Leitsatz (amtlich)
1. Die Veräußerung von Audiodateien (Hörbücher) über das Internet in der Weise, dass einem Kunden die Möglichkeit geboten wird, die entsprechende(n) Datei(en) herunterzuladen und lokal auf einem eigenen Datenträger zu speichern, verwirklicht nicht den Tatbestand des "Verbreitens" i.S.v. § 17 UrhG.
2. Eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts i.S.v. § 17 Abs. 2 UrhG an der Datei, die Audiodateien (Hörbücher) enthält, bzw. an ihrer Kopie, tritt nicht dadurch ein, dass einem Kunden die Möglichkeit geboten wird, die entsprechende(n) Datei(en) herunterzuladen und lokal auf einem eigenen Datenträger zu speichern und der Kunde von dieser Möglichkeit Gebrauch macht.
3. Eine analoge Anwendung von § 17 Abs. 2 UrhG auf Fälle, bei denen die Veräußerung von Audiodateien (Hörbücher) über das Internet in der Weise erfolgt, dass einem Kunden die Möglichkeit geboten wird, die entsprechende(n) Datei(en) herunterzuladen und lokal auf einem eigenen Datenträger zu speichern, kommt nicht in Betracht.
4. Die Rechtsprechung des EuGH (C-128/11, Urteil v. 3.7.2012) und des BGH (I ZR 129/08, Urteil vom 17.7.2013) zu Computerprogrammen, die ohne Zurverfügungstellung eines physikalischen Datenträgers auf die Weise veräußert werden, dass einem Kunden die Möglichkeit geboten wird, die entsprechende(n) Datei(en) über das Internet herunterzuladen und lokal auf einem eigenen Datenträger zu speichern, ist weder direkt noch in ihren Grundsätzen auf ähnliche Angebote über Audiodateien (Hörbücher) anzuwenden.
5. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Anbieters, der Audiodateien (Hörbücher) in der Weise anbietet, dass einem Kunden die Möglichkeit geboten wird, die entsprechende(n) Datei(en) über das Internet herunterzuladen und lokal auf einem eigenen Datenträger zu speichern, sind von Rechts wegen nicht zu beanstanden
a. die Formulierung:
"Im Rahmen dieses Angebots erwirbt der Kunde das einfache, nicht übertragbare Recht, die angebotenen Titel zum ausschließlich persönlichen Gebrauch gemäß Urheberrechtsgesetz in der jeweils angebotenen Art und Weise zu nutzen."
b. die Formulierung, die dem Kunden untersagt, die Datei(en)
"für Dritte zu kopieren"
"weiterzuverkaufen"
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 05.03.2013; Aktenzeichen 4 O 191/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 5.3.2013 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleitung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein mit Sitz in C, dessen satzungsgemäßer Zweck es ist, "Verbraucherinteressen wahrzunehmen, den Verbraucherschutz zu fördern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen." Im Rahmen dieser Aufgabe macht er u.a. Ansprüche auf Unterlassung nach §§ 1, 2 UKlaG geltend. Er ist seit dem 16.7.2002 unter der Reg.-Nr. II B 5 VZBV e.V. in die jetzt beim Bundesjustizamt geführte Liste nach § 4 UKlaG qualifizierter Einrichtungen eingetragen, die gem. § 3 UKlaG diese Unterlassungsansprüche geltend machen können.
Die Beklagte ist ein Online-Versandhandel, der über das Internetportal buch. de Literaturwerke in herkömmlicher gedruckter Form, als Ebooks in aufbereiteter digitalisierter Textform oder als sog. Hörbücher in vorgelesener gesprochener oder in als Hörspiel aufbereiteter Form anbietet. Die digitalen Produkte - Ebooks und Hörbücher - wiederum werden sowohl in verkörperter Form auf physischen Datenträgern angeboten als auch in der Weise, dass dem jeweiligen Kunden die Möglichkeit geboten wird, sich die Datei(en) über das Internet herunterzuladen und auf einem eigenen physischen Datenträger nach eigener Wahl lokal zu speichern.
Streitgegenständlich sind hier nur die vorgenannten Hörbücher, bei denen dem jeweiligen Konsumenten der Inhalt des Werks akustisch vermittelt wird, und auch nur deren Vertriebsform als sog. "Download", als dem Herunterladen einer Kopie der gesamten Originaldatei(en), dies also in Abgrenzung zum sog. "Streaming".
In den bei Einleitung des vorliegenden Rechtsstreits verwendeten, hier streitgegenständlichen AGB der Beklagten Stand August 2009 heißt es dazu u.a. wie folgt:
"§ 10 E-Books, Hörbuch-Downloads, Zeitschriftenshop
...
(3) Im Rahmen dieses Angebotes erwirbt der Kunde das einfache, nicht übertragbare Recht, die angebotenen Titel zum ausschließlich persönlichen Gebrauch gemäß Urheberrechtsgesetz in der jeweils angebotenen Art und Weise zu nutzen. Es ist nicht gestattet, die Downloads in irgendeiner Weise inhaltlich und redaktionell zu ändern oder geänderte Versionen zu benutzen, sie für Dritte zu kopieren, öffentlich zugänglich zu machen bzw. weiterzuleiten, im Internet oder in andere Netzwerke entgeltlich oder unentgeltlich einzustellen, sie nachzuahmen, weiterzuverkaufen oder für kommerzielle Zwecke zu nutzen."
Die Parteien streiten im vorliegenden UKlaG-Ver...