Leitsatz (amtlich)
1) Tritt im Beschwerdeverfahren gegen eine Zwischenverfügung des Grundbuchamtes durch Wegfall des Eintragungshindernisses eine Erledigung der Hauptsache ein, kann ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung i.S.d. § 62 Abs. 1 FamFG nicht bejaht werden.
2) Das allgemeine Interesse eines Großunternehmens der Energiewirtschaft, für vergleichbare Eintragungsvorgänge die Klärung einer Rechtsfrage herbeizuführen, kann dafür nicht ausreichen.
Normenkette
FamFG § 62 Abs. 1; GBO §§ 18, 71
Verfahrensgang
AG Warstein (Aktenzeichen BE-2116) |
Tenor
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Der Geschäftswert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) war als Eigentümerin der im Grundbuch von X Blatt ... verzeichneten Grundstücke eingetragen. Mit 'Abspaltungs- und Übernahmevertrag' vom 26.6.2009 (Urkunde Nr. .../2009 des Notars Dr. J in F) übertrug sie im Wege der Abspaltung zur Aufnahme gem. § 123 Abs. 2 Nr. 1 UmwG den zum Unternehmensbereich 'Gasfernleitungsnetz' gehörenden Teil ihres Vermögens auf die Beteiligte zu 2). Zu diesem Vermögen gehören auch die genannten Grundstücke.
Mit Schriftsatz vom 31.8.2009 beantragten die Beteiligten die Berichtigung des Grundbuchs dahin, dass Eigentümerin nunmehr die Beteiligte zu 2) ist.
Mit Zwischenverfügung vom 3.9.2010 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass die dem 'Abspaltungs- und Übernahmevertrag' vom 26.6.2009 beigefügten Vollmachten der für die Beteiligten handelnden Personen nicht mit notarieller Unterschriftsbeglaubigung versehen seien und daher nicht der Form des § 29 GBO entsprächen. Zur Behebung setzte es eine Frist bis zum 15.10.2010 und wies darauf hin, nach Ablauf der Frist müsse der Antrag zurückgewiesen werden.
Hiergegen legten die Beteiligten mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 17.9.2010 Beschwerde ein, der das Grundbuchamt nicht abhalf und dem Senat zur Entscheidung vorlegte.
Mit Schriftsatz vom 2.11.2010 teilten die Beteiligten durch den Urkundsnotar mit, wegen der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit habe das AG sich bereit erklärt, die Grundbuchberichtigung durchzuführen, sie hätten ihrerseits zugesagt, das Verfahren nach § 62 FamFG fortzuführen.
II. Die ursprünglich gem. § 71 GBO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung ist, nachdem das Grundbuchamt mittlerweile die beantragte berichtigende Eintragung unter gleichzeitiger Übernahme des Bestands in das Grundbuch von C Blatt ...# vorgenommen und sich das Verfahren dadurch in der Hauptsache erledigt hat, mit dem nunmehr gem. § 62 Abs. 1 FamFG gestellten Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit unzulässig.
Nach § 62 Abs. 1 FamFG, dessen Anwendung für das Grundbuchverfahren nicht ausgeschlossen ist und der deshalb in Ermangelung einer eigenständigen Regelung im Grundbuchverfahren prinzipiell Anwendung findet (OLG Düsseldorf FGPrax 2010, 116 = NJW-RR 2010, 1105 = Rpfleger 2010, 261), spricht das Beschwerdegericht, wenn sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt hat, auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Nach Abs. 2 liegt ein berechtigtes Interesse in der Regel vor, wenn (1.) schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder (2.) eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.
Grundvoraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Gerichts erster Instanz nach Erledigung der Hauptsache mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit ist danach, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung in seinen Rechten verletzt worden ist.
Grundlage der Regelung des § 62 FamFG ist die Rechtsprechung des BVerfG, das in Abkehr von der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung, die nach Eintritt der Erledigung der Hauptsache eine Beschwerdeeinlegung nicht mehr als zulässig angesehen hatte (vgl. BGHZ 139, 254 = NJW 1998, 2829; 109, 108 = NJW 1990, 1418; NJW 1984, 54), aus dem Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) abgeleitet hat, dass bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen ein trotz Eintritt der Erledigung der Maßnahme fortbestehendes Rechtsschutzinteresse des Betroffenen zur Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der Maßnahme bejaht werden muss. In der Entwicklung seiner Rechtsprechung hat das BVerfG dies zunächst in Fällen angenommen, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der nach der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann (NJW 1997, 2146; NJW 1999, 273 - betr. eine Durchsuchung nach § 304 StPO; NJW 1998, 2432 - betr. eine vorläufige Unterbringungsgenehmigung nach § 70h FGG). In einer weiteren Senatsentscheidung vom 5.12.2001 hat das BVerfG (BVerfGE 104, 220 = NJW 2002, 24...