Leitsatz (amtlich)
Im Falle einer mit einer unerlaubten Handlung gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB, 826 BGB begründeten Klage eines vom Abgaskanal betroffenen Käufers gegen den Hersteller liegt der Gerichtsstand gemäß § 32 ZPO wahlweise dort, wo der Täter gehandelt hat, oder dort, wo der Rechtsguteingriff erfolgt und der Schaden entstanden ist. Dabei ist der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung der Vermögensschädigung nicht schon deshalb am Wohnsitz des Geschädigten begründet, weil sich dort im Zeitpunkt der Vornahme der schädigenden Handlung sein Vermögen befunden hat. Wird ein Kaufpreis vom Käufer überwiesen oder mittels Lastschriftmandats von seinem Konto eingezogen, bewirkt der vom Käufer veranlasste Zahlungsvorgang die schädigende Vermögensminderung. Dann liegt der Erfolgsort dort, wo die Bank des Käufers dessen Anweisung zum Geldtransfer erhalten und zulasten seines Kontos ausgeführt hat.
Normenkette
ZPO §§ 32, 36 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
LG Siegen (Aktenzeichen 2 O 413/18) |
Tenor
Örtlich zuständig ist das Landgericht Siegen.
Gründe
I. Der Rechtsstreit liegt dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vor.
Dem Rechtsstreit liegt - soweit für das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren von Belang - im Kern folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Klageschrift vom 20.12.2018 hat der in T (LG-Bezirk Siegen) wohnhafte Kläger vor dem Landgericht Siegen Klage gegen die in X (LG-Bezirk Braunschweig) ansässige Beklagte - gestützt auf §§ 826, 249ff BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung - auf Zahlung von 14.475,64 EUR zzgl. Nebenforderungen erhoben.
Der Kläger erwarb am 15.05.2014 von dem Autohaus I GmbH mit Sitz in J (LG-Bezirk Limburg a. d. Lahn) zum Kaufpreis von 30.000,00 EUR einen VW Tiguan 2.0 TDI 4MOTION mit einem Dieselmotor EA 189, welcher nach dem Vorbringen des Klägers mit einer sog. illegalen Abschaltsoftware ausgestattet sei.
Der Kläger leistete eine Anzahlung in Höhe von 10.000,00 EUR. Den Restbetrag finanzierte er durch Darlehen bei der Premium Financial Services C Bank GmbH. Insgesamt leistete der Kläger im Wege des Bankeinzuges (SEPA-Lastschriftmandates) zulasten seines bei der Sparkasse T geführten Girokontos (IBAN: DE...23) auf die Darlehen insgesamt 33.925,64 EUR.
Zwischenzeitlich hat der Kläger das Fahrzeug im November 2018 zu einem Kaufpreis von 16.500,00 EUR weiterveräußert.
Mit Verfügung vom 23.01.2019 hat das Landgericht Siegen darauf hingewiesen, dass die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht ersichtlich sei. Der bloße Wohnsitz reiche für eine Zuständigkeitsbegründung gemäß § 32 ZPO nicht aus. Zu der Frage, wo sich die Beschädigung des Vermögens und damit die gerichtsstandsbegründende Rechtsgutsverletzung i.S.d. § 32 ZPO verwirklicht habe, insbesondere dazu, wo die Bank des Klägers dessen Anweisung zum Geldtransfer erhalten und zu Lasten seines dort geführten Kontos ausgeführt habe, habe der Kläger nicht vorgetragen.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 12.02.2019 hat der Kläger vorgetragen, dass der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung auch am sog. Schadenseintrittsort eröffnet sei. Der Wohnsitz des Klägers in T zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses sei vorliegend Ort des Schadenseintritts und somit Erfolgsort, woraus die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Siegen resultiere. Lediglich hilfsweise beantrage er die Verweisung an das Landgericht Limburg a. d. Lahn, in dessen Bezirk der Kaufvertrag über den in Rede stehenden Pkw geschlossen worden sei.
Der Schriftsatz vom 12.02.2019 ist den Beklagtenvertretern aufgrund richterlicher Verfügung vom 14.02.2019 mit Gelegenheit zur eventuellen Stellungnahme binnen einer Woche am 18.02.2019 zugestellt worden.
Mit den Parteien bekannt gemachtem Beschluss vom 11.03.2019 hat sich das Landgericht Siegen für örtlich zuständig erklärt und den Rechtsstreit im Hinblick auf den in J erfolgten Fahrzeugerwerb an das Landgericht Limburg a. d. Lahn verwiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den v.g. Beschluss Bezug genommen.
Das Landgericht Limburg a. d. Lahn hat sich mit den Parteien bekannt gemachtem Beschluss vom 22.03.2019 seinerseits für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem Oberlandesgericht Hamm zum Zwecke der Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorgelegt. Zur Begründung hat das Landgericht Limburg a. d. Lahn, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, darauf abgestellt, dass entgegen der Darstellung des Landgerichts Siegen im richterlichen Hinweis vom 23.01.2019 und im Verweisungsbeschluss vom 11.03.2019 der Kläger sehr wohl vorgebracht habe, dass der zur Finanzierung des Fahrzeugs geschlossenen Darlehensvertrag durch Lastschriften über das Konto des Klägers bei der Sparkasse T bedient worden sei. Angesichts dieses unmissverständlichen Klägervortrages sei die Verweisungsentscheidung willkürlich und daher nicht bindend.
Mit Klageerwiderung vom 08.04.2019 hat die Beklagte u.a. die örtliche Zuständigke...