Leitsatz (amtlich)
Es stellt einen Hygienemangel dar, wenn ein Krankenhauspfleger eine Abszedierung an der Hand einer Patientin eröffnet und dabei Handschuhe trägt, mit denen er zuvor die Türklinke des Krankenzimmers berührt hatte. Der Hygienemangel kann nur als einfacher und nicht als grober Behandlungsfehler zu bewerten sein.
Normenkette
BGB §§ 280, 611, 823
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 18.12.2014; Aktenzeichen 4 O 195/12) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 18.12.2014 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die 1956 geborene Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld, Schadensersatz sowie Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht in Anspruch im Zusammenhang mit einer ärztlichen Behandlung im Hause der Beklagten zu 2. vom 29.12.2011 bis zum 06.01.2012.
Die Klägerin litt bereits seit längerem unter Beschwerden in den Bereichen der Hals-, Brust-und Lendenwirbelsäule. Im November 2011 stellte sich bei ihrem behandelnden Orthopäden, Dr. I3, wegen Beschwerden sowohl in der Halswirbel- als auch der Lendenwirbelsäule ohne neurologische Ausfälle vor. Am 28.12.2011 begab sie sich wegen einer am 25.12.2011 erlittenen Blockade im Rücken in die ambulante Behandlung des Orthopäden Dr. C, welche der Klägerin eine schmerzstillende Spritze wirbelsäulennah in die linke Hüfte gab. Zudem verordnete er der Klägerin ein oral einzunehmendes Schmerzmittel. In der Folge verschlimmerten sich die Schmerzen jedoch so sehr, dass die Klägerin am 29.12.2011 per Notarzt in das Krankenhaus der Beklagten zu 2. eingewiesen und auf der orthopädischen Abteilung, deren Chefarzt der Beklagte zu 1. ist, aufgenommen wurde. Die bei der Aufnahme erhobenen Laborwerte zeigten eine deutliche Erhöhung des CRP-Wertes auf 7,1 mg/dl und eine Leukozytose von 11,3.
Die Klägerin erhielt über einen Venenverweilkatheter auf dem linken Handrücken einen Schmerztropf. Da die Orthopädie bis zum 2.1.2012 geschlossen hatte, wurde sie zunächst auf die Innere Station verlegt. Am 30.12.2011 erfolgte eine Kernspinuntersuchung der Wirbelsäule in der Praxis Dr. V, die keine Anhaltspunkte für eine Abszedierung oder für eine Einschmelzung erbrachte. Am 2.1.2012 wurde die Klägerin auf die orthopädische Station verlegt. Die Schmerzmittelgabe erfolgte ab diesem Zeitpunkt oral. Da die Klägerin über Beschwerden am linken Unterarm im Bereich der Venenverweilkanüle klagte, wurde diese durch die Zeugin N am 2.1.2012 entfernt, wobei die genauen Umstände zwischen den Parteien streitig sind. Am 3.1.2012 zeigte sich im Bereich der Einstichstelle des Venenverweilkatheters eine Rötung und es wurde die Diagnose einer Thrombophlebitis gestellt. Diese wurde mit einem entzündungshemmenden Furacin-Salbenverband und Heparineinreibung behandelt. Am folgenden Tag zeigte sich eine Verschlechterung des Lokalbefundes an der linken Hand. An der Einstichstelle hatte sich eine kleine Absezdierung gebildet. Daraufhin ordnete der Beklagte zu 1. eine Antibiosen mit dem Medikament Cefuroxim 500, eine Fortsetzung der Behandlung mit einem Salbenverband sowie eine Eröffnung der Abszedierung durch das Pflegepersonal an. Die Eröffnung der Abszedierung erfolgte einige Zeit später durch den Stationsleiter, den Pfleger Herrn Q, wobei die Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind. Am Nachmittag war die Temperatur der Klägerin erhöht, der CRP-Wert betrug 19,0 und der Leukozytenwert 14,9. Am folgenden Tag wurde die Behandlung mittels Salbenverband und Antibiose fortgesetzt, der CRP Wert war auf 14,6 gefallen, der Leukozytenwert lag bei 16,2.
Am Entlassungstag, Freitag der 6.1.2012, wurden Fotografien in der linken Hand gefertigt, die eine Ausdehnung der Phlebitis auf ca. 3-4 cm zeigen. Im Entlassungsbericht ist u.a. die Diagnose einer Phlebitis des linken Unterarmes angeführt und insoweit als Entlassungsbefund angegeben: "Rückläufige Rötung und Schwellung UA links." Als Therapieempfehlung wird eine Laborkontrolle und ggf. Weiterführung und Anpassung der antibiotischen Therapie ausgesprochen, wobei als letzte Medikation u.a. Cefuroxim 500 1- 0 - 1 aufgeführt ist. Der Klägerin wurde bei
der Entlassung das Antibiotikum Cefuroxim mitgegeben, welches sie jedenfalls bis zum 10.1.2012 weiter einnahm.
Am Sonntag, 8.1.2012, stellt sich die Klägerin wegen ihrer Beschwerden an der linken Hand im St. K-Hospital E vor, wo der Befund einer ca. 4 cm langen Rötung mit leichter Druckdolenz am linken Handgelenk ohne Eiter und ohne Hinweis auf ein Abszess erhoben und die Diagnose einer Thrombophlebitis nach Viggo an der linken Hand gestellt wurde. Es wurde ein neuer Salbenverband angelegt und der Klägerin die Fortführung der...