Leitsatz (amtlich)
Zur Unterhaltsberechnung nach der neuen Mangelfallrechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 22.1.2003 – XII ZR 2/00, BGHReport 2003, 379 = MDR 2003, 573).
Normenkette
BGB §§ 1578, 1601
Verfahrensgang
AG Hamm (Urteil vom 23.01.2002; Aktenzeichen 3 F 164/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 23.1.2002 verkündete Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des AG Hamm teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger wie folgt Kindesunterhalt zu zahlen:
a) für die Zeit von Januar bis März 2001 monatlich 201,50 Euro;
b) für die Zeit von April bis Juni 2001 monatlich 186,25 Euro;
c) für die Zeit von Juli bis Dezember 2001 monatlich 177,25 Euro;
d) für die Zeit von Januar bis April 2002 monatlich 177,52 Euro;
e) für die Zeit von Mai bis Dezember 2002 monatlich 126,50 Euro;
f) für Januar und Februar 2003 monatlich 111,50 Euro;
g) ab März 2003 monatlich 149,00 Euro.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden dem Kläger zu 1/5 und dem Beklagten zu 4/5 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger, geboren am 15.4.1993, stammt aus der geschiedenen ersten Ehe des Beklagten. Das Sorgerecht steht seiner Mutter zu, in deren Haushalt er bis zum 16.9.2001 aufgewachsen ist. Seitdem wird er im Rahmen freiwilliger Erziehungshilfe in einem Heim betreut, lebt aber an den Wochenenden und in den Ferien weiterhin bei der Mutter.
Der Beklagte hat nach der Scheidung erneut geheiratet. Aus dieser Ehe sind zwei weitere Kinder hervorgegangen, S., geboren am … 1997, und J., geboren am … 1999. Im Dezember 2002 hat er sich auch von seiner zweiten Ehefrau getrennt. Er betrachtet die Trennung als endgültig.
Außerdem ist er der nichtehelichen Tochter J., geboren am … 1989, unterhaltspflichtig. Deren Unterhaltsanspruch ist auf der Grundlage des Regelbetrages von 431 DM durch Anerkenntnisurteil vom 8.2.2001 mit monatlich 218 DM tituliert worden.
Der Beklagte ist nach der Scheidung zunächst nicht auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen worden, weil er leistungsunfähig war. Da er inzwischen aber regelmäßige Einkünfte aus einer Tätigkeit als Kraftfahrer erzielt, hat der Kläger ab dem 1.1.2001 Kindesunterhalt geltend gemacht. Er hat den durchschnittlichen Verdienst des Beklagten mit 3.763 DM beziffert und – entspr. der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das AG – beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn wie folgt Kindesunterhalt zu zahlen:
a) für die Zeit von Januar bis März 2001 monatlich 447,00 DM;
b) für die Zeit von April bis Juni 2001 monatlich 390,00 DM;
c) für die Zeit von Juli bis Dezember 2001 monatlich 380,00 DM;
d) ab Januar 2002 monatlich 194,29 Euro.
Der Beklagte hat für die Zeit von Januar bis März 2001 monatlich 210 DM anerkannt, für die Zeit von April bis Oktober monatlich 120 DM und ab Oktober 2001 monatlich 110 DM. Im Übrigen hat er beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, er könne nicht mehr als die anerkannten Beträge zahlen, weil er Fahrtkosten von monatlich 840 DM und Kredite für notwendige Anschaffungen abzuzahlen habe, u.a. für den beruflich genutzten Pkw.
Das AG hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben. Es ist von einem Einkommen von 3.642 DM ausgegangen (3.488 DM + 154,17 DM anteilige Steuererstattung) und hat Fahrtkosten mangels genauerer Darlegung nur i.H.v. 100 DM in Abzug gebracht. Die Kreditraten hat es mit der Begründung unberücksichtigt gelassen, der Beklagte habe sich angesichts seiner Unterhaltspflichten nicht verschulden dürfen. Auf der Grundlage eines bereinigten Einkommens von 3.542 DM hat es unter Berücksichtigung der weiteren Unterhaltsverpflichtungen des Beklagten eine Mangelverteilung vorgenommen und folgende Unterhaltsansprüche des Beklagten errechnet:
01/01 bis 03/01: monatlich 431 DM = 220,73 Euro
04/01 bis 06/01: monatlich 364,28 DM = 186,25 Euro
07/01 bis 12/01: monatlich 346,68 DM = 177,25 Euro
ab Januar 2002: monatlich 177,52 Euro.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Auf seinen Einwand, der Kläger sei seit September 2001 in einem Heim untergebracht, weshalb die seit diesem Zeitpunkt fällig geworden Unterhaltsansprüche auf die Stadt H. als Träger der Unterbringungsmaßnahme übergegangen seien, hat dieser eine Rückabtretungserklärung der Stadt vorgelegt. Im Übrigen will der Beklagte die Herabsetzung der titulierten auf die anerkannten Beträge erreichen. Er meint, ihm sei ein Teil seines Einkommens anrechungsfrei zu belassen, da er pro Monat 256 Stunden, und damit überobligatorisch arbeite. Auch unter Berücksichtigung der Belange des Klägers seien bei der Anspruchsberechnung die tatsächlich anfallenden Fahrtkosten mit monatlich jedenfalls 500 DM zu berücksichtigen. Er arbeite an 25 Tagen pro Monat. Die einfache Fahrtstrecke betrage rund 50 km. Nur in der Vergangenheit sei er vielleicht 2–3-mal pro Monat mit dem Lkw seines Arbeitgebers nach Hause gefahren, so dass er Fahrtkosten ei...