Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen 2 O 219/16) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 01.06.2017 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; das angefochtene Urteil ist jetzt ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Einräumung eines Notweges in Anspruch.
Die Klägerin erwarb im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens das Eigentum an den Grundstücken Gemarkung G Flur ..., Flurstücke ...5 und ...6, die mit einem Wohnhaus bebaut sind. Der Zuschlagsbeschluss wurde am 04.12.2014 verkündet. Schuldner und ehemaliger Eigentümer des klägerischen Grundstücks, dessen Beschlagnahme am 01.09.2010 erfolgte, war der Vater des Beklagten. Alle vom Beklagten und seinem Vater gegen den Zuschlagsbeschluss eingelegten Rechtsbehelfe blieben erfolglos. Der Vater des Beklagten erwarb von der Stadt N das benachbarte, 22 qm große Flurstück ...9, das zwischen dem Versteigerungsobjekt und dem öffentlichen Wegegrundstück ...0 der Stadt N liegt. Zugunsten der Nachbarflurstücke ...3 und ...8 wurden am 11.11.2013 Wegerechte zu Lasten des Flurstücks ...9 bewilligt und am 7.2.2014 im Grundbuch eingetragen. Der Beklagte erwarb mit Auflassung vom 21.11.2013 und Eintragung vom 10.2.2014 das Flurstück ...9 von seinem Vater und informierte im Rahmen des Versteigerungstermins vom 7.6.2014 die potenziellen Ersteigerer von den Eigentumsverhältnissen und der Unverkäuflichkeit seiner Parzelle. Das Versteigerungsobjekt liegt zwischen bebauten Privatgrundstücken, einem Bach und einer Bahnlinie und wurde bisher über den aus den Flurstücken ...0 und ...9 bestehenden Weg erreicht.
2016 brach der von der Klägerin beauftragte Gerichtsvollzieher die Räumung des Versteigerungsobjektes ab, weil der Beklagte den Zugang über sein Grundstück verwehrte. Mit ihrer daraufhin im Juni 2016 eingegangenen und im Juli 2016 zugestellten Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Einräumung eines Notwegs in Anspruch genommen. Während des Rechtsstreits ist das Eigentum an der Wegeparzelle ...9 durch Auflassung vom 31.5.2017 und Eintragung vom 12.9.2017 auf die C Verwaltungs-GbR, bestehend aus dem Beklagten und seinem Vater, übertragen worden; konkrete Angaben dazu sind erst in zweiter Instanz gemacht worden.
Sie hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihr den Zugang und die Zufahrt mit Kraftfahrzeugen von der Straße U-Weg über das Grundstück Gemarkung G Flur ... Flurstück ...9, Gebäude- und Freifläche U-Weg ..., 22 qm groß zu ihren Grundstücken G Flur ... Flurstücke ...5 und ...6 zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat gemeint, er sei nach der Veräußerung des Grundstücks nicht mehr passivlegitimiert. Der Zuschlagsbeschluss entfalte keine materielle Rechtskraft, da er gegen das Landesbaugesetz verstoße, wonach sogenannte eingeschlossene Grundstücke nicht versteigert werden dürften, die öffentlich-rechtlich nicht zugänglich seien. Zudem sei ein Geh- und Fahrrecht zugunsten des ersteigerten Grundstücks im Zuschlagsbeschluss nicht vermerkt worden, sodass er in seinem Recht aus Artikel 14 GG verletzt werde. Darüber hinaus habe die Sparkasse N die Zwangsversteigerung nicht mit mängelfreien notariellen Urkunden betrieben, so dass der Titel nicht hätte erteilt werden dürfen. Da der Klägerin die örtliche Situation bei Ersteigerung der Grundstücke bekannt gewesen sei, könne sie nunmehr nicht nachträglich ein Wegerecht verlangen.
Es sei auch nicht richtig, dass das klägerische Grundstück über andere Grundstücke als das des Beklagten keinen Zugang zur öffentlichen Straße habe; zum Beweis beziehe er sich auf den von der Klägerin überreichten Lageplan. Er habe das Grundstück während des Rechtsstreits aufgrund einer Vormerkung veräußert.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Der Beklagte bleibe trotz der behaupteten Veräußerung seines Grundstücks wegen der Regelung des § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO prozessführungsbefugt. Der Klägerin stehe das Notwegerecht aus § 917 Abs. 1 BGB zu; sie sei durch den Zuschlag Eigentümerin geworden. Zu einer Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses sei es bislang nicht gekommen. Dem Grundstück fehle die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg. Die Frage, ob der Zugang zum klägerischen Grundstück auch über andere Grundstücke von Nachbarn möglich sei, könne im Hinblick auf § 918 Abs. 2 BGB dahinstehen. Die Kenntnis der Klägerin von der Situation sei für die rechtliche Bewertung unerheblich.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Das Landgericht sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass die Einwendungen gegen den Zuschlagsbeschluss unerheblich seien; der Beschluss greife in schuldnerfremdes Eigentum ein. In der öffentlichen Bekanntmachung hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass das zu versteigernde Grundstück nicht öffentlich zugänglich sei. ...