Leitsatz (amtlich)
Der Schaden, der durch die Sicherheitsleistung gemäß § 709 Satz 1 ZPO abgedeckt werden soll, ist in Höhe der Bauhandwerkersicherheitsleistung nach § 648a BGB (in der Fassung vom 23.10.2008) nebst zusätzlich rund 10% (Kostenzuschlag und mögliche weitere Vollstreckungsschäden) zu bemessen.
Normenkette
BGB § 648a Fassung: 2008-10-23; ZPO § 709 S. 1, § 717 Abs. 2, § 718 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 8 O 55/18) |
Tenor
Auf den Antrag der Beklagten vom 02.11.2018 wird das am 06.09.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Arnsberg hinsichtlich der Vollstreckbarkeitsentscheidung wie folgt abgeändert:
Das Urteil ist bezüglich der Stellung der Sicherheit gemäß § 648a BGB (a.F.) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 45.700 EUR, hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Kostenentscheidung bleibt der die Instanz abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Tatbestand
Gegenstand des Teilurteils ist der Antrag nach § 718 Abs. 1 ZPO, vorab über die vorläufige Vollstreckbarkeit zu entscheiden.
Das Landgericht hat mit am 06.09.2018 verkündetem Urteil die Beklagte verurteilt, der Klägerin für Vergütungsansprüche einschließlich der dazugehörigen Nebenforderungen aus dem Bauvertrag vom 29.06.2016 für das Bauvorhaben "Neubau S ..., T ..., ...-N-F" Sicherheit nach ihrer Wahl durch die in § 232 BGB aufgeführten Arten der Sicherheitsleistung in Höhe von 41.467,58 EUR zu leisten. Es hat das Urteil gegen Sicherheitsleistung hinsichtlich der Hauptsacheentscheidung in Höhe von 2.000,00 EUR und hinsichtlich der Kostenentscheidung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages für vorläufig vollstreckbar erklärt.
In Bezug auf die vorläufige Vollstreckbarkeit hat es ausgeführt, dies beruhe auf § 709 ZPO, wobei sich die Höhe hinsichtlich der Hauptsacheverurteilung nach der Regelung des § 717 Abs. 2 ZPO richte und die Folgen einer möglichen Abänderung des Urteils berücksichtige. Nach der Regelung des § 648a Abs. 3 S. 1 BGB (a.F.) gehe der Gesetzgeber von "üblichen Kosten der Sicherheitsleistung" bis zu einem Satz von 2 % für das Jahr aus. Die Kammer habe den Betrag auf 5 % des ausgeurteilten Sicherheitsbetrages erhöht.
Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Berufung ist innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden.
Die Beklagte wendet sich vorab gegen den Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit.
Dazu führt sie aus, das Landgericht habe die Höhe der Sicherheitsleistung fehlerhaft festgesetzt. Die Sicherheitsleistung müsse vollständig den Schaden decken, den der Vollstreckungsschuldner im Falle der Abänderung des Urteils bei zwischenzeitlich erfolgter Vollstreckung erleiden würde. Der Schaden erstrecke sich auf die Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Rückgabe von allem, was der Vollstreckungsschuldner gezahlt oder geleistet habe. Vorliegend beliefe sich der Schaden im Falle der Vollstreckung zunächst auf mindestens den ausgeurteilten Betrag, da das Vermögen der Beklagten in diesem Umfang gemindert sei. Werde das Urteil im Berufungsverfahren aufgehoben und sollte die vollstreckte Bauhandwerkersicherheit nicht mehr vorhanden oder die Freigabe praktisch nicht mehr durchsetzbar sein, sei der Schaden endgültig entstanden. § 648a Abs. 3 S. 1 BGB (a.F.) regele nur die Kostentragung der Sicherheitsleistung beim Besteller, die der Unternehmer zu erstatten habe. Die Sicherheitsleistung hätte auf mindestens 45.700 EUR (41.467,58 EUR + 10 %) festgesetzt werden müssen.
Die Klägerin verteidigt die ausgesprochene Höhe der Sicherheitsleistung.
Entscheidungsgründe
I. Der Antrag auf Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 718 Abs. 1 ZPO ist zulässig.
Der Antrag ist statthaft, da ein Urteil vorliegt, das für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde, und das Urteil mit der Berufung angefochten wurde (vgl. Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 718 ZPO, Rn. 1). Die Berufung ist zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet wurde.
Es liegt auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vor. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht, solange die Zwangsvollstreckung noch nicht beendet ist (vgl. MüKoZPO/Götz, 5. Aufl. 2016, § 718 ZPO, Rn. 3 m.w.N.). Die Klägerin hat die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils beantragt und die vollstreckbare Ausfertigung wurde erteilt.
II. Der Antrag ist auch begründet.
1. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Hauptsacheentscheidung richtet sich - wie das Landgericht zutreffend zugrunde legt - nach § 709 S. 1 ZPO, da keine Geldforderung zu vollstrecken ist.
Bei der Ermittlung der Höhe der auszusprechenden Sicherheitsleistung nach § 709 S. 1 ZPO ist die Regelung des § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO zu beachten. Danach ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden is...