Leitsatz (amtlich)
1. Eine eigene, vom Parallelimporteur selbst hergestellte äußere Umverpackung ist nicht „erforderlich” (i.S.d. EuGH-Rechtsprechung zur Erschöpfung des Markenrechts), wenn durch Bündeln von Originalpackungen und unter Aufstocken des Inhalts die inländische Packungsgröße des Arzneimittels erstellt werden kann.
2. Die „Erforderlichkeit” eigener Umverpackungen ergibt sich auch nicht aus arzneimittelrechtlichen Vorschriften, nach denen die Bündelpackung etwa zu verbieten wäre. Für von der Kommission („zentral”) zugelassene Arzneimittel gilt mangels entgegen stehender europarechtlicher Bestimmungen nichts anderes. Es besteht insoweit auch keine spezielle behördliche Anordnung oder allgemein durchgesetzte behördliche Praxis der Kommission, die sich gegen die Verwendung von Bündelpackungen richtete.
Normenkette
MarkenG §§ 14, 24
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 312 O 33/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 3.4.2001 abgeändert.
Die einstweilige Verfügung des LG Hamburg vom 16.1.2001 wird erneut erlassen.
Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen wie Gesamtschuldner.
und beschlossen:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 500.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Antragstellerin – ein Pharmaunternehmen – vertreibt in Deutschland das zentral zugelassene Arzneimittel „M.”, ein verschreibungspflichtiges Herz-Kreislaufmittel mit dem Wirkstoff T., an dessen Bezeichnung „M.” sie als Markeninhaberin Markenrechtsschutz genießt (vgl. wegen der Eintragung und Umschreibung der Klagemarke „M.” Nr. 000 00 000: Anlage AS 1; dass die Klagemarke „M.” lautet, ergibt sich zwar nicht aus der Anlage AS 1, aber aus dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Antragstellerin).
Die Antragsgegnerinnen befassen sich mit dem Parallelimport von Arzneimitteln. Von ihnen wird das griechische Arzneimittel „M.” in den Wirkstoffstärken 40 mg und 80 mg nach Deutschland importiert, und in der Packungsgröße N 3 (98 Tabletten) jeweils in eine von ihnen selbst gefertigte äußere Umverpackung umgepackt und im Inland vertrieben (Anlagenkonvolut AS 3).
Die Antragstellerin beanstandet das Umpacken des Arzneimittels „M.” in eine neue äußere Umverpackung als Markenrechtsverletzung und nimmt die beiden Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.
Die Antragsgegnerinnen sind beim Parallelimport von „M.” in der Packungsgröße N 3 folgendermaßen beteiligt: Die Antragsgegnerin zu 1) importiert das Arzneimittel aus Griechenland und stellt eine eigene äußere Umverpackung her, sie lässt das Arzneimittel von der Antragsgegnerin zu 2) in die neue äußere Umverpackung umpacken, lässt von der Antragsgegnerin zu 2) die Gebrauchsinformation austauschen und bringt das Arzneimittel in dieser Form im Inland in Verkehr (Anlagenkonvolut AS 3).
Die Antragstellerin vertreibt im Inland das Arzneimittel „M.” (zu 40 mg und 80 mg) in den Packungsgrößen N 1 zu 28 Tabletten, N 2 zu 56 Tabletten und N 3 zu 98 Tabletten (Anlagenkonvolut AS 2). In dem Ausfuhrland Griechenland – aus dem das parallelimportierte Arzneimittel „M.” vorliegend stammt – gibt es das Präparat nicht in der Packungsgröße N 3.
Das LG hatte mit seiner Beschlussverfügung vom 16.1.2001 unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten,
I. der Antragsgegnerin zu 1) das Arzneimittel „M.” in den Wirkstoffstärken „40 mg” und/oder „80 mg” aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und/oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu importieren, die äußere Originalpackung durch eine eigene – insbesondere durch eine Verpackung gem. beigefügter Anlage I und/oder II – zu ersetzen oder ersetzen zu lassen, das Arzneimittel in diese Verpackung umzupacken oder durch einen Dritten – insbesondere die Antragsgegnerin zu 2) – umpacken zu lassen, die Gebrauchsinformation auszutauschen oder durch einen Dritten – insbesondere die Antragsgegnerin zu 2) – austauschen zu lassen und das Arzneimittel in solcher Form in der Packungsgröße N3 (98 Tabletten) in Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen;
II. der Antragsgegnerin zu 2) in Deutschland die äußere Originalpackung des Arzneimittels „M.”, das von der Antragsgegnerin zu 1) aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und/oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Wirkstoffstärken „40 mg” und/oder „80 mg” importiert wurde, durch eine eigene Verpackung der Antragsgegnerin zu 1) – insbesondere durch eine Verpackung gem. beigefügter Anlage I und/oder II – zu ersetzen, das Arzneimittel in diese Verpackung umzupacken und die Gebrauchsinformation auszutauschen (es folgen als Beschlussanlagen I und II die Fotokopien der „M.”-Umverpackungen der Antragsgegnerinnen zu 40 mg und 80 mg zu je 98 Tabletten gem. Anlagenkonvolut AS 3).
Mit seinem Urt. v. 3.4.2001 hat das LG die einstweilige Verfügung aufgehoben und die auf ihren Erlass gerichteten An...