Leitsatz (amtlich)

1. Zum Umgangsrechts eines Vaters, wenn dieser sich anlässlich eines begleiteten Umgangs gegenüber seinem damals 8jährigen Sohn zwar objektiv sexuell übergriffig verhalten hat, aber sich darauf beruft, dass ein solches Verhalten in seinem Herkunftsland üblich sei und es für ihn auch keinen sexuellen Hintergrund gehabt habe.

2. Das Verbot der Schlechterstellung gilt in Kindschaftssachen nicht, so dass der Zeitraum des Umgangsausschlusses vom Beschwerdegericht auch dann von Amts wegen verlängert werden kann, wenn nur der vom Umgangsausschluss benachteiligte Vater ein Rechtsmittel eingelegt hat.

 

Normenkette

BGB § 1684

 

Verfahrensgang

AG Borken (Beschluss vom 25.06.2010; Aktenzeichen 31 F 221/10)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Borken vom 25.6.2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Umgang des Antragstellers mit dem Kind M2, geb. am 27.11.1998, bis zum 31.3.2014 ausgeschlossen wird. Der Antrag des Antragstellers auf Regelung von Umgangskontakten mit dem betroffenen Kind wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am 5.7.1976 geborene Kindesmutter ist deutsche Staatsangehörige und gelernte Altenpflegehelferin. Der am 11.5.1969 geborene Kindesvater ist libanesischer Staatsangehöriger. Er besuchte zwei bis drei Jahre im Libanon die Schule und war anschließend als Schweißer tätig. Er kam im Jahr 1997 nach Deutschland. Die Kindeseltern heirateten am 29.7.1997. Es handelte sich um eine vom Bruder des Kindesvaters, der zum damaligen Zeitpunkt der Stiefvater der Kindesmutter war, arrangierte Ehe, die - entgegen den ursprünglichen Vereinbarungen - später doch vollzogen wurde. Am 27.11.1998 wurde der gemeinsame Sohn M2 geboren.

M2 hat noch einen älteren Halbbruder, T (geb. 19.11.1994), der aus einer früheren Beziehung der Kindesmutter stammt. Die Kindeseltern trennten sich im November 1999. Ihre Ehe wurde durch Urteil des AG Borken vom 24.11.2000 geschieden und der Kindesmutter wurde mit Zustimmung des Kindesvaters das Aufenthaltsbestimmungsrecht für M2 übertragen.

Die Kindesmutter heiratete im Jahr 2003 den aus dem Irak stammenden P, der ein Bekannter des Kindesvaters war. Am 4.3.2004 wurden der Sohn A und am 10.9.2010 die Tochter T2 geboren.

Der Kindesvater ist in der Bundesrepublik Deutschland bis zum 3.5.2011 geduldet. Gegen seine angeordnete Abschiebung geht er verwaltungsgerichtlich vor.

Am 13.12.2004 beantragte der Kindesvater im Verfahren 31 F 117/04 (AG Borken), das Umgangsrecht mit M2 zu regeln. Zur Begründung führte er aus, in der ersten Zeit nach der Scheidung habe er den Umgang mit M2 noch einigermaßen regelmäßig alle zwei Wochen ausgeübt. Seit sich die Kindesmutter einem neuen Mann zugewandt habe, habe sie sein Umgangsrecht zunehmend sabotiert, so dass er seinen Sohn seit mehreren Monaten nicht mehr gesehen habe. Die Kindesmutter beantragte am 28.12.2004 Zurückweisung des Umgangsantrags und machte im selben Verfahren einen Sorgerechtsantrag anhängig, der im gesonderten Verfahren 31 F 2/05 (AG Borken) weitergeführt wurde. Die Kindesmutter vermutete, der Kindesvater wolle nur aus aufenthaltsrechtlichen Gründen Umgang mit M2 haben. Nach der Scheidung sei es nur zu gelegentlichen Besuchen des Vaters gekommen, wobei dieser sich eher mit ihrer Mutter unterhalten als mit M2 beschäftigt habe. Bereits vor ihrer - der Kindesmutter - erneuten Eheschließung habe es keine Umgangskontakte gegeben. Der Kindesvater habe insofern finanzielle Gründe angegeben. Sie habe deshalb M2 zusammen mit ihrem Mann mehrfach zur Wohnung des Kindesvaters gebracht, zuletzt im Juli 2004. Um eine Regelung der Umgangskontakte habe sich der Kindesvater erst bemüht, nachdem sie - die Kindesmutter - um Klärung einer möglichen Übertragung der Personensorge auf sie nachgesucht habe. Bei M2 wurde im Januar 2005 u.a. eine schwere Sprachentwicklungsstörung und eine knapp altersgerechte kognitive Leistungsfähigkeit diagnostiziert. Er befand sich in logopädischer und ergotherapeutischer Behandlung und besuchte die Förderschule mit dem Schwerpunkt Sprache in H. Das Jugendamt führte in seinem Bericht aus, dass der Eindruck entstanden sei, dass dem Kindesvater das Ausmaß der gravierenden Schwierigkeiten seines Sohnes noch nicht klar sei und er auf M2 mit seiner erhöhten Problemlage nicht entsprechend eingehen könne. Es sei wichtig, dass der Kindesvater Besuchskontakte zuverlässig und kontinuierlich ausübe. Die Kindeseltern einigten sich am 8.3.2005 auf eine Anbahnung des Umgangs durch drei begleitete Besuchskontakte beim Jugendamt. In deren Rahmen sollte geprüft werden, ob sich die Umgangskontakte negativ auf M2 auswirken. Danach sollte eine Umgangsvereinbarung mit den Kindeseltern erarbeitet oder das Familiengericht informiert werden. Die begleiteten Umgangskontakte fanden am 11.05., 25.05. und 30.5.2005 statt, die nach Einschätzung beider Elternteile un...

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