Leitsatz (amtlich)
Anforderungen an die gerichtliche Bestellung von Mitgliedern des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft.
Normenkette
AktG § 104; FamFG § 375 Nr. 3, § 376 f., § 377; DCGK Ziff. 5.4.
Verfahrensgang
AG Bad Oeynhausen (Beschluss vom 22.02.2013; Aktenzeichen HRB 3077 Fall 74) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss des AG Bad Oeynhausen vom 22.2.2013 wird auf ihre Kosten nach einem Beschwerdewert von 100.000 EUR zurückgewiesen.
Gründe
I. Zum 28.2.2013 haben die früheren Aufsichtsratsmitglieder L und H ihre Ämter niedergelegt, woraufhin nur noch der Beteiligte zu 2) in diesem Gremium verblieb.
Schon mit Schreiben vom 8.1.2013 hat die Beteiligte zu 3) als Aktionärin der betroffenen Gesellschaft vorsorglich angeregt, im Fall einer Vakanz im Aufsichtsrat ihren Geschäftsführer Dr. U zum Mitglied des Aufsichtsrats zu bestellen. Mit weiterem Schreiben vom 31.1.2013 hat die Beteiligte zu 3) sodann angeregt, für den Fall einer zweiten Vakanz Frau W zum Mitglied des Aufsichtsrats zu bestellen.
Mit Schreiben vom 7.2.2013 hat die Beteiligte zu 3) die Bestellung der genannten Personen ausdrücklich beantragt.
Der Beteiligte zu 2) hat mit Schreiben vom 8.2.2013 beantragt, Frau T und Herrn B zu Mitgliedern des Aufsichtsrates zu bestellen und hat sich zugleich gegen eine Bestellung des Herrn Dr. U und der Frau W gewandt. Herr Dr. U verfüge als Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Beteiligten zu 3), die an der Gesellschaft mit mehr als 25 % der Anteile beteiligt sei, nicht über die notwendige Unabhängigkeit. Dessen strategische Ziele seien zudem nicht erkennbar, offenbar strebe er aber eine Beherrschung des Unternehmens an. Auch Frau W sei nicht unabhängig, denn sie sei mit Herrn Dr. U befreundet und ihre Steuerberaterkanzlei bearbeite sei Jahren die steuerlichen Angelegenheiten der Beteiligten zu 3).
Die Beteiligte zu 3) hat sich gegen die Bestellung von Frau T und Herrn B ausgesprochen. Bei beiden sei eine ausreichende Qualifizierung und Erfahrung für das Vorschlagsamt nicht ersichtlich. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass einer der Vorgeschlagenen über Sachverstand auf den Gebieten der Rechnungslegung und der Abschlussprüfung verfügten. Herr B überschreite zudem im Jahre 2015 bereits das Lebensalter von 70 Jahren, welches gem. Ziff. 5.4.1 Abs. 2 S. 2 DCGK als Altersgrenze festgelegt werden soll.
Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss dem Antrag des Beteiligten zu 2) stattgegeben und mit sofortiger Wirkung Frau T und Herrn B zu Aufsichtsratsmitgliedern bestellt. Hinsichtlich der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 3) im Wege der Beschwerde, mit der sie die Bestellung ihrer Vorschlagskandidaten weiterverfolgt.
Zur Begründung bringt sie vor, dass das AG die Aufsichtsratsmitglieder nicht mit sofortiger Wirkung habe bestellen dürfen, weil zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses die Vakanzen noch nicht eingetreten gewesen seien und somit bis Ende Februar fünf Mitglieder dem Aufsichtsrat angehört hätten. Außerdem habe das AG versäumt, die Bestellung entsprechend Ziff. 5.4.3 S. 2 DCGK bis zur nächsten Hauptversammlung zu befristen.
Im Übrigen sei die Entscheidung des AG ermessensfehlerhaft. Es habe unzutreffende Anforderungen an die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder gestellt und diesen Begriff nicht mit der Bedeutung, die Gesetz und DCGK ihm beimessen, ausgefüllt. Im Übrigen müssten auch nicht sämtliche Mitglieder eines Aufsichtsrats unabhängig sein. Ferner habe das AG die Qualifikation der einzelnen Kandidaten nicht ausreichend abgewogen und berücksichtigt. Insoweit habe das AG zu den nunmehr bestellten Personen in den Gründen seiner Entscheidung keine Ausführungen gemacht. Beide seien aber nicht ausreichend qualifiziert, denn beide hätten keinen Bezug zu der Tätigkeit in einem Aufsichtsrat eines börsennotierten Unternehmens in ihrer Vita aufzuweisen. Frau T sei zudem gegenwärtig wohl beschäftigungslos. Der vom Beteiligten zu 2) betonte regionale Bezug des Herrn B sei für die in Rede stehende Tätigkeit nicht von Bedeutung, da das Unternehmen global agiere. Das AG habe zudem ermessensfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass die von der Beteiligten zu 3) vorgeschlagenen Kandidaten bei einer Wahl durch die Hauptversammlung im Hinblick auf die Stimmenverhältnisse voraussichtlich bestellt werden würden. Die Abhaltung einer Hauptversammlung sei aber mit erheblichen Kosten für das Unternehmen verbunden, die bei einer Bestellung der von der Beteiligten zu 3) vorgeschlagenen Kandidaten vermieden werden könnten.
Einem zwischenzeitlichen Verlangen der Beteiligten zu 3) auf Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung gem. § 122 Abs. 1 AktG hat der Vorstand nicht entsprochen. Insoweit ist derzeit beim AG noch ein Verfahren gem. § 122 Abs. 3 AktG anhängig.
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Das Verfahren zur Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern nach § 104 Abs. 2 AktG zur Ergänzung des Aufsic...