Leitsatz (amtlich)
1. Zur Werbung für "Bach-Blütenprodukte" mit Verweisen auf die Gesundheit oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden iSd Art. 10 Abs. 3 HCVO.
2. Der Gesundheitsbegriff der HCVO umfasst auch das seelische Gleichgewicht (Anschluss an BGH, WRP 2014; 1184).
3. Art. 10 Abs. 3 HCVO ist bereits anwendbar, und zwar auch auf so genannte "Botanicals", auch wenn die Listen zugelassener gesundheitsbezogener Angaben nach Art. 13 oder 14 HCVO noch nicht vollständig erstellt sind.
Normenkette
UWG § 8 Abs. 1 S. 1, § 4 Nr. 11; HCVO Art. 10 Abs. 3, Art. 13-14, 28-29
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 27.08.2013; Aktenzeichen 15 O 59/13) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 27.8.2013 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des LG Bielefeld wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es unter Ziffer I.1. der Urteilsformel des angefochtenen Urteils statt "aus fünf Originalessenzen" richtig lauten muss: "aus fünf Original Bach®-Blütenessenzen".
Die Kosten des Berufungsverfahrens - mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten - trägt der Beklagte. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten trägt die Nebenintervenientin.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,00 EUR abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger ist ein Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, hierbei insbesondere die Sorge dafür, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden.
Die dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beigetretene Nebenintervenientin fungiert als deutsche Vertriebsgesellschaft für die von der britischen "Bach Flower Remedies Ltd." hergestellten "Original Bach-Blütenprodukte". Die so genannten "Bach-Blütenprodukte" wurden nach den Angaben der Nebenintervenientin in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts von dem Briten Edward Bach aus den Blüten wild wachsender Pflanzen und Bäume entwickelt. Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um eine aus 38 verschiedenen "Blütenessenzen", die in einzelnen Fläschchen verkauft werden, bestehende Produktserie sowie eine fertige Mischung aus fünf verschiedenen "Blütenessenzen", die unter der Bezeichnung "RESCUE®" angeboten wird.
Der Beklagte betreibt in S-X eine Apotheke sowie eine Versandapotheke. Als Versandhändler beliefert er (jedenfalls auch) Verbraucher. Zu seinem Sortiment gehören u.a. Bach-Blütenprodukte aus dem Angebot der Nebenintervenientin.
Im November 2012 versandte der Beklagte an Kunden seiner Versandapotheke ein mit der Überschrift "Der Winter kann kommen!" versehenes Werberundschreiben (Anlage K1 zur Klageschrift), in dem er u.a. für Bach-Blütenprodukte warb. Diese Werbung wird in dem Rundschreiben zunächst mit folgendem Text eingeleitet:
"Bach®-Blüten
Gelassen und stark durch den Tag
RESCUE® - Die Original Bach®-Blütenmischung!
Der Engländer Edward Bach konzipierte die bekannte Original RESCUE®-Mischung aus fünf Original Bach®-Blütenessenzen in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Original RESCUE® wird heute von Verbrauchern in über 45 Ländern in emotional aufregenden Situationen wie z.B. einer Flugreise, einer Prüfung, einem Zahnarzttermin oder Herausforderungen im Alltag verwendet."
Unter diesem Text folgt - wiederum untereinander - die Darstellung mehrerer konkreter Einzelprodukte bzw. Produktsets. Zunächst findet sich das Angebot für ein Produktset, bestehend aus "Original RESCUE® Tropfen, 20 ml, PZN: 0018230, in der traditionellen Pipettenflasche" und einer "Original RESCUE® Creme, 30g" (Tubenverpackung). Zu den Tropfen heißt es in dem Angebot: "(...) wird gerne in emotional aufregenden Situationen, z.B. im Job, verwendet. Alkoholgehalt 27 % vol."
Die Werbung schließt ab mit folgendem Angebot:
"Bach®-Blüten Einzelessenzen, Nr. 1-38, je 20 ml ORIGINAL BACH®-BLÜTENESSENZEN, je 20 ml können uns unterstützen, emotionalen Herausforderungen zu begegnen - einzeln verwendbar oder für eine eigene Mischung. Alkoholgehalt 27 % vol."
Neben diesem Angebot sind drei Pipettenfläschchen abgebildet, auf deren Etiketten u.a. die Worte "Chicory", "Holly" bzw. "Olive" zu lesen sind. Die Werbung des Beklagten ging auf ihm von der Nebenintervenientin zur Verfügung gestellte Werbemittel und Werbevorlagen zurück.
Der Kläger mahnte den Beklagten wegen des Inhaltes des vorerwähnten Werberundschreibens mit Schreiben vom 4.12.2012 (Anlage K2) ab. Der Beklagte nahm hierzu mit Schriftsatz seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 13.12.2012 (Anlage K3) Stellung.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Werbung des Beklagten sei irreführend im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LFGB, weil den - als Lebensmittel anzusehenden - Bach-Blütenessenzen Wirkungen beigelegt würden, die ihnen nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukämen oder die zum...