Leitsatz (amtlich)
Die Zuständigkeit gemäß § 32 ZPO begründet auch unter Berücksichtigung von § 17 Abs. 2 S. 1 GVG nicht im Sinne eines allgemeinen Gerichtsstands des Sachzusammenhangs die Zuständigkeit für die Prüfung anderer als deliktischer Ansprüche. An dieser Bewertung hat die Reform der ZPO nichts geändert.
Normenkette
ZPO § 32
Verfahrensgang
LG Detmold (Aktenzeichen 1 O 519/00) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin vom 6.12.2001 gegen den Beschluss des LG Detmold vom 16.11.2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von bis zu 20.451,68 EUR.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
Zwar ist die Beschwerde zulässig: die Vergleichsregelung, dass das Gericht auch über die Kosten des Rechtsstreits 1 O 519/00 LG Detmold entsprechend § 91a ZPO entscheiden soll, enthält keinen Vorverzicht auf Rechtsmitteleinlegung für den Fall, dass sich eine Partei durch die Kostenentscheidung ungerechtfertigt beschwert fühlt. Für eine derartige Auslegung enthält die Vergleichsregelung keine Anhaltspunkte; eher liegt die Annahme nahe, dass beide Parteien darauf vertraut haben, das LG werde eine – aus ihrer Sicht – angemessene Kostenentscheidung fällen.
Das LG hat zu Recht der Klägerin unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Voraussichtlich wäre die Klägerin im Rechtsstreit vor dem LG ohne den Vergleichsabschluss unterlegen.
Für die vor dem LG Detmold erhobene Klage war das LG nur unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung gem. § 32 ZPO örtlich zuständig. Denn seinen allgemeinen Gerichtsstand hat der in Kohlberg wohnende Beklagte im Landgerichtsbezirk Amberg; auch unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsortes, § 29 ZPO, war allein das LG Amberg für eine Klage auf Rückgewähr des Kaufpreises zuständig.
Folge der auf den Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung beschränkten Zuständigkeit des LG Detmold ist, dass es bei der fehlenden schlüssigen Behauptung einer deliktischen Anspruchsgrundlage die weiteren mit der Sittenwidrigkeit der Verträge zusammenhängenden Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Verschulden bei Vertragsschluss nicht zu prüfen gehabt hätte und zu einer Klageabweisung hätte kommen müssen, bezüglich der deliktischen Ansprüche als unbegründet, hinsichtlich der übrigen als unzulässig (vgl. BGH v. 28.2.1996 – XII ZR 181/93, MDR 1996, 1036 = NJW 1996, 1411).
Die Zuständigkeit nach § 32 ZPO zieht nach h.M. (vgl. BGH NJW 1974, 410; v. 4.2.1986 – VI ZR 220/84, MDR 1986, 667 = NJW 1986, 2436; v. 11.2.1988 – I ZR 201/86, MDR 1988, 643 = NJW 1988, 1466; OLG Köln v. 26.8.1999 – 1 U 92/98, OLGReport Köln 1999, 399 = MDR 2000, 170; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 32 Rz. 14) nämlich nicht die Zuständigkeit für die Prüfung anderer als deliktischer Ansprüche nach sich. Einen allgemeinen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs kennt die ZPO nicht. Entgegen der Gegenmeinung (OLG Hamburg v. 15.4.1997 – 13 W 6/97, OLGReport Hamburg 1997, 202 = MDR 1997, 884; Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 32 Rz. 20 m.w.N.) lässt sich die Neuregelung der Rechtswegzuständigkeit in § 17 Abs. 2 S. 1 GVG nicht für eine Begründung eines allgemeinen örtlichen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs heranziehen: zu Recht weist der BGH v. 28.2.1996 – XII ZR 181/93, MDR 1996, 1036 = NJW 1996, 1411, wenn auch im Zusammenhang mit der Prüfung der internationalen Zuständigkeit, darauf hin, dass sich der Kläger ansonsten einen für ihn günstigeren Gerichtsstand für die weiteren Anspruchsgrundlagen selbst dann verschaffen könnte, wenn die Tatsachen für eine unerlaubte Handlung nicht schlüssig vorgetragen oder nicht beweisbar sind. Das würde zu einer ungerechtfertigten Ausdehnung des Deliktsgerichtsstandes zugunsten des Klägers führen, während er durch die Ablehnung einer Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs nicht entscheidend tangiert wird: will er nicht zwei Prozesse führen, muss er gegen die beklagte Partei von vornherein an ihrem Wohnsitzgerichtsstand Klage aus allen rechtlichen Gesichtspunkten erheben. Deshalb ist seine Lage nicht vergleichbar mit der unbefriedigenden des einen Rechtsweg falsch beschreitenden Klägers vor der Reform des § 17 Abs. 2 GVG: der falsche Rechtsweg stellte sich angesichts bisweilen schwieriger Abgrenzung beispielsweise bürgerlicher von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten möglicherweise erst in letzter Instanz heraus und führte dann günstigenfalls zu einer Verweisung in die erste Instanz des anderen Rechtsweges (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 17a Rz. 2). Auch der Gesetzgeber hat in § 32 der ab 1.1.2002 reformierten ZPO einen von der Gegenmeinung befürworteten Gerichtsstand des Sachzusammenhangs entsprechend § 17 Abs. 2 S. 1 GVG nicht geregelt.
Zu Recht hat das LG eine hinreichend schlüssige Darlegung einer Haftung des Beklagten aus unerlaubter Handlung verneint.
Diese erfordert, dass die Klägerin durch konkrete Umstände ausgefüllt und belegt vorgetragen hätte, das...