Das LG Bonn hat sich mit der Frage befasst, ob Ansprüche auf Auskunft über gespeicherte, personenbezogene Daten der 3-jährigen Verjährungsfrist unterliegen. Das Gericht hat dies verneint und einen Anwalt zur Herausgabe von Kopien der in seiner Handakte gespeicherten persönlichen Daten des Mandanten verurteilt.
Mandant forderte von Rechtsanwalt Herausgabe der Handakte
Der ehemalige Mandant des Rechtsanwalts hatte die Absicht, seiner Auffassung nach zu Unrecht erhobene Honorare von seinem ehemaligen Anwalt zurückzufordern. Er forderte den Rechtsanwalt zur Auskunft über den aktuellen Stand diverser Verfahren, über die hierzu im Einzelnen in Rechnung gestellten Honorare sowie zur Herausgabe der Handakte auf.
Klage erstinstanzlich abgewiesen
Da das Mandat bereits seit mehr als 3 Jahren beendet war, erhob der beklagte Rechtsanwalt vor Gericht die Einrede der Verjährung. Nach Auffassung des Anwalts gilt die regelmäßige 3-jährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB auch für Auskunftsansprüche und den Anspruch des Mandanten auf Herausgabe der Handakte. Das erstinstanzlich zuständige AG teilte diese Rechtsauffassung und wies die Klage des ehemaligen Mandanten auf Auskunft und auf Herausgabe der Handakte ab.
Anspruch auf Herausgabe der Handakte verjährt in 3 Jahren
Auch das LG sah in der Berufungsinstanz den Anspruch des Mandanten auf Herausgabe der Akte als verjährt an. Daran ändert nach Auffassung des LG auch die gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 BRAO bestehende 6-jährige Aufbewahrungsfrist für Handakten grundsätzlich nichts. Diese berufsrechtliche Aufbewahrungsfrist erfasse nicht den aus dem Auftragsverhältnis zwischen Anwalt und Mandant gemäß § 667 BGB abgeleiteten Herausgabeanspruch des Mandanten betreffend die vom Anwalt geführte Handakte. Dieser unterliege der regelmäßigen Verjährungsregelung des § 195 BGB und verjähre daher innerhalb von 3 Jahren nach Beendigung des Mandatsverhältnisses.
Datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche folgen anderen Regeln
Nach Auffassung des LG ist allerdings der datenschutzrechtliche Anspruch auf Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten von dem auf nationalen Regeln beruhenden Rechtsanspruch auf Herausgabe der Handakte zu unterscheiden. Für die nach der europarechtlichen DSGVO bestehenden Ansprüche auf Auskunft über gespeicherte personenbezogene Daten beginnt mit der Beendigung des Mandats nach Ansicht des LG nicht die Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB zu laufen.
Durchsetzbarer Auskunftsanspruch gegen Anwalt nach der DSGVO
Gemäß Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 DSGVO habe der Mandant grundsätzlich einen Anspruch auf Herausgabe einer Kopie sämtlicher im Zusammenhang mit dem Mandatsverhältnis gespeicherter personenbezogener Daten. Da der Kläger nach einem entsprechenden Hinweis seine Klage insoweit umgestellt bzw. erweitert habe, sei der Anwalt verpflichtet, dem Kläger durch Übergabe entsprechender Kopien Auskunft über die im Zusammenhang mit seiner Person gespeicherten Daten zu geben. Unabhängig von der Frage, ob und gegebenenfalls wann ein solcher Anspruch verjähre, bestehe dieser jedenfalls so lange fort, als die Verarbeitung bzw. Speicherung der Daten noch andauert. Da die 6-jährige Aufbewahrungsfrist für die Handakte gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 BRAO noch nicht abgelaufen sei, sei der datenschutzrechtliche Anspruch auf Auskunft unzweifelhaft gegeben.
(LG Bonn, Urteil v. 19.12.2023, 5 S 34/23)
Hintergrund:
Die Entscheidung des LG Bonn entspricht der Rechtsprechung des BGH. In einem Grundsatzurteil aus dem Jahr 2020 hat der BGH entschieden, dass der Anspruch des Mandanten gegen seinen ehemaligen Anwalt auf Herausgabe der Handakte der 3-jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB unterliegt. Diese beginne mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem das Mandatsverhältnis geendet hat. Bei der 6-jährigen Aufbewahrungspflicht gemäß § 50 BRAO handle es sich um eine rein berufsrechtliche Regelung, die keinen Einfluss auf die Verjährung der Ansprüche des Mandanten im Verhältnis zu seinem Anwalt habe (BGH, Urteil v. 15.10.2020, IX ZR 243/19).
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