributionssystems, durch das sichergestellt werden soll, dass alle Ärzte vor einer beabsichtigten Verschreibung des Mittels ein "Verordner-Kit" mit Informationen über das Mittel und Patienteninformationen mit Warnhinweisen erhalten, sowie die Implementation eines Registers, mit dem Anwendungsdaten gewonnen werden sollen), dann muss auch der Parallelvertreiber des Mittels diese Zulassungsbedingungen selbst einhalten, um nicht gegen § 21 AMG zu verstoßen. Das ist nicht schon dadurch gewährleistet, dass der Originator für seinen Vertrieb die von der Zulassung geforderten Maßnahmen ergreift.
2. Dem - auch ausschließlichen - Lizenznehmer von Markenrechten eines Dritten stehen wegen einer Markenverletzung gegen den Verletzer keine eigenen Schadensersatzansprüche zu, weshalb er - auch als Prozessstandschafter - weder solche Schadensersatzansprüche noch die der Vorbereitung der Schadensberechnung dienenden Auskunfts- und/oder Rechnungslegungsansprüche erfolgreich geltend machen kann (Anschluss an BGH, GRUR 2007, 877, Rn. 32 f. - Windsor Estate).
Normenkette
AMG § 21 Abs. 1; BGB § 242; GMV a.F. Art. 102 Abs. 1 S. 2, Art. 22 Abs. 4; MarkenG § 14 Abs. 6, § 19 Abs. 3, § 30 Abs. 4; UWG 2008 §§ 3, 4 Nr. 11, §§ 9, 12 Abs. 1 S. 2
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, ZK 27, vom 21. Mai 2015, Az.: 327 O 487/14, - soweit die Klägerin nicht bereits auf die geltend gemachten Ansprüche verzichtet hat und soweit der Rechtsstreit in der Berungsinstanz nicht bereits übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den Umfang des Vertriebs von CL 125 mg Filmtabletten in Deutschland in dem Zeitraum 11.02.2014 bis 18.03.2014 Auskunft zu erteilen und zwar unter der Angabe
b) der einzelnen Lieferungen von CL 125 mg Filmtabletten durch die Beklagte, aufgeschlüsselt nach Liefermengen und -zeiten.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und zukünftig entstehen wird.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die Abmahnkosten in Höhe von 3.260,90 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2014 zu zahlen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin 6/10, der Beklagten 4/10 zur Last.
III. Das vorliegende Berufungsurteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21. Mai 2015 - soweit es aufrechterhalten bleibt - sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung hinsichtlich des verbliebenen Auskunftstenors zu 1. durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 2.500,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Vollstreckung hinsichtlich des Zahlungstenors zu 3. darf die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des vorliegenden Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Vollstreckung hinsichtlich der Kostenentscheidung dürfen die Parteien durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des vorliegenden Urteils
jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Gegen dieses Urteil wird die Revision nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Wettbewerbsrecht, hilfsweise Markenrecht, auf Auskunft, Schadensersatzfeststellung sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i. H. v. EUR 3.260,90 nebst Zinsen in Anspruch.
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs von Arzneimitteln.
Die Klägerin, die A. GmbH, vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland das Arzneimittel CL* 125 mg Filmtabletten, das für den europaweiten Vertrieb nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur zentral zugelassenen worden ist. Zulassungsinhaberin ist die Fa. A.R. Ltd., London (Anlage K 1). Die Gemeinschaftswortmarke "CL" ist mit Priorität vom 16. Oktober 2000 für pharmazeutische Präparate geschützt. Inhaberin dieser Marke ist die Schweizer Fa. A.P. Ltd. (Anlage K 4).
Die zentrale Arzneimittelzulassung von CL* enthält in Anhang II Abschnitt D "Bedingungen und Einschränkungen hinsichtlich der sicheren und wirksamen Anwendung des Arzneimittels" (Anlage K 5). Dazu zählen - über den stets erforderlichen Risikomanagement-P...