Verfahrensgang
LG Bielefeld (Entscheidung vom 27.09.2010; Aktenzeichen 4 O 242/10) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 27.09.2010 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A.
Die Klägerin ist Zahnärztin. In ihrer Dissertation aus dem Jahre 1987 zum Thema "Die Auswirkungen von Pulverstrahlgeräten zur Zahnreinigung auf die Oberfläche von Zahnschmelz und Gingiva, eine klinisch-experimentelle Untersuchung am Beispiel des Pulverstrahlgerätes Air-Flow der Firma F, die sie während einer Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Zahnmedizinischen Klinik der RWTH B erstellte, finden sich (auf Seite 58) die folgenden Fotografien, die den Zustand von Zähnen vor und nach einer Zahnreinigung zeigen:
Die Fotografien fanden anschließend auch Verwendung in Verkaufsprospekten der Firma T GmbH (im Folgenden nur noch: Fa T), die für Zahnreinigungen u.a. das untersuchte Pulverstrahlgerät "Air-Flow" vertreibt. Die Klägerin wurde dort zumindest bis zum Jahr 1999 als Urheberin dieser Aufnahmen benannt ("Fotos M.K. C-I").
Der Beklagte ist ebenfalls Zahnarzt und betreibt unter der Domain "Internetadresse" eine Webseite, auf der auch diese beiden Fotografien genutzt wurden, um für eine professionelle Zahnreinigung zu werben. Seine Internetseiten wurden erstellt und betreut von der Fa. N GmbH (im Folgenden nur: Fa. E), die von einer Vielzahl von Zahnärzten entsprechend beauftragt war und diese Fotos entsprechend eingestellt hatte. Zahlreiche andere Zahnärzte hatten die streitgegenständlichen Lichtbilder so ebenfalls auf ihren Internetseiten.
Auf eine Abmahnung der Klägerin vom 21.10.2009 gab der Beklagte hinsichtlich der Nutzung der Bilder eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, erteilte jedoch keine Auskunft über den Umfang der Nutzung der Bilder und erkannte auch geltend gemachte Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht an.
Neben dem Beklagten mahnte die Klägerin mehr als 100 Zahnärzte wegen der Verwendung der Bilder auf ihren Homepages mit im Wesentlichen gleichlautenden Abmahnschreiben ab.
Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei Urheberin der beiden im Urteilstenor genannten Fotografien. Sie habe diese im Vorfeld ihrer Dissertation persönlich angefertigt. Das gezeigte Gebiss habe einer Patientin I gehört. Diese könne sich ihrerseits noch recht gut daran erinnern, dass sie zeitaufwendig und umständlich und allein von ihr, der Klägerin, gemacht worden seien. Aufgrund des Urhebervermerks in den Prospekten der Firma T streite für ihre Urheberschaft an den Aufnahmen überdies die Vermutungsregel des § 10 UrhG. Der Beklagte sei nach §§ 97, 72 UrhG zum Schadensersatz verpflichtet, den sie indes nicht ohne konkrete Angaben zu Umfang und Dauer der widerrechtlichen Verwendung ihrer Fotografien beziffern könne.
Die Klägerin hat - nach teilweiser übereinstimmender Erledigung in Bezug auf andere Werbemedien (s. Prot. v. 27.09.2010) - beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, ihr Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang er die beiden nachfolgenden Lichtbildaufnahmen
nach Art und Verbreitungsgrad verwendet hat, insbesondere unter Angabe, wie lange sie zu Werbezwecken im Internet genutzt wurden; 2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr Schadensersatz, der sich anhand der Auskunft Ziffer 1 ergibt, zu zahlen; 3. den Beklagten zu verurteilen, ihr vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 661,16 € zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat gemeint, die Rechte an den fraglichen Fotografien stünden nach § 43 UrhG selbst dann der RWTH B zu, wenn sie von der Klägerin selbst gefertigt worden seien. Zum normalen Tätigkeitsbereich der an einer Hochschule beschäftigten Zahnärzte gehöre gerade auch die bildliche Dokumentation ihrer Arbeit. Ihn, den Beklagten, treffe an einer etwaigen Urheberrechtsverletzung aber auch kein Verschulden. Er habe seine Internetseite von einem hierauf spezialisierten Unternehmen erstellen lassen und sich deshalb darauf verlassen dürfen, dass dadurch keine Rechte Dritter verletzt würden. Die Art und Weise, wie die Klägerin ihre vermeintlichen Rechte verteidige, erfülle alsdann alle Voraussetzungen einer rechtswidrigen Massenabmahnung. Ihre Prozessbevollmächtigten hätten den vielfältigen Abmahnschreiben keine Originalvollmacht beigefügt und für eine Vielzahl von Abmahnungen gleichlautende Aktenzeichen verwendet. Für ihre gleichlautenden Abmahnschreiben hätten sie zudem einen einzigen Standardtext benutzt. Zusammen mit der unnötigen Einschaltung eines Rechtsanwaltes für die über 100 Abmahnungen habe die Klägerin ein ausschließliches Kostenbelastungsinteresse deutlich gemacht, wobei sie auch vollkommenden überhöhte Lizenzforderungen gestellt habe.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, wobei es nur in Bezug auf den Antrag zu 3) auf Freistellung statt auf Zahlung erkannt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Klägerin habe gegen ...