Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 8 O 15/18)

 

Tenor

Der Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. 1. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz aus einem Kartellverstoß in Anspruch.

Die Klägerin mit Sitz in Z ist eine zentrale Einkaufs- und Dienstleistungsgesellschaft, deren Gesellschafter diverse Regionalgesellschaften sind. Diese traten der Klägerin etwaige Ansprüche gegen die Beklagten ab. Die Sitze der Regionalgesellschaften liegen über die Bundesrepublik Deutschland verteilt.

Die Europäische Kommission stellte mit Beschluss vom 19.07.2016 fest, dass sich die Beklagten, deren Sitz in Y ist, zusammen mit anderen Verkäufern von LKW zu einem Preiskartell zusammengeschlossen hatten. Gegenstand der Preisabsprache waren demnach einheitliche - nach dem Vortrag der Klägerin überhöhte - Preise, zu denen die Regionalgesellschaften der Klägerin LKW erworben haben.

Die Klägerin hat Klage zum Landgericht Dortmund erhoben. Die Zuständigkeit ergebe sich aus §§ 32 ZPO in Verbindung mit § 89 GWB und § 1 der VO vom 30.08.2011 (GV NRW 201, 469). Da es sich um ein bundesweit tätiges Kartell gehandelt habe, sei der Erfolgsort überall in der Bundesrepublik, also auch in X, begründet. Da ein Teil der Zedenten ihren Sitz im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm hätten, sei auch kraft der Zuständigkeitsverordnung vom 30.09.2011 das Landgericht Dortmund zur Entscheidung berufen.

In der Sache verfolgt die Klägerin einen Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens 2.628.426,86 Euro nebst Zinsen.

Die Beklagten beantragen die Abweisung der Klage und rügen die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Dortmund. Die spätere Abtretung der Ansprüche sei ohne Einfluss auf die Bestimmung des Erfolgsortes einer unerlaubten Handlung. Das Landgericht Dortmund sei daher jedenfalls für die geltend gemachten Ansprüche derjenigen Zedenten, die ihren Sitz nicht im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm haben, unzuständig.

Mit Beschluss vom 10.02.201 hat das Landgericht Dortmund darauf hingewiesen, dass es sich für die Ansprüche derjenigen Zedenten, die ihren Sitz nicht im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm haben, nicht für zuständig befindet. Auch in einem Fall wie dem vorliegenden mit divergierender Gerichtsstände für mehrere Kläger (oder Zedenten), sei indes das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO eröffnet.

Die Klägerin beantragt, das Verfahren zur Bestimmung der Zuständigkeit nach § 36 ZPO zu eröffnen.

Die Beklagte beantragt, den Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung als unzulässig zurückzuweisen.

Sie meint, ein solches Verfahren sei jedenfalls dann nicht eröffnet, wenn wie vorliegend, ein gemeinsamer Gerichtsstand für alle Kläger oder Zedenten am Sitz der Beklagten bestanden habe.

Mit Beschluss vom 10.06.2021 legt das Landgericht Dortmund das Verfahren zur Gerichtsstandsbestimmung vor und vertieft seine Argumentation aus dem Hinweisbeschluss vom 10.02.2021.

2. Der Senat hat den Parteien mit Verfügung vom 02.08.2021 Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

Die Beklagte hat an ihrer Meinung festgehalten, dass der Bestimmungsantrag unzulässig sei.

II. Der Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung der Klägerin ist unzulässig.

Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift wird das zuständige Gericht durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.

1. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts kommt über den Wortlaut der Vorschrift ("verklagt werden sollen") hinaus auch noch in Betracht, wenn gegen alle Beklagten bereits eine Klage erhoben worden ist (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 27.11.2018 - X ARZ 321/18 - NJW-RR 2019, 238, 239, Rn. 10: Schultzky, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 36 Rn. 26, jew. m. w. N.).

2. Die Beklagten sollen als Streitgenossen gem. §§ 59, 60 ZPO in Anspruch genommen werden.

Dafür ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Klage auf einem im Wesentlichen einheitlichen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruht. Die Identität eines präjudiziellen Rechtsverhältnisses reicht dafür aus, insbesondere die Gläubiger- oder Schuldnerstellung aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis (Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 60 Rn. 6). Die Vorschriften der §§ 59, 60 ZPO beruhen auf Zweckmäßigkeitserwägungen und sind grundsätzlich weit auszulegen. Dies erlaubt es, auch ohne Identität oder Gleichheit des tatsächlichen oder rechtlichen Grundes der geltend zu machenden Ansprüche Streitgenossenschaft zu bejahen, wenn die Ansprüche auf der Beklagtenseite in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt (vgl. Zöller/Althammer, a.a.O., ...

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