Leitsatz (amtlich)
1. Nach den Umständen des Einzelfalls kann die bei tatsächlichen Feststellungen zu § 444 BGB im Regelfall gebotene Anhörung der Parteien nach § 141 ZPO zu der richterlichen Überzeugung führen, dass die Verkäuferseite die Käufer über einen Sachmangel arglistig nicht aufgeklärt hat.
2. Bei einer Beweisaufnahme zu einem Anspruchsteil mit Teilerfolg können die Beweiskosten selbstständig ausgequotelt werden.
Normenkette
BGB §§ 434, 437, 444; ZPO §§ 92, 141, 286
Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 3 O 126/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 29.09.2021 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn (Az. 3 O 126/21) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 8.945,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 260,- EUR seit dem 13.02.2021 sowie aus einem Betrag in Höhe von 8.685,95 EUR seit dem 26.05.2021 zu zahlen.
Die Beklagten werden darüber hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 90,96 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz tragen die Kläger zu 53 % und die Beklagten zu 47 %. Die auf die Beweisaufnahme entfallenden Kosten II. Instanz tragen die Kläger zu 3/10 und die Beklagten zu 7/10. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits II. Instanz tragen die Kläger 53 % und die Beklagten 47 %. Von den Kosten des Zwischenvergleichs tragen die Kläger 83 % und die Beklagten 17 %.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO)
Die zulässige Berufung der Kläger ist hinsichtlich der nach Abschluss des Teilvergleichs noch im Streit stehenden Schadenspositionen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Den Klägern steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Zahlung von Mangelbeseitigungskosten für die Installation einer Fußbodenheizung im Gäste-WC der streitgegenständlichen Immobilie in Höhe von netto 8.685,95 EUR aus kaufrechtlicher Gewährleistung gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281, 249 Abs. 2 BGB zu.
a) Die streitgegenständliche Immobilie war zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs am 29.11.2020 (Besitzübergang) mit einem Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 BGB a.F. behaftet.
Die Immobilie weist einen Sachmangel in Form einer enttäuschten Beschaffenheitserwartung der Kläger i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. auf. Die Kläger durften zu Recht davon ausgehen, dass auch das Gäste-WC im Erdgeschoss mit einer Fußbodenheizung ausgestattet ist.
Beschaffenheitserwartungen können gem. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB a.F. auch aus öffentlichen Äußerungen, insb. einem Maklerexposé, herrühren (vgl. BGH, Urteil v. 25.01.2019 - V ZR 38/18, Rn. 11, zit. nach juris) oder aus der tatsächlichen Nutzung der Räumlichkeiten bei der Besichtigung resultieren (vgl. BGH, Urteil v. 16.03.2012 - V ZR 18/11, Rn. 15ff., zit. nach juris).
Nach dem Maklerexposé durften die Kläger von einem in den Jahren 2009 bis 2010 "topsanierten" Wohngebäude ausgehen, dessen Wohnräume "hell und einladend" und dessen Ambiente "großzügig" ist. Hinzu kommt, dass in dem Gebäude "modernste Haustechnik wie eine Sole-Wärmepumpe, digitale Vernetzung der Wohn- und Arbeitsräume (...) realisiert" wurde.
Zwar ist die Beschreibung als "topsaniert" lediglich unspezifisch und bringt keine konkrete Beschaffenheit der streitgegenständlichen Immobilie zum Ausdruck. Dem Verständnis nach ist ein Gebäude jedoch dann als topsaniert anzusehen, wenn es durch bauliche Sanierungsmaßnahmen in einen Zustand versetzt wird, mit dem die Immobilie über eine für den Sanierungszeitpunkt deutlich gehobene Ausstattung verfügt. Dieses Verständnis des Begriffs "topsaniert" wird vorliegend zudem durch die Beschreibung untermauert, dass die Wohnräume "hell und einladend" sowie "großzügig" ausgestaltet sind und dass "modernste Haustechnik" insbesondere auch im Bereich der Beheizung des Gebäudes eingebaut wurde, was durch den Verweis auf eine Sole-Wärmepumpe zum Ausdruck kommt.
Diese berechtigte Erwartungshaltung der Kläger wird vorliegend auch durch die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten der Immobilie gestützt. So sind die übrigen Räumlichkeiten im Erdgeschoss mit einer Fußbodenheizung ausgestattet. Das streitgegenständliche Gäste-WC ist zudem mit ca. 7 qm für ein Gäste-WC großzügig dimensioniert. Zugleich handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Gäste-WC um das einzige WC im Erdgeschoss des Wohnhauses, welches ausweislich des dem Maklerexposé beigefügten Grundrisses (Blatt 26 d.A.) eine zentrale Lage im Erdgeschoss hat. Die Kläger konnten aufgrund dessen davon ausgehen, dass das WC trotz seiner Bezeichnung als "Gäste-WC" nicht nur für Gäste der Kläger sporadisch nutzbar ist, sondern so ausgestattet ist, dass es regelmäßig auch durch die H...