Leitsatz (amtlich)

1. Eine Widerspruchsbelehrung kann auch dann wirksam sein, wenn sie nicht ausdrücklich als "(Widerspruchs-)Belehrung" bezeichnet (und/oder so überschrieben) wird.

2. Wenn in der Widerspruchsbelehrung von "Verbraucherinformationen", und nicht von "Verbraucherinformation", gesprochen wird, ist dies jedenfalls unschädlich, sofern nur klar ist, welche Unterlagen gemeint sind.

3. Die Belehrung muss nicht ausdrücklich sagen, dass die Frist erst beginnt, wenn der Versicherungsnehmer "belehrt" ist.

4. Die Belehrung muss nicht über die Rechtsfolgen eines Widerspruchs informieren.

 

Normenkette

VVG a.F. § 5a

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 115 O 217/14)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder ein sonstiger Grund eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts.

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege des Bereicherungsausgleichs auf Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages in Anspruch.

Der Vertrag wurde aufgrund des Antrags vom 27.06.2006 nach dem sog. Policenmodell gem. § 5a VVG aF geschlossen. Den Versicherungsschein vom 03.07.2006 erhielt die Klägerin mit Policenbegleitschreiben vom selben Tag. Dieses Schreiben enthielt eine Erklärung zum Widerspruchsrecht, auf die verwiesen wird (Bl. 84 d.A.).

Mit Schreiben vom 17.04.2014 erklärte die Klägerin, dass sie den Vertrag widerrufe, und begründete dies damit, dass der Vertrag keinen Widerrufshinweis enthalte. Die Klägerin verlangte deshalb zunächst die Erstattung der von ihr monatlich geleisteten Beiträge nebst Zinsen iHv 21.419,40 Euro bis zum 15.05.2014, was die Beklagte ablehnte. Auf die vorgerichtliche Korrespondenz der Parteien wird insoweit Bezug genommen (Anlage K 3 bis K 12).

Die Klägerin hat in erster Instanz den Zugang der Versicherungsbedingungen sowie der im Policenbegleitschreiben genannten "Allgemeinen und steuerlichen Hinweise" bestritten und sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Widerspruchsfrist schon aus diesem Grund nicht in Gang gesetzt worden sei. Außerdem sei sie weder im Antragsformular noch mit dem Policenbegleitschreiben formell und inhaltlich ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt worden, weshalb ihr Widerspruch zur Unwirksamkeit des Vertrages geführt habe. Daneben beruhe die Unwirksamkeit des Vertrages auf der Europarechtswidrigkeit des in § 5a Abs. 1 VVG aG geregelten Policenmodells.

Nachdem die Klägerin zunächst die Feststellung begehrt hat, dass sie berechtigt sei, dem Versicherungsvertrag zu widersprechen, hat sie mit Einspruch gegen das am 30.04.2015 verkündete klageabweisende Versäumnisurteil beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 26.762,83 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin entgangenen Gewinn in Höhe von 4.393,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin die weiteren ab dem 01.06.2015 entrichteten Beträge auf den Rentenversicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer 30354350 nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten hat;

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.171,67 Euro vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat den Widerspruch vom 17.04.2014 für unwirksam gehalten und gemeint, dass der Vertrag auch nicht wegen einer Europarechtswidrigkeit von § 5a VVG aF unwirksam sei.

Der Widerspruch sei verfristet, weil die Klägerin mit dem Policenbegleitschreiben vom 03.07.2006 sämtliche Unterlagen iSd § 5a Abs. 1 VVG aF erhalten habe und sowohl formell als auch inhaltlich ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt worden sei. Das Bestreiten des Zugangs der mit dem unstreitig erhaltenen Versicherungsschein übersandten Unterlagen sei unbeachtlich, zumal sich die Klägerin auf die Unwirksamkeit der im Policenbegleitschreiben enthaltenen und damit zugegangenen Belehrung berufe.

Zudem sei der Widerspruch gem. § 242 BGB treuwidrig, weil die Klägerin den Vertrag nach ordnungsgemäßer Belehrung nahezu acht Jahre lang durchgeführt und durch die Annahme der angebotenen Beitragsdynamik für eine kontinuierliche Erweiterung des Versicherungsschutzes gesorgt habe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das LG hat das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten, weil der Klägerin...

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