Entscheidungsstichwort (Thema)

Scheinvaterregress nur bei positiver Vaterschaftsfeststellung

 

Leitsatz (amtlich)

Für den sog. Scheinvaterregress nach § 1607 Abs. 3 S. 2 BGB muss nach § 1600d Abs. 4 BGB die Vaterschaft des in Anspruch Genommenen positiv festgestellt sein. Die - inzidente - Prüfung der Vaterschaft in dem Regressverfahren ist nicht zulässig.

 

Normenkette

BGB § 1600d Abs. 4, § 1607 Abs. 3 S. 2, § 1594

 

Verfahrensgang

AG Recklinghausen (Beschluss vom 14.07.2004; Aktenzeichen 45 F 164/04)

 

Tenor

1. Die Sache wird vom Einzelrichter auf den Senat übertragen.

2. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 22.7.2004 gegen den Beschluss des AG - FamG - Recklinghausen vom 14.7.2004 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller beabsichtigt vorbehaltlich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, den Antragsgegner im Wege des sog. Scheinvaterregresses auf Zahlung von insgesamt 25.285,20 Euro in Anspruch zu nehmen. Dazu trägt er vor, er sei, wie in dem Verfahren 44 F 297/02 AG Recklinghausen rechtskräftig festgestellt worden sei, nicht der Vater des in der am 8.3.1991 mit der Kindesmutter geschlossenen Ehe am 30.7.1991 geborenen Kindes T. In dem Verfahren habe die Kindesmutter erklärt, mit ihm erstmals im Juni 1990 und sodann wieder Ende Oktober/Anfang November 1990 sexuellen Kontakt gehabt zu haben. Zeitgleich habe sie ein Verhältnis mit dem Antragsgegner unterhalten. Nach seinem Ausschluss als Erzeuger komme nur der Antragsgegner in Betracht. Einer Aufforderung zur Zahlung sei er nicht nachgekommen, er habe vielmehr darauf verwiesen, dass seine Vaterschaft nicht feststehe; weder habe er die Vaterschaft anerkannt noch sei er in dem damaligen Abstammungsverfahren in das Abstammungsgutachten einbezogen worden. Daraufhin habe er den Antragsgegner vergeblich aufgefordert, sich auf seine, des Antragstellers, Kosten einem außergerichtlichen DNA-Vaterschaftstest zu unterziehen. Kindesmutter und das Kind hätten keine Klage auf Vaterschaftsfeststellung erhoben. In dieser Lage sei er faktisch rechtlos gestellt, sodass die Regresssperre des § 1600d Abs. 4 BGB durchbrochen werden müsse.

Dem ist der Antragsgegner entgegengetreten.

Das AG hat Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht mit der Begründung versagt, eine Inzidentprüfung der Vaterschaft scheide im Regressprozess aus. Ein Ausnahmetatbestand, der nach Treu und Glauben die Durchbrechung der Regresssperre rechtfertigen könne, sei nach dem Vorbringen des Antragstellers nicht gegeben.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, die er im Wesentlichen mit dem bisherigen Vortrag und unter Aufrechterhaltung seiner Rechtsauffassung begründet. Das AG hat ihr nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Nach § 1607 Abs. 3 S. 2 BGB kommt ein Anspruchsübergang in Betracht, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt. Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Erzeuger geht im Wege der Legalzession auf den Scheinvater über. Von dieser Lage geht das Klagebegehren des Antragstellers aus. Er ist nach der rechtskräftigen Feststellung in dem Ehelichkeitsanfechtungsverfahren nicht der Vater des Kindes T. Damit hat er als Dritter dem Kind T. Unterhalt gewährt i.S.d. § 1607 Abs. 3 S. 2 BGB.

Dem Antragsteller ist es jedoch verwehrt, dem Antragsgegner ggü. den übergegangenen Unterhaltsanspruch des Kindes geltend zu machen. Dies folgt aus § 1600d Abs. 4 BGB. Nach dieser Bestimmung können die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst von dem Zeitpunkt ihrer Feststellung geltend gemacht werden. So liegt es im Streitfall jedoch nicht. Der Antragsgegner hat seine Vaterschaft nicht nach § 1594 BGB anerkannt. Seine Vaterschaft ist ebenso noch nicht nach § 1600d BGB festgestellt.

Mit dem AG sieht auch der Senat keine Rechtfertigung, von diesem Erfordernis abzusehen und ausnahmsweise die Prüfung der Vaterschaft - mit Wirkung inter partes - inzident in dem Regressverfahren zuzulassen.

Die nach Wortlaut und Zweck klare gesetzliche Regelung steht dem entgegen. Das Gesetz sieht nur in besonderen Ausnahmesituationen, in denen im Interesse des Kindes oder seiner Mutter dringende, zeitlich jedoch begrenzte Unterhaltsansprüche im Wege der einstweiligen Verfügung nach § 1615o BGB oder der einstweiligen Anordnung nach § 641d ZPO geregelt werden können, die Durchsetzung eines Anspruchs des Scheinvaters gegen den angeblichen Erzeuger vor.

Wie der BGH (BGH v. 17.2.1993 - XII ZR 238/91, MDR 1993, 450 = FamRZ 1993, 696) ausgeführt hat, kann eine zur Durchsetzung von Regressansprüchen notwendige Klärung der Vaterschaft nicht als Vorfrage in einem der Disposition der Parteien überlassenen Zivilprozess durchgesetzt werden. Die gesetzliche Regelung will sichern, dass grundsätzlich nur noch entweder aufgrund Anerkennung oder nach gerichtlicher Feststellung in einem besonderen, der Amtsermittlung unterliegenden Verfahren Rechtsfolgen aus der biologischen Tatsache einer (nichtehelichen) Vaterschaf...

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