Leitsatz (amtlich)

Die gleichzeitige Einreichung eines Hauptsacheantrages und eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Gewaltschutzverfahren ist mutwillig, wenn beide Anträge auf das gleiche Rechtsschutzziel gerichtet sind und keine Notwendigkeit für die besseren Erkenntnismöglichkeiten im Hauptsacheverfahren besteht.

 

Normenkette

FamFG § 76; ZPO § 127

 

Verfahrensgang

AG Schwelm (Beschluss vom 19.09.2013; Aktenzeichen 36 F 194/13)

 

Tenor

Das Verfahren wird von der Einzelrichterin auf den Senat übertragen.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 25.9.2013 gegen den Beschluss des AG -Familiengericht- Schwelm vom 19.9.2013 (36 F 194/13) wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten führten eine Beziehung, die am 1.7.2013 endete.

Am 4.9.2013 beantragte die Antragstellerin beim AG in der Hauptsache und im Verfahren der einstweiligen Anordnung den Erlass gerichtlicher Maßnahmen nach § 1 GewSchG gegen den Antragsgegner und suchte um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverfolgung nach.

Das AG - Familiengericht - Schwelm erließ eine entsprechende einstweilige Anordnung.

Das Familiengericht hat den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren zurückgewiesen. Ein Rechtsschutzbedürfnis für das Hauptsacheverfahren sei zumindest derzeit nicht gegeben, da die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel bereits umfassend in dem einstweiligen Anordnungsverfahren erreicht habe. Eine wirtschaftlich denkende, selbst zahlende Partei würde bei diesem Sachverhalt zunächst das weitere einstweilige Anordnungsverfahren zuwarten und sodann entscheiden, ob ein Hauptsacheverfahren notwendig ist.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat.

II. ie sofortige Beschwerde ist gem. § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache entscheidet der Senat über die Beschwerde gem. § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 568 S. 2 ZPO in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung.

In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg. Das AG hat mit zutreffenden Gründen die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe versagt.

Die Frage, ob Verfahrenskostenhilfe für einen Hauptantrag nach dem Gewaltschutzgesetz wegen Mutwilligkeit nicht zu bewilligen ist, soweit in einer Gewaltschutzsache antragsgemäß durch einstweilige Anordnung entschieden wurde, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich entschieden.

Einerseits wird die Meinung vertreten, dass, falls antragsgemäß die Gewaltschutzsache durch einstweilige Anordnung entschieden wurde, für einen zeitgleich eingereichten Hauptsacheantrag, der auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet ist, Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit nicht zu bewilligen ist (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 18.11.2009, Aktenzeichen 2 WF 215/09; OLG Celle, Beschluss vom 10.5.2010, Aktenzeichen 10 WF 147/10; OLG Frankfurt, Beschluss vom 7.7.2011, Aktenzeichen 3 WF 150/11).

Andererseits wird auch die Meinung vertreten, dass Verfahrenskostenhilfe einem Antragsteller im Hauptsacheverfahren nach §§ 1, 2 GewSchG nicht schon deshalb verweigert werden kann, weil er gleichzeitig ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eingeleitet hat (OLG Hamm, Beschluss vom 9.12.2009, Aktenzeichen 10 WF 274/09; OLG München, Beschluss vom 14.2.2012, Aktenzeichen 26 WF 128/12; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2010, Aktenzeichen 5 WF 329/10).

Der Senat schließt sich der erstgenannten Ansicht an.

Die gleichzeitige Verfolgung des Antrages nach § 1 GewSchG im Wege der einstweiligen Anordnung und der Hauptsache erscheint vorliegend mutwillig, da beide Verfahren auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet sind. Es ist weder dargetan noch erkennbar, dass die Antragstellerin in der Hauptsache ein Mehr gegenüber dem Verfahren der einstweiligen Anordnung erreichen kann oder will. Auch ist weder dargetan noch erkennbar, dass die besseren Erkenntnismöglichkeiten des Hauptsacheverfahrens gegenüber dem einstweiligen Anordnungsverfahren erforderlich sind. Soweit die Antragstellerin darauf abstellt, dass die Gültigkeit eines Beschlusses im Hauptsacheverfahren selbst bei gleicher Frist länger andauert als im einstweiligen Anordnungsverfahren, weil der Beschluss im Hauptsacheverfahren später ergeht, kann darin kein sachgerechter Unterschied gesehen werden. Denn die Gültigkeitsdauer eines Beschlusses nach § 1 GewSchG bemisst sich stets nach der konkreten Erforderlichkeit und nicht nach dem Beschlussdatum. In der von der Antragstellerin begehrten längeren Gültigkeitsdauer ist vielmehr eine unzulässige Ausnutzung von Verfahrensnormen ohne inhaltliche Begründung zu sehen.

In der Situation der Antragstellerin würde ein nicht hilfsbedürftiger Beteiligter, der die Kosten der Rechtsverfolgung selbst aufzubringen hat, regelmäßig den für ihn kostengünstigen Weg wählen. Er würde zunäc...

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