Entscheidungsstichwort (Thema)
AKB: Leistungskürzung auf Null wegen alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit
Leitsatz (amtlich)
Im Streitfall (Blutalkoholgehalt zum Unfallzeitpunkt mindestens 0,88 o/oo; weitere Umstände) ist eine Leistungskürzung auf Null gerechtfertigt.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 8 O 428/19) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung - auf die der Senat Bezug nimmt - abgewiesen. Die Berufungsangriffe des Klägers aus der Berufungsbegründung vom 22. Juni 2021 (Bl. 23 ff. der elektronischen Gerichtsakte II. Instanz; im Folgenden: eGA-II und für die erste Instanz eGA-I) greifen nicht durch. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Kaskoentschädigung nicht zu. Der Beklagte ist gemäß A.2.9.1 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden AKB leistungsfrei, da der Kläger den Versicherungsfall infolge des Genusses alkoholischer Getränke zumindest grob fahrlässig herbeigeführt hat.
1. Das Landgericht ist im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass im Bereich unterhalb der Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit die Fahruntüchtigkeit der individuellen Feststellung aufgrund von Ausfallerscheinungen oder eines festgestellten Fahrfehlers bedarf, der typischerweise durch Alkoholgenuss bedingt ist, und auf die Fahruntüchtigkeit nicht kraft eines Anscheinsbeweises geschlossen werden darf (BGH, Urteil vom 24. Februar 1988 - IVa ZR 193/86, VersR 1988, 733). Dieser kann erst für die Frage der Ursächlichkeit der Fahruntüchtigkeit für den Unfall herangezogen werden (Senatsurteil vom 20. Januar 1993 - 20 U 193/92, r+s 1993, 172). Gegen diesen Ansatz wendet sich die Berufung zu Recht nicht.
Entgegen der Auffassung der Berufung ist es aber auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht nach den gegebenen Umständen eine relative Fahruntüchtigkeit des Klägers im Unfallzeitpunkt festgestellt hat.
Äußere Anzeichen für alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit können sich aus alkoholbedingten Ausfallerscheinungen ergeben, die z.B. im Blutentnahmeprotokoll festgehalten sind und den Schluss zulassen, der Fahrer habe ernsthafte Anzeichen für seine Fahruntüchtigkeit missachtet. Sie können sich aber auch aus groben Fahrfehlern ergeben, die typischerweise auf Alkoholgenuss zurückzuführen sind (Senatsurteil vom 20. Januar 1993 aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - 20 U 179/02, r+s 2003, 188).
An diesen Grundsätzen gemessen kann es - wie das Landgericht richtig gesehen hat - nicht zweifelhaft sein, dass der Kläger im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles infolge des Genusses alkoholischer Getränke (relativ) fahruntüchtig war.
Hierfür spricht zunächst der Untersuchungsbefund im Rahmen der Blutentnahme, der dem Kläger im Untersuchungszeitpunkt unter anderem einen torkelnden Gang, eine unsichere plötzliche Kehrtwendung, eine verwaschene Sprache, eine unsichere Finger-Finger- und Finger-Nase-Prüfung sowie ein benommenes Bewusstsein, mithin alkoholtypische Ausfallerscheinungen, bescheinigt. Lässt sich schon dieser Befund für sich genommen - anders als die Berufung geltend macht - mit der Anflutungsphase des Alkohols oder physiologischen Besonderheiten nicht plausibel erklären, ergibt sich eine Fahruntüchtigkeit des Klägers im Unfallzeitpunkt jedenfalls aus dem Unfallhergang selbst.
In Fällen, in denen ein Fahrer - wie hier - in Folge von alkoholbedingt erklärbarem Fehlverhalten von der Fahrbahn abkommt und gegen ein Hindernis prallt, ist regelmäßig davon auszugehen, dass dies eine typische Folge der Alkoholisierung ist (Senatsurteil vom 25. August 2010 - 20 U 74/10, VersR 2011, 206; s. auch OLG Saarbrücken, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 4 U 165/13, r+s 2015, 340; Maier in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 19. Aufl. D.1 AKB 2015 Rn. 160 mwN).
Der Kläger ist hier mit seinem Fahrzeug innerorts bei einer - wie von ihm selbst angegeben - allenfalls geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitung und nahezu geradem Straßenverlauf ohne erklärbare Alternativursache von der Fahrbahn abgekommen. Selbst wenn die Straße regennass war und selbst wenn auf ihr in gewissem Umfang Laub gelegen haben sollte, was sich der Ermittlungsakte schon nicht entnehmen lässt, lag eine Situation vor, die von einem nur einigermaßen aufmerksamen Kraftfahrer beherrscht werden können muss. Bei dem Fahrfehler des Klägers handelt es sich demnach um ein Versagen, das typischerweise durch Alkoholgenuss bedingt ist, da auf eine gegebene Verkehrssit...