Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechnungslegungspflicht des Verwalters
Leitsatz (amtlich)
1. Dem Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen ihren (abberufenen) Verwalter auf Rechnungslegung und Herausgabe der Unterlagen betr. ein Fremdgeldkonto steht es nicht entgegen, dass über das Konto auch Geldbewegungen Dritter (hier: Mietein- und -auszahlungen im Rahmen der Sondereigentumsverwaltung) geflossen sind.
2. Der Anspruch ist nicht davon abhängig, dass die Eigentümergemeinschaft die Unterlagen zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Verwalter benötigt.
3. Mangels Informationsinteresse der Gemeinschaft, ist der Verwalter befugt, vor einer Hausgabe der Unterlagen diejenigen Beträge in den Kontoauszügen unkenntlich zu machen, die sich nach dem Buchungstext zweifelsfrei auf Geldbewegungen Dritter beziehen.
4. Der Zulässigkeit eines Stufenantrages steht es nicht entgegen, dass die in der ersten Stufe begehrte Auskunft auch Bedeutung für den Anspruchsgrund hat, wenn die Informationen zugleich für die Anspruchshöhe relevant sind.
Normenkette
WEG § 28; BGB §§ 242, 259, 666-667; ZPO § 254
Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 13.10.2006; Aktenzeichen 9 T 17/06) |
AG Essen (Beschluss vom 09.01.2006; Aktenzeichen 95 II 358/02 WEG) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Essen vom 9.1.2006 werden aufgehoben.
Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, der Beteiligten zu 1) Auskunft über das Girokonto bei der T, Konto ... zu erteilen durch Vorlage
- des Eröffnungsvertrages,
- eines Auszuges über die Geldbewegungen auf diesem Konto ab der Zeit ab dem 1.11.1995 sowie
- des Kontoabschlusses.
Der Beteiligten zu 2) wird nachgelassen, in den Kontoauszügen diejenigen Beträge unleserlich zu machen, welche nach dem Buchungstext ausschließlich Miteinnahmen oder Mietausschüttungen zugunsten einzelner Sondereigentümer darstellen.
Hinsichtlich des Antrages zu 2) wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen, das auch über die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Rechtsmittelverfahren zu entscheiden hat.
Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 4.500 EUR (Antrag zu 1) = 1.500 EUR; Antrag zu 2) = 3.000 EUR) festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 2) war Verwalterin der Beteiligten zu 1) und wurde durch Beschluss vom 7.6.1997 als Verwalterin abgewählt. Sie unterhielt ein Konto Nr. ... bei der T und wickelte über dieses Konto sowohl Geldbewegungen der Beteiligten zu 1) als auch solche im Zusammenhang der von ihr wahrgenommenen Mietsonderverwaltung für einzelne Wohnungseigentümer ab.
Die Antragsgegnerin übergab -mit Ausnahme der Unterlagen hinsichtlich des vorgenannten Bankkontos- sämtliche Unterlagen aus ihrer Verwaltertätigkeit an die Antragstellerin.
Die Beteiligte zu 1) hat erstinstanzlich beantragt,
1. der Antragsgegnerin aufzugeben, den Antragstellern Auskunft über das Girokonto bei der T, Kontonummer ... durch Vorlage des Eröffnungsvertrages, der Geldbewegungen auf diesem Konto und des Kontenabschlusses zu erteilen, hilfsweise der Antragsgegnerin aufzugeben, die Verwalterin zu ermächtigen, die begehrte Auskunft unmittelbar selbst bei der T zu erheben,
2. der Antragsgegnerin aufzugeben, den Antragstellern den Schaden zu ersetzen, der sich nach der Auskunft beziffern lässt.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen und hinsichtlich möglicher Schadensersatzansprüche die Einrede der Verjährung erhoben.
Mit Beschluss des AG Essen vom 11.10.2004 sind die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen worden, wobei das AG davon ausging, die Anträge seien mangels einer wirksam erteilten Verfahrensvollmacht unzulässig erhoben worden. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das LG die amtsgerichtliche Entscheidung aufgehoben und die Sache an das AG zurückverwiesen. Durch Beschluss vom 9.1.2006 hat das AG die Anträge abermals zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das LG zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.
Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) ergibt sich daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
In der Sache ist die sofortige weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 FGG.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen. Zu Recht hat das LG auch das Rubrum dahingehend berichtigt, dass nunmehr die Eigentümergemeinschaft als solche Beteiligte des Verfahrens und Antragstellerin ist (vgl. etwa OLG Düsseldorf NZM 2006, 182 m.w.N.). Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Vorinstanzen von einer rückwirkenden Genehmigung der Verfahrensführung ausgegangen sind (zur Möglichkeit ders...