Leitsatz (amtlich)
1. Unter Ehewohnung ist jede Räumlichkeit zu verstehen, die während der Ehe beiden Ehegatten als Unterkunft gedient hat (BGH FamRZ 1990, 987, 988).
2. Eine Räumlichkeit verliert ihren Charakter als Ehewohnung, wenn der die Wohnung verlassende Ehegatte diese endgültig aufgibt. Dabei ist maßgeblich, ob die Überlassung an den anderen Ehegatten noch den aktuellen Erfordernissen in der Trennungssituation geschuldet ist oder ob ihr schon eine endgültige Nutzungsüberlassung zugrunde liegt.
3. Für die Annahme einer unbilligen Härte reichen bloße Unannehmlichkeiten und selbst Belästigungen, wie sie oft in der Auflösungsphase einer Ehe auftreten, nicht aus, um eine Wohnungszuweisung zu begründen. Die Spannungen müssen vielmehr über den in der Trennungssituation typischen Umfang hinausgehen (OLG Hamburg FamRZ 1993, 190; OLG Bamberg FamRZ 1995, 560; OLG Frankfurt FamRZ 1996, 289, 290).
Normenkette
BGB § 1361b; FamFG § 209
Verfahrensgang
AG Olpe (Beschluss vom 22.09.2014; Aktenzeichen 22 F 299/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der am 22.9.2014 erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Olpe unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert.
1. Die im Hause I-Straße 50 in B gelegene Ehewohnung der Beteiligten wird der Antragstellerin für die Dauer der Trennung der Eheleute zur alleinigen Nutzung zugewiesen.
2. Der Antragsgegner wird verpflichtet,
a) die Ehewohnung, bestehend aus fünf Zimmern, einer Küche, zwei Bädern, einem Gäste-Bad mit WC, Flur und Garage, zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben,
b) der Antragstellerin den Haustürschlüssel zum Haus herauszugeben und
c) bei Auszug seine persönlichen Sachen, insbesondere seine Ski-Ausrüstung, sowie die im Büro der ersten Etage befindlichen Gegenstände und Dokumente (insbesondere 2 Regale, 3 Schränke, einen Schreibtisch, ein auseinandergebautes Bett, einen PC nebst Drucker, Arbeitsunterlagen und Bücher) mitzunehmen und sämtliche Haushaltsgegenstände zunächst in der Wohnung zu belassen.
3. Die weiter gehenden Anträge der Antragstellerin werden zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
5. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Gründe
A. Für die Trennungszeit begehrt die Antragstellerin die Zuweisung der im Miteigentum beider Beteiligter stehenden Ehewohnung nebst flankierenden Anordnungen.
Die Antragstellerin, die als gelernte Industriekauffrau erwerbstätig ist, und der Antragsgegner, der als Berufsschullehrer am Berufskolleg des Kreises P tätig ist, haben am 24.7.2009 geheiratet. Zuvor hatten sie bereits über mehrere Jahre zusammengelebt.
Bereits vor der Ehezeit haben die Beteiligten unter der Anschrift "I-Straße 50" in B ein im beiderseitigen Miteigentum stehendes Einfamilienhaus errichtet. Ein gemeinsamer Kinderwunsch ging aufgrund bestehender Fertilitätsstörung auf Seiten des Antragsgegners und trotz verschiedenster Behandlungen - insbesondere der Antragstellerin - nicht in Erfüllung. Zu einer beabsichtigten Adoption eines Kindes, um die man sich seit Anfang 2013 bemühte, kam es nicht, nachdem sich die Beteiligten im Herbst 2013 wegen einer außerehelichen Beziehung des Antragsgegners zu Frau C zunächst innerhalb der Ehewohnung trennten.
Zum 1.1.2014 mietete der Antragsgegner für sich, seine Lebensgefährtin Frau C sowie deren Sohn eine Vierzimmerwohnung (rund 100 m2) in B, "L-Straße 9", an. Jedenfalls seit dem 24.1.2014 übernachtet der Antragsgegner nicht mehr in der Ehewohnung, sondern in der angemieteten Wohnung. Er hat allerdings in der Ehewohnung noch diverse Kleidungsstücke sowie sonstige Utensilien und nutzt werktäglich in dem Objekt einen Büroraum im Obergeschoss, den ursprünglich beide Beteiligte gemeinschaftlich genutzt haben. In diesem Raum befinden sich u.a. die Arbeitsmaterialien, die der Antragsgegner für seine Tätigkeit als Berufsschullehrer benötigt. In dem Büroraum war ursprünglich auch ein Schreibtisch der Antragstellerin aufgebaut, den der Antragsgegner am 28.7.2014 entfernen ließ.
Bislang konnten sich die Beteiligten nicht abschließend einigen, wer das im Miteigentum stehende Haus zu Alleineigentum erwerben soll.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, der Antragsgegner habe seinen Lebensmittelpunkt nunmehr in der angemieteten Wohnung. Eine weitere Nutzung des Hauses durch ihn sei ihr nicht zuzumuten, da sie nicht sicher sein könne, dass er in ihrer Abwesenheit nicht doch ihren - unstreitig nicht abschließbaren - Wohnbereich betrete und in ihren privaten Sachen herum suche. Dass der Antragsgegner entgegen seiner Behauptung nicht nur den Büroraum nutze, habe sie u.a. daran gemerkt, dass der Anrufbeantworter im Wohnzimmer abgehört und der Kleiderschrank durchsucht worden sei.
Für die Nutzung des Büros bestehe auch kein Bedürfnis, da der Antragsgegner sich in der von ihm angemieteten Wohnung ein Büro einrichten könne.
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. die im Hause I-Straße 50 in B gelegene Ehewohnung der Beteiligten der Antragstellerin f...