Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der sittenwidrigen Härte
Leitsatz (amtlich)
1. Eine sittenwidrige Härte im Sinne des § 765 a Abs. 17, PO kann sich grundsätzlich nicht aus materiell-rechtlichen Einwendungen des Schuldners gegen das Recht des Gläubigers auf Befriedigung aus dem Grundstück ergeben (hier: Beschränkung der Verwertung durch eine schuldrechtliche Sicherungsvereinbarung). Einwendungen dieser Art können nur mit der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden.
2. Eine sittenwidrige Härte folgt nicht aus der Erwartung des Schuldners, aufgrund der Besonderheiten des Objekts werde der bei der Versteigerung zu erwartende Erlös weit unter dem Marktwert des Objekts liegen. Eine ergänzende Anwendung des § 765 a ZPO neben § 85 a ZVG wegen Verschleuderung des Grundbesitzes kommt erst in Betracht, wenn feststeht, in welchem Maß ein abgegebenes Meistgebot hinter dem festgesetzten Verkehrswert zurückbleibt.
Normenkette
ZPO § 765a
Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 27.06.2001; Aktenzeichen 7 T 153/01) |
AG Essen (Aktenzeichen 34 a K 97/98) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird auf Kosten der Beteiligten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 500.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
In dem vorliegenden, von der Beteiligten zu 1) nach eingetretener Rechtsnachfolge weiterbetriebenen Zwangsversteigerungsverfahren hat das Amtsgericht durch Beschluß vom 29.12.2000 den Antrag der Beteiligten zu 2) vom 01.09.1998 auf einstweilige Einstellung des Verfahrens sowohl unter dem Gesichtspunkt des § 30 a ZVG als auch demjenigen des § 765 a ZPO zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 05.03.2001 hat das Landgericht durch Beschluß vom 27.06.2001 ebenfalls zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2), die sie mit einem bei dem Landgericht am 13.07.2001 eingegangenen Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 13.07.2001 eingelegt hat. Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Beteiligte zu 2) ihren Einstellungsantrag lediglich unter dem Gesichtspunkt des § 765 a ZPO weiter.
Das Rechtsmittel ist zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 96 ZVG, 568 Abs. 2 S. 1, 577 Abs. 2, 793 Abs. 2 ZPO an sich statthaft sowie fristgerecht eingelegt. Zwar fehlt es an der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 568 Abs. 2 S. 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift ist eine weitere Beschwerde nur zulässig, wenn die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts einen neuen, selbständigen Beschwerdegrund enthält, d. h. wenn sie den Beschwerdeführer stärker oder in anderer Weise belastet als die Entscheidung des Amtsgerichts. Das ist hier nicht der Fall.
Denn die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts stimmen in ihrem sachlichen Inhalt voll überein.
Die sofortige weitere Beschwerde ist jedoch als Verfahrenszweitbeschwerde zulässig (vgl. Senat NJW 1979, 170 = Rpfleger 1979, 32 m.w.N.). Denn die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einem durchgreifenden Verfahrensmangel.
Das Landgericht hat sich mit den von der Beteiligten zu 2) vorgetragenen Gründen für die von ihr beantragte Einstellung des Verfahrens nach § 765 a ZPO eingehend befaßt. Die sachliche Richtigkeit der dabei angestellten Erwägungen hat der Senat im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nach § 568 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht zu untersuchen. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang nur, ob das Beschwerdegericht gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen, wesentliches Vorbringen unberücksichtigt gelassen oder nichtberücksichtigungsfähige Tatsachen gleichwohl verwertet hat.
Das Landgericht hat sich mit dem Vorbringen der Beteiligten zu 2) befaßt, die Beteiligte zu 1) habe von der Möglichkeit, aufgrund des ihr in dem zwischenzeitlich rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Essen vom 24.04.1989 (… zugesprochenen Anspruchs auf Auflassung sowie Vollzug der Eintragung im Grundbuch den Eigentumswechsel an dem Objekt auf sich herbeizuführen, keinen Gebrauch gemacht. Nachdem die Beteiligte zu 1) noch in dem genannten Zivilprozeß habe erklären lassen, sie werde nach dem Eigentumsübergang einen aus der Verwertung des Objekts erzielten, den Kaufpreis von 5 Mio DM übersteigenden Erlös zur Tilgung der Darlehensverbindlichkeiten der Beteiligten zu 2) verwenden, sei sie nunmehr auf diesen Weg der Sicherheitenverwertung beschränkt und daran gehindert, die Zwangsversteigerung des Objekts fortzusetzen, durch die ihr, der Beteiligten zu 2), erhebliche Nachteile entstünden, weil der Marktwert des Objekts in einer Versteigerung nicht realisierbar sei. Die Kammer hat diese Begründung unter Berücksichtigung des Vortrags der Beteiligten zu 2) in ihrem Schriftsatz vom 19.06.2001 nicht für durchgreifend erachtet: Da die Beteiligte zu 2) zwischenzeitlich im Nachrang nach der Grundschuld der Beteiligten zu 1) weitere Grundpfandrechte im Umfang von über 5 Mio DM bestellt habe, die di...