Leitsatz (amtlich)

Gemäß §§ 15a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO, 10a Abs. 1 Nr. 1e GüSchlG NRW ist die Erhebung einer Klage erst nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zulässig, soweit es sich um eine Streitigkeit über Ansprüche wegen der im Nachbarrechtsgesetz für NRW geregelten Nachbarrechte handelt. Dies ist der Fall, wenn es um Abrissarbeiten des Beklagten an einer Mauer geht, die jedenfalls vor ihrem Abriss eine Nachbarwand i.S.d. § 7 NachbG NRW darstellte.

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 13.10.2011; Aktenzeichen 2 O 271/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 13.10.2011 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Bochum wird zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks I-Straße 48 in C. Der Kläger ist Eigentümer des direkt danebengelegenen Grundstücks I-Straße 50.

Das Grundstück des Beklagten liegt etwas höher als jenes des Klägers.

Anfang des 19. Jahrhunderts war das Grundstück des Beklagten sehr weit in die Grundstückstiefe (nach Westen) bebaut worden. Dabei wurde die südliche Gebäudeabschlusswand nahezu mittig auf die Grenze zum klägerischen Grundstück I-Straße 50 gesetzt. Mitte des 19. Jahrhunderts baute der Rechtsvorgänger des Klägers an diese Giebelmauer an, allerdings nicht so weit in die Grundstückstiefe (also nach Westen) hinein, wie das Gebäude des Beklagten reichte.

Im Herbst 2006 ließ der Beklagte das auf dem Grundstück I-Straße 48 in C aufstehende Gebäude abreißen, um dort im Jahre 2007 ein neues Gebäude (Altenheim) zu errichten. Dabei ließ er die auf der Grenze stehende Mauer nicht nur in dem räumlichen Umfang und insbesondere in der Grundstückstiefe stehen, in der vom Rechtsvorgänger des Klägers auf dem Grundstück I-Straße 48 dort angebaut worden war, sondern in einer Tiefe, die streitig ist, über die rückwärtige Fassade des klägerischen Hauses hinaus, teilweise in einer Höhe bis zur Dachtraufe. Wegen der örtlichen Gegebenheiten im Einzelnen wird auf die Fotografien auf Bl. 26 (Zustand des Grenzbereiches während der Abrissarbeiten) und der Fotografien auf Bl. 34 - 37 (Zustand im Grenzbereich vor und nach dem Abriss) Bezug genommen.

Bereits im Zuge der vom Beklagten im Grenzbereich durchgeführten Arbeiten kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien. Darüber verhält sich die vom Kläger zu den Akten gereichte sog. "Objektnotiz" vom 9.6.2006, das Schreiben des Architekten des Beklagten vom 22.8.2007 und die Antwort des Klägers vom 27.8.2007 (vgl. Bl. 23 ff.).

Der Kläger hat behauptet, von dem abgerissenen Gebäude des Beklagten rage die vormals gemeinsam genutzte Giebelwand gut einen Meter über die rückwärtige Fassade seines Gebäudes hervor.

Auch im weiteren Verlauf der Grenze nach Westen habe der Beklagte das Mauerwerk nicht vollständig abgetragen, sondern es in einer Höhe von ca. 60 cm - wegen des nach hinten (Westen) zunehmend abfallenden Geländeniveaus - aufsteigend bis etwa 160 cm auf der Grundstücksgrenze stehen lassen. Die Mauerkrone sei in diesem Bereich vom Beklagten später zur Stabilisierung noch mit einem etwa 10 cm hohen Rähm aus Beton versehen worden. Damit habe sich der Beklagte eine ansonsten neu zu errichtende Abfangung der Geländeaufschüttung auf seinem Grundstück ersparen wollen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass mit Abriss des Altbaus auf dem Grundstück des Beklagten (I-Straße 48) die Privilegierung des auf sein Grundstück übergebauten Mauerwerkes als Überbau i.S.v. § 912 BGB entfallen sei. Der Beklagte habe sein Mauerwerk von seinem - des Klägers - Grundstück zu entfernen. Weder wolle er sein Grundstück dem Beklagten als Standfläche für das Restmauerwerk der ehemaligen Gebäudewand überlassen, noch irgendeine Instandhaltungslast für das Restmauerwerk übernehmen.

Der Kläger hat beantragt, das auf seinem Grundstück I-Straße 50 in C ab der rückseitigen Fassade im Hofbereich noch verbliebene Restmauerwerk der ehemaligen Bebauung des Grundstücks I-Straße 48 in C zu entfernen unter Vornahme aller in diesem Zusammenhang erforderlichen Nebenarbeiten, insbesondere Abstützung des Erdbodens des Grundstücks I-Straße 48 gegenüber dem Grundstück I-Straße 50 und Verkleidung der Sichtfläche des stehenbleibenden Giebels flächenbündig zur rückseitigen Fassade des Hauses I-Straße 50.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die vom Kläger in seinem Klageantrag verwandte Formulierung "Restmauerwerk" sei falsch, jedenfalls missverständlich. Es gebe kein Restmauerwerk, vielmehr bestehe die "Grenzwand" (gemeint ist wohl "Kommunmauer" oder "halbscheidige Giebelwand" oder "Nachbarwand") noch in ihrer vollen Länge. Mithin handele es sich bei ihr nach wie vor um eine Grenzeinrichtung i.S.v. § 921 BGB.

Zudem habe der Kläger auch nicht widersprochen, die vorhandene "Grenzwand" als Grenzeinrichtung zu erhalten. Dies habe auch seinem Interesse entsprochen, de...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge