Leitsatz (amtlich)
1. In die Vorauswahlliste der Insolvenzverwalter bei einem Insolvenzgericht ist jeder Bewerber aufzunehmen, der die grundsätzlich zu stellenden Anforderungen an eine generelle, von der Typizität des einzelnen Insolvenzverfahrens gelöste Eignung für das erstrebte Amt im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erfüllt.
2. Auch die so genannte Ortsnähe kann ein mögliches Kriterium für diese Eignung darstellen.
3. Die Grenze des Zuständigkeitsbereichs des Insolvenzgerichts (in Nordrhein-Westfalen: Landgerichtsbezirk) ist als Abgrenzungskriterium ausreichender Ortsnähe ungeeignet.
4. Maßgebend für eine ausreichende Ortsnähe ist nicht eine in km zu bestimmende Entfernung, sondern ob der Bewerber regelmäßig innerhalb eines überschaubaren Zeitraums im Bedarfsfalle vor Ort sein kann. Dies ist jedenfalls bei einer Fahrtzeit von bis zu einer Stunde zu bejahen, wobei es auf die Fahrtzeit unter normalen Verkehrsverhältnissen vom Kanzleisitz bis zum nächstgelegenen Ort innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Insolvenzgerichts ankommt.
Normenkette
InsO § 56
Tenor
Der Bescheid des Amtsgerichts Dortmund – Insolvenzabteilung – vom 29.10.2007 wird aufgehoben.
Die Antragsgegner werden verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
Tatbestand
A. Der Antragsteller, der auch Fachanwalt für Insolvenzrecht ist, ist als Rechtsanwalt und Notar in der Kanzlei G2 & Partner GbR in D tätig.
Mit Schreiben vom 22.5.2007 beantragte er seine Aufnahme in die Liste der Insolvenzverwalter und Treuhänder beim Amtsgericht E. In dem von ihm unterzeichneten Antragsformular, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf die Ablichtung Bl. 8 ff. GA Bezug genommen wird, gab er u.a. an, seit 11 Jahren als Insolvenz- und Konkursverwalter tätig zu sein, bereits beim Amtsgericht N2 als Insolvenzverwalter und Treuhänder gelistet zu sein und in den letzten 5 Jahren 111 IN-Verfahren Unternehmen, 323 IN-Verfahren natürliche Personen, 510 Verbraucherinsolvenzverfahren und 2 grenzüberschreitende Verfahren mit Bezug zu internationalem Insolvenzrecht übertragen bekommen zu haben. Die Entfernung zum Insolvenzgericht gab er mit 73 km, die Fahrtzeit mit ca. 49 min. an.
Mit Schreiben vom 29.10.2007, unterzeichnet von allen Insolvenzrichtern des Amtsgerichts E, dem Antragsteller zugegangen am 09.11.2007, teilte das „Amtsgericht E – Insolvenzabteilung” dem Antragsteller mit, dass er derzeit nicht in die Vorauswahlliste aufgenommen werden könne, weil er nicht im Bezirk des Landgerichts E ansässig sei. Hierbei handele es sich „im Interesse einer professionellen und optimalen Verfahrensabwicklung” um eine unabdingbare Voraussetzung. Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf dessen Ablichtung Bl. 21 GA Bezug genommen.
Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 07.12.2007 verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter und beantragt,
Er meint, dass eine kurzfristige persönliche Erreichbarkeit und eine ausreichende Präsenz beim Insolvenzgericht zwar grundsätzlich geeignete Kriterien für die Eignung eines Bewerbers im Sinne des § 56 Abs. 1 InsO sein könnten, dass es insoweit aber ausreichend sei, wenn er innerhalb einer Stunde das Insolvenzgericht und den Schuldner erreichen könne, insbesondere die entsprechenden Entfernungen unter 100 km lägen. In den vergangenen Jahren sei er schwerpunktmäßig mit Insolvenzverfahren im südlichen Bereich des Landgerichts N2 beauftragt worden; ein Teil dieser Bereiche grenze unmittelbar an den Landgerichtsbezirk E. Außerdem habe er in zwei mündlichen Gesprächen darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, im Falle zukünftiger Beauftragungen ein eigenes Büro in E zu eröffnen.
Die Antragsgegner beantragen,
die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen.
Sie meinen, da Mitwirkungshandlungen des Schuldners nur innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Insolvenzgerichts verlangt werden könnten und die Mitwirkungspflichten in der Praxis üblicherweise direkt beim Insolvenzgutachter oder -verwalter erfüllt würden, sollte dieser ebenfalls nicht außerhalb des Zuständigkeitsbereichs ansässig sein. Im Eröffnungsverfahren müsse der Schuldner häufig eine Vielzahl von Auskünften erteilen und von Unterlagen vorlegen, die er auch nicht einfach mit der Post schicken könne. Das Verfahren laufe daher wesentlich reibungsloser ab, wenn er jederzeit mit zumutbarem Aufwand das Büro des Insolvenzverwalters oder -gutachters aufsuchen könne. Bei einem auswärtigen Insolvenzgutachter oder -verwalter bestehe vermehrt die Gefahr mangelnder Kooperation der ohnehin häufig auskunftsunwilligen Schuldner. Eine läng...