Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfügung über Vermögen im Ganzen
Leitsatz (redaktionell)
1. Will ein Ehegatte während des laufenden Ehescheidungsverfahrens einen 3/4-Miteigentumsanteil an einem in seinem Alleineigentum stehenden Hausgrundstück auf seinen neuen Lebenspartner übertragen, handelt es sich jedenfalls dann um ein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 1365 BGB, wenn der verbleibende Miteigentumsanteil damit praktisch wertlos wird. Der Ehegatte verfügt dann mit der Auflassung des Miteigentumsanteils an den Dritten über sein Vermögen im Ganzen.
2. Der Rechtspfleger des Grundbuchamtes kann die Umschreibung von der Vorlage einer Zustimmungserklärung des anderen Ehegatten abhängig machen, nachdem dieser einen dinglichen Arrest zur Sicherung eines von ihm reklamierten Zugewinnausgleichsanspruchs erwirkt und die Eintragung einer entsprechenden Arresthypothek im Grundbuch beantragt hat.
Normenkette
GBO § 20; BGB § 1365
Verfahrensgang
LG Hagen (Beschluss vom 04.10.2002; Aktenzeichen 3 T 325/02) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben die der Beteiligten zu 3) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf bis zu 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) ist als Alleineigentümer des vorbezeichneten, mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Die Beteiligten zu 1) und 3) sind verheiratet, das Scheidungsverfahren zwischen ihnen ist seit Juni 2001 rechtshängig. Für die Ehe gilt der gesetzliche Güterstand. Die Beteiligte zu 2) ist die Lebensgefährtin des Beteiligten zu 1).
Einen 3/4 Miteigentumsanteil an dem vorbezeichneten Grundstück hat der Beteiligte zu 1) mit notariellem Vertrag an die Beteiligte zu 2) übertragen und aufgelassen. Der Vertrag sieht als Gegenleistung ein Altenteilrecht bestehend aus einem Wohnrecht und der Verpflichtung der Beteiligten zu 2) zur Hege und Pflege des Beteiligten zu 1) in gesunden und in kranken Tagen nach näherer Maßgabe des § 5 der notariellen Urkunde vor. Als weitere Gegenleistung ist die Übernahme von 3/4 der auf dem Grundstück lastenden Darlehensverbindlichkeiten vereinbart. Dem Grundbuchamt wurde eine Ausfertigung der Urkunde vorgelegt und die Eintragung einer Auflassungsvormerkung veranlasst. Weiter wurde als einzutragende Belastung eines jeden Miteigentumsanteils der Ausschluss des Anspruchs auf Aufhebung der Gemeinschaft während der Lebzeiten des Beteiligten zu 1) vereinbart.
Am 13.2.2002 hat die Beteiligte zu 3) beim FamG einen dinglichen Arrest gegen den Beteiligten zu 1) zur Sicherung eines von ihr reklamierten Zugewinnausgleichsanspruchs erwirkt. Mit Schriftsatz vom 14.2.2002 hat sie eine Ausfertigung des Arrestbefehls beim Grundbuchamt vorlegen und die Eintragung einer Arresthypothek an dem oben bezeichneten Grundstück beantragen lassen.
Mit Schriftsatz vom 13.3.2002 haben die Beteiligten zu 1) und 2) u.a. die Umschreibung des 3/4 Miteigentumanteils auf die Beteiligte zu 2) beantragt. Der Rechtspfleger des Grundbuchamtes hat diesen Antrag mit Zwischenverfügung vom 10.5.2002 beanstandet: Nach seiner Auffassung verfüge der Beteiligte zu 1) mit dem 3/4 Miteigentumanteil über einen Gegenstand, der nahezu sein gesamtes Vermögen ausmache. Daher werde die Eintragung des Eigentumsübergangs von der Vorlage einer Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 3) in grundbuchmäßiger Form abhängig gemacht. Hierfür wurde eine Frist von drei Monaten eingeräumt.
Gegen diese Verfügung hat die Beteiligte zu 2) Beschwerde einlegen lassen. Mit dieser hat sie im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des BGH die Verfügung über einen Vermögensgegenstand unter § 1365 BGB fallen könne, nicht erfüllt seien, da dem Beteiligten zu 1) ein Viertel des Grundeigentums verbliebe. Die durch das LG zu dem Verfahren hinzugezogene Beteiligte zu 3) ist dem Antrag und der Beschwerde entgegengetreten. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit der weiteren Beschwerde.
II. Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft sowie gem. § 80 GBO formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) folgt bereits daraus, dass ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist. Jedoch ist auch der Beteiligte zu 1) beschwerdebefugt, da ihn die Bestätigung der Beanstandung seines Umschreibungsantrags materiell in seiner Rechtsstellung betrifft.
In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 78 S. 1 GBO).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2) ausgegangen. Die Kammer war mit einer rechtsmittelfähigen Zwischenverfügung des AG befasst. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 S. 1 GBO waren gegeben. ...