Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweisantrag. Anorderungen. Beweistatsache. Beweisziel. Rechtsbeschwerde. Zulassung. Verletzung des rechtlichen Gehörs
Leitsatz (amtlich)
Ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag liegt nur vor, wenn eine bestimmte Beweistatsache angegeben wird.
Normenkette
StPO § 244; OWiG § 80
Verfahrensgang
AG Gütersloh (Entscheidung vom 28.05.2005) |
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 S. 1 StPO).
Gründe
Das Amtsgericht Lemgo hat den Betroffenen am 28. Mai 2009 wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften (Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 41 Abs. 2 (Zeichen 274),49 StVO, § 24 StVG) zu einer Geldbuße von 87,00 EUR verurteilt. Gegen dieses seinem Verteidiger am 29. Juni 2009 zugestellte Urteil hat der Betroffene mit am 2. Juni 2009 bei dem Amtsgericht Gütersloh eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers vom 29. Mai 2009 die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt und den Antrag mit weiterem am 27. Juli 2009 eingegangenen Telefaxschriftsatz seines Verteidigers vom selben Tage mit der - auf die Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht gestützten - formellen sowie mit der materiellen Rüge begründet.
Der gemäß §§ 80 Abs. 1 und 3, 79 Abs. 3 OWiG, §§ 341 ff. StPO statthaften und zulässig angebrachten Vorschaltbeschwerde ist in der Sache kein Erfolg beschieden.
Da das Amtsgericht den Betroffenen zu einer Geldbuße von nicht mehr als 100,00 EUR verurteilt hat, ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht und wegen der Anwendung anderer Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts und darüber hinaus wegen der Versagung rechtlichen Gehörs zuzulassen.
Nach den dargelegten Voraussetzungen rechtfertigt das Beschwerdevorbringen die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht.
1.
Gemäß § 80 Abs. 2 Hs. 1 OWiG ist es dem Betroffenen von vornherein verwehrt, den Zulassungsantrag auf die - als Verfahrensfehler - geltend gemachte Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht zu stützen.
Bei Bagatellordnungswidrigkeiten - wie hier - kann mit der Verfahrensrüge lediglich geltend gemacht werden, dass dem Betroffenen das rechtliche Gehör versagt worden sei. Soweit die Rechtsbeschwerdebegründung vorliegend als Gehörsrüge auszulegen ist, welche namentlich bei der fehlerhaften Ablehnung eines Beweisantrags in Betracht kommen kann (zu vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 80, Rn. 16 b m.w.N.), fehlt es bereits an einem den Anforderungen des § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechenden Rügevorbringen. Nach dieser Vorschrift sind bei der Erhebung der Verfahrensrüge die den beanstandeten Verstoß begründenden Tatsachen so genau und vollständig darzulegen, dass das Revisionsgericht allein auf ihrer Grundlage das Vorhandensein oder Fehlen eines Verfahrensmangels feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden. Dementsprechend müssen, wenn die fehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrags gerügt wird, grundsätzlich sowohl der Inhalt des Beweisantrags als auch der Inhalt des gerichtlichen Ablehnungsbeschlusses und die die angebliche Fehlerhaftigkeit des Beschlusses ergebenden Tatsachen mitgeteilt werden (zu vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 244, Rn. 85). Diesen Begründungsanforderungen wird das Rügevorbringen nicht gerecht, weil es den Ablehnungsbeschluss des Gerichts inhaltlich nicht wiedergibt.
Dieser Mangel führt hier jedoch in Anbetracht der zugleich - umfassend und zulässig - erhobenen Sachrüge ausnahmsweise nicht zur Unzulässigkeit der formellen Rüge. Die Erwägungen, mit denen die Tatrichterin den Beweisantrag abgelehnt hat, ergeben sich aus den Urteilsgründen (Seite 3), die bei zulässig erhobener Sachrüge vom Rechtsbeschwerdegericht zur Kenntnis zu nehmen und dementsprechend zur Ergänzung der Verfahrensrüge heranzuziehen (zu vgl. BGH in NStZ 1997, 378; NStZ 1996, 145 f.; StV 1995, 564; NStZ 1993, 142 f.; Meyer-Goßner, a.a.O., § 244, Rn. 85; § 344, Rn. 20; Kuckein in KK, a.a.O., § 344, Rn. 39).
Sachlich greift die Rüge gleichwohl nicht durch.
Es mangelt bereits an einem prozessordnungsgemäßen Beweisantrag. Selbst wenn bei dem protokollierten Beweisantrag, dessen Inhalt der Beweiskraft des § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 274 StPO unterliegt, ein Formulierungsmangel ("ob" der Betroffene das Fahrzeug geführt hat) vorliegen sollte, handelt es sich jedoch auch bei dem ursprünglich angekündigten sowie bei dem in der Rechtsmittelschrift angeführten Beweisbegehren nicht um einen Beweisantrag im Sinne von §§ 46 Abs. 1, 77 OWiG,§ 244 StPO. In diesem Zusammenhang lässt die Zulassungsbeschwerde außer Acht, dass ein Beweisantrag eine bestimmte Beweistatsache angegeben muss (zu vgl. BGH in NStZ 2007, 112 f; BGH in NStZ 1999, 630 f.). Der Antrag des Betroffenen benennt hier indes keine konkreten Tatsachen (z.B. morphologische Merkmale oder sonstige Umstände, die eine Identität mit der auf den...