Leitsatz (amtlich)
Die Incoterm-Klausel "CPT" der Incoterms 2000 beinhaltet keine Vereinbarung über einen bestimmten Lieferort i.S. des Art. 5 Nr. 1 b) EuGVVO.
Verfahrensgang
LG Münster (Entscheidung vom 27.10.2011; Aktenzeichen 024 O 5/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.10.2011 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Münster aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht Münster zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin macht mit ihrer Klage Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend.
Die Klägerin ist Herstellerin von Reinigungs- und Körperpflegemitteln. Sie hat sich auf die Herstellung von Produkten im Bereich von Handelsmarken spezialisiert und beliefert mit ihren Produkten im Wesentlichen Discounter. Bei der Beklagten, die ihren Sitz in M/C hat, handelt es sich um eine Produzentin von Milchsäure.
Die Klägerin beabsichtigte, bei der Herstellung von Bad- und WC-Reinigern die bislang verwendete Ameisensäure durch Milchsäure zu ersetzen. Hintergrund war, dass Ameisensäure, um ausreichend wirksam zu sein, in einer solch hohen Konzentration verwandt werden muss, dass der kennzeichnungspflichtige Bereich für "reizend/ätzend" erreicht wird und das betreffende Reinigungsmittel einer entsprechenden Kennzeichnung bedarf. Um den hieraus resultierenden Wettbewerbsnachteil zu vermeiden, suchte die Klägerin - wie ihre Wettbewerber - nach Wegen, um eine andere organische Säure zu verwenden.
In diesem Zuge trat die Beklagte auf die Klägerin zu und bot dieser die von ihr hergestellte Milchsäure an. Die Produktpalette der Beklagten umfasst eine sog. Milchsäure technischer Qualität mit einer 88%igen Konzentration ("Galacid Industrial 88-XT") und eine sog. Milchsäure kosmetischer Qualität mit einer 88%igen und 80%igen Konzentration ("Galacid Excel 80 %" bzw. "Galacid Excel 80 %"). Die Klägerin bestellte Mitte des Jahres 2008 bei der Beklagten mehrfach Testmengen des Produkts "Galacid Industrial 88-XT", um dieses auf seine Eignung bei der Herstellung von Bad- und WC-Reinigern zu testen. Zugleich testete die Klägerin auch die von der Beklagten hergestellte Milchsäure "Galacid Excel 80%". Die Tests ergaben, dass die unter dem Einsatz von Milchsäure hergestellten Reinigungsmittel deutlich geruchsunauffälliger waren als die unter der Verwendung von Ameisensäure hergestellten Produkte, aber gleichwohl eine zufriedenstellende Wirksamkeit zeigten. Da die Milchsäure technischer Qualität deutlich preisgünstiger war als die Milchsäure kosmetischer Qualität, entschloss sich die Klägerin im Einvernehmen mit ihren Kunden, für die Herstellung von Bad- und WC-Reinigern künftig die von der Beklagten hergestellte Milchsäure technischer Qualität zu verwenden.
Ab Oktober 2008 bestellte die Klägerin bei der Beklagten auf der Basis von Lieferplankontrakten jeweils auf Abruf die von ihr benötigten Mengen Milchsäure technischer Qualität. In den Lieferplankontrakten der Klägerin hieß es jeweils: "Lieferbed.: CPT H". Die Beklagte bestätigte die Bestellungen der Klägerin regelmäßig schriftlich, wobei auf den Schreiben jeweils "Incoterm CPT" angegeben war.
Zunächst setzte die Klägerin die Milchsäure nur für die Herstellung von WC-Reinigern, ab Februar 2009 dann auch für die Produktion von Bad-Reinigern ein.
In der zweiten Juli-Hälfte des Jahres 2009 erhielt die Klägerin Kenntnis von Reklamationen von Endverbrauchern hinsichtlich des Bad-Reinigers "A". Beanstandet wurde ein sehr strenger Eigengeruch des Reinigungsmittels ähnlich einem Maggi- oder Katzenurin-Geruch. Ab Anfang September 2009 kamen Reklamationen hinsichtlich des WC-Reinigers hinzu.
Am 28.07.2009 informierte die Klägerin den für sie zuständigen Verkäufer der Beklagten fernmündlich über die Reklamationen. Mit e-mail an die Beklagte vom 29.07.2009 teilte die Klägerin mit, dass sie wegen der Geruchsauffälligkeiten fortan die Milchsäure "Galacid Excel 88" verwenden wolle. Die Beklagte erwiderte mit e-mail vom 30.07.2009, dass sie den Reklamationen nachgehen werde. In der Folgezeit belieferte die Beklagte die Klägerin mit Milchsäure kosmetischer Qualität. Probleme traten hierbei nicht mehr auf.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin wegen der aufgetretenen Geruchsprobleme und der hieraus resultierenden Unverwendbarkeit eines Teils ihrer Produkte Schadensersatz in Höhe von 38.326,22 EUR. Wegen der einzelnen Schadenspositionen wird auf die Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift Bezug genommen.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich aus Art. 5 Nr. 1 a) und b) EuGVVO. Der Erfüllungsort befinde sich am Sitz der Klägerin in H, da bei der von den Parteien verwendeten Incoterm-Klausel "CPT" die Ware vom Käufer am Bestimmungsort abzunehmen sei. Dass bei dieser Klausel die Gefahr bereits mit Übergabe der Sache an den ersten Beförderer auf den Käufer übergehe, sei für die Frage des Erfüllungsorte...