Entscheidungsstichwort (Thema)
Streit über Nachtragspreise und Leistungsverweigerungsrecht
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 14.04.2010; Aktenzeichen 44 O 28/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.4.2010 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Essen (Az. 44 O 28/09) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils voll-streckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die beklagte Bauunternehmung schadensersatzpflichtig sei, weil sie beauftragte Sanierungsarbeiten nicht ausgeführt habe. Die Beklagte verlangt widerklagend Zahlung weiteren Werklohns sowie hilfsweise Schadensersatz.
Die Klägerin erstellt Industrie- und Gewerbeanlagen; die Beklagte betreibt ein Unternehmen zur Durchführung von Abbrucharbeiten und Altlastensanierung.
Die Beklagte bot der Klägerin die Durchführung von Abbrucharbeiten an insgesamt drei Bauvorhaben an, nämlich am 4.4.2008 (BI.133 f. d.A.) den Abbruch einer ehemaligen Papierfabrik in L zu einem pauschalen Werklohn von 415.000 EUR netto, am 3.6.2008 (BI.135 f. d.A.) Abbrucharbeiten auf einem Gelände an der C-Straße 43 in P zu einem pauschalen Werklohn von 165.000 EUR und schließlich am 18.6.2008 (BI.137 d.A.) Abbrucharbeiten auf einem Gelände an der L-Straße in O ("H-Gelände"). Zusätzlich sollte die Beklagte jeweils die Verwertung des anfallenden Stahlschrotts vornehmen und den Erlös behalten dürfen.
Im Hinblick auf gestiegene Stahlschrottpreise kam es letztlich unter im Einzelnen streitigen Umständen dazu, dass die Beklagte ihre ursprünglichen Angebote dahingehend modifizierte, dass die Klägerin für die Durchführung der Arbeiten überhaupt keinen Werklohn mehr zahlen, sondern dieser ausschließlich in der Befugnis zur Verwertung des anfallenden Stahlschrotts bestehen sollte. Zusätzlich bot die Beklagte der Klägerin im Hinblick auf den zu erwartenden Erlös hinsichtlich des Bauvorhabens in O unter dem 18.6.2008 eine Vergütung i.H.v. 75.000 EUR an.
In der Folgezeit nahmen der Zeuge I, ein Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge K von der Beklagten sowie ein Berater, der Zeuge E., eine Besichtigung der Gebäude auf dem "H-Gelände" vor. Hierbei ergab sich, dass die Beklagte in streitigem Umfang auch Altlasten zu beseitigen hatte. Mit Rücksicht hierauf modifizierte die Beklagte ihr Angebot vom 18.6.2008 mit Schreiben vom 27.6.2008 (BI.138 d.A.) in der Weise, dass lediglich eine Vergütung von 50.000 EUR zu zahlen sein sollte. Seinerzeit lag der Beklagten das Gutachten der Dipl.-Geologin T (Bl. 320 ff. d.A.) vom 20.6.2006 vor. Ob die Beklagte auch im Besitz eines weiteren Gutachtens der Sachverständigen zum "H-Gelände" war, ist zwischen den Parteien streitig.
Die vorgenannten drei Angebote waren sodann Gegenstand einer Vergabeverhandlung vom 8.7.2008, an welcher (zumindest) die Zeugen K, E. und I teilnahmen. Zum Inhalt der getroffenen Vereinbarungen fertigte der Zeuge I ein Verhandlungsprotokoll (Bl. 23 ff. d.A.), welches der Geschäftsführer der Beklagten nach Übersendung unterzeichnete. Dem Verhandlungsprotokoll war außerdem ein Beiblatt (Bl. 30 d.A.) beigefügt, das die von der Beklagten zu erbringenden Leistungen konkreter bezeichnete. Ob diesem Schreiben auch eine weitere Aufstellung der zu erbringenden Arbeiten ("Abbruch des Betriebsgebäudes ...", Bl. 28 f. d.A.) beigefügt war, steht im Streit.
Unstreitig hatte die Klägerin an die Beklagte letztlich für die Arbeiten an allen drei Bauvorhaben keinen Werklohn zu zahlen. Vielmehr sollte der Beklagten stattdessen das Recht zustehen, den anfallenden Stahlschrott zu verwerten. Auf wessen Initiative diese Einigung beruhte und ob die dem zugrunde liegende Kalkulationsgrundlage der Beklagten hierbei Gegenstand der Verhandlungen vom 8.7.2008 war, ist wiederum streitig.
Die Beklagte unterzeichnete am 30.7.2008 zudem einen von der Klägerin vorformulierten Nachunternehmervertrag (BI.11 ff. d.A.).
Die Beklagte führte zunächst die Arbeiten auf dem Gelände der Papierfabrik in L aus. Insoweit steht zwischen den Parteien außer Streit, dass die Beklagte für ergänzend vorgenommene Arbeiten sowie für die Bereitstellung von Baugeräten die mit der Widerklage begehrten Zahlungen gemäß den Rechnungen vom 5.11.2008 (BI.181 d.A.) über 1.610,11 EUR und vom 31.12.2008 (BI.183 d.A.) über 2.025 EUR beanspruchen kann.
Mit Schreiben vom 1.10.2008 (BI.173 d.A.) billigte die Klägerin der Beklagten für weitere Arbeiten am Bauvorhaben L ferner einen Vergütungsbetrag von 21.815 EUR zu. Die Beklagte meint insoweit, dieser Betrag sei zu gering bemessen. Mit Rechnung vom 5.11.2008 (BI.176 d.A.) beanspruchte sie deshalb Zahlung von 47.225,15 EUR. Auch diese Rechnung ist Gegenstand der Widerklage.
Arbeiten im Bauvorhaben "C-Straße 43, P"...