Verfahrensgang
AG Gelsenkirchen (Beschluss vom 15.11.2002; Aktenzeichen 24 F 34/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Gelsenkirchen vom 15.11.2002 teilweise abgeändert. Die elterliche Sorge für den am 5.9.1991 geborenen ..., die am 20.1.1993 geborene ... und die am 25.12.1993 geborene ... wird der Antragstellerin zur alleinigen Ausübung übertragen; jedoch wird ihr das Recht, für die vorgenannten Kinder erzieherische Hilfen zu beantragen, entzogen und auf das Jugendamt der Stadt ... übertragen.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses.
Der Beschwerdewert wird auf 4.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die am 3.8.1970 geborene Kindesmutter und der am 1.7.1971 geborene Kindesvater hatten im Jahre 1989 in der Türkei geheiratet. Die Kindesmutter ist in Deutschland aufgewachsen und hat zunächst die Hauptschule, dann die Sonderschule für Lernbehinderte besucht; später hat sie allerdings - wie sie angegeben hat - noch den Hauptschulabschluss und die mittlere Reife erworben. Eine Berufsausbildung hat sie nicht absolviert. Der Kindesvater ist im Jahr 1990 nach Deutschland gekommen und hat während des ehelichen Zusammenlebens als Bäcker gearbeitet. Aus der Ehe sind die drei betroffenen Kinder hervorgegangen, nämlich ..., geb. am 5.9.1991, ... geb. am 20.1.1993 und ... geb. am 25.12.1993. Die Trennung der Eltern erfolgte endgültig im Oktober 2000; der Kindesvater zog zu seiner Lebensgefährtin und deren beiden Kindern nach ... . Die Ehe der Kindeseltern wurde am 15.5.2002 geschieden. Aus der Verbindung des Kindesvaters mit seiner Lebensgefährtin ist inzwischen ein am 27.10.2002 geborenes Kind hervorgegangen.
Mit Antragsschrift vom 24.1.2001 hat die Kindesmutter im Rahmen des vorliegenden Verfahrens beantragt, ihr die alleinige elterliche Sorge und vorab im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die drei betroffenen Kinder zu übertragen. Sie hat dies damit begründet, dass der Kindesvater die Kinder durch seine Handlungsweise in eine schwere seelische Krise gestürzt habe, so dass sie einer Therapie bedürften. Zudem drohe der Kindesvater damit, die Kinder gegen ihren Willen zu sich zu nehmen; ... habe er anlässlich eines Umgangskontaktes abredewidrig drei Tage lang bei sich behalten. In der Vergangenheit habe er sich nie um die Belange der Kinder gekümmert.
Bereits im Mai 2000 hatte die Kindesmutter von sich aus die Erziehungsberatungsstelle der Stadt ... in Anspruch genommen, weil sich bei ... erhebliche Verhaltensauffälligkeiten in der Grundschule gezeigt hatten - nämlich Hyperaktivität und aggressives Verhalten - und weil sie sich selbst mit der Erziehung der Kinder überfordert fühlte. Tests mit ... ergaben die Empfehlung eines Wechsels zur Lernbehindertenschule, womit die Kindesmutter - nach anfänglicher Weigerung - letztlich einverstanden war. In einem Bericht des Jugendamts vom 14.2.2001 (Bl. 34 d.A.) wurde ein komplexer Hilfebedarf der Mutter und der Kinder festgestellt. Aus einem Bericht der Arbeiterwohlfahrt - Unterbezirk ... - vom 9.4.2001 (Bl. 32 f. d.A.) ergab sich, dass die Wohn- und Lebensverhältnisse der drei Kinder bei der Mutter als geordnet bezeichnet werden könnten, die Kinder sich dort wohl und geboren fühlten und auch keine Gründe dafür bekannt geworden seien, dass sie aus ihrem bisherigen sozialen Umfeld herauszunehmen seien. Probleme gab es hinsichtlich der Besuchskontakte zum Vater; die Kinder haben derartige Kontakte abgelehnt und ihrem Vater vorgeworfen, jedenfalls ... geschlagen zu haben. Zudem ergab sich hinsichtlich des Kindesvaters auch der Verdacht gewisser sexueller Grenzüberschreitungen.
Der Kindesvater ist dem Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts für ... und ... auf die Kindesmutter entgegengetreten; hinsichtlich des Kindes ... hat er darüber hinaus die Übertragung der alleinigen Sorge auf sich - einschließlich des Aufenthaltes des Kindes ... bei ihm - erstrebt.
Das AG hat den Eltern zunächst mit Beschluss vom 18.5.2001 aufgegeben, sich in psychologische Therapie zu begeben. Sodann hat es am 11.11.2001 die Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens der Sachverständigen ... zu der Frage beschlossen, ob die gemeinsame elterliche Sorge aufrechterhalten oder die Alleinsorge einem Elternteil übertragen werden solle; ferner sollte sich das Gutachten darauf erstrecken, ob und in welchem Umfang dem anderen Elternteil ein Umgangsrecht einzuräumen sei.
Im Februar 2002 wurde die Kindesmutter nach einem nervlichen Zusammenbruch teilstationär in die Tagesklinik des ... aufgenommen, wo sie bis Mitte April 2002 verblieb. Dort wurde eine Impulskontrollstörung diagnostiziert. Die Kinder wurden - zunächst für die Zeit des Krankenhausaufenthaltes der Mutter - in zwei Bereitschaftspflegefamilie...