Leitsatz (amtlich)
Der Ersteher eines mit einem dinglichen Wohnrecht belasteten Hausgrundstücks hat gegen den Wohnrechtsberechtigten aufgrund des fortbestehenden Wohnrechts auch dann keinen Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Entgelts, wenn der ursprüngliche Eigentümer das Wohnrecht gegen eine Zahlung in mietzinsähnlicher Form bewilligt hat. Die Abrede über die Zahlung des Entgelts mit dem ursprünglichen Eigentümer ist stets eine schuldrechtliche Absprache, so dass der Ersteher Ansprüche hieraus nur durch eine Abtretung erwerben kann.
Normenkette
BGB §§ 566, 1090, 1093; ZVG § 57
Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 24.08.2016; Aktenzeichen 3 O 49/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 24.8.2016 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Paderborn wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 90 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 10 % zu tragen.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe 110 % des aufgrund dieses Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Beklagten haben das Rechtsmittel der Berufung verloren, nachdem sie dieses zurückgenommen haben.
Der Kläger hat das Rechtsmittel der Berufung verloren, soweit er dieses hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zurückgenommen hat.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten nach der Zwangsversteigerung eines mit einem dinglichen Wohnrecht zu Gunsten der Beklagten zu 1 belasteten Hausgrundstücks über die Zahlung eines Entgeltes für dessen Nutzung durch die Beklagte zu 1.
Ursprünglich war der Ehemann der Beklagten zu 1, der Beklagte zu 2, Eigentümer des Hausgrundstücks mit der postalischen Anschrift "G-Straße ..., ... I". Dieses verfügt über ein Erd- und ein Obergeschoss sowie über Kellerräume und einen Garten.
Mit Bewilligung vom 15.7.1999 bestellte der Beklagte zu 2 zu Gunsten der Beklagten zu 1 ein dingliches Wohnrecht an den Räumen des Erdgeschosses und den Kellerräumen. In der Bewilligung heißt es u.a.
"[... Der Beklagte zu 2] bestellt hiermit seiner Ehefrau T geb. N, geb. ... 1951,
ein Wohnrecht an den gesamten Räumen des Erdgeschosses des Hauses I, G-Str. ... und den Kellerräumen.
Das Wohnrecht soll dinglich gesichert werden.
Demgemäß wird hiermit die Eintragung des Wohnrechts zugunsten von Frau T im vorbezeichneten Grundbuch bewilligt und beantragt.
Schuldrechtlich wird vereinbart, dass das Wohnrecht unentgeltlich ist.
Die Wohnberechtigte trägt sämtliche Nebenkosten wie Wasser, Kanal, Strom, Heizung, Müll, etc..
[...]
Das Wohnrecht erlischt mit der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils der Ehe der Eheleute M - T. [...]"
Mit notarieller Urkunde vom 23.8.1999 vereinbarten die Beklagten unter Bezugnahme auf die vorherige Bewilligung des Wohnrechts die Zahlung der ortsüblichen Miete für die Bewilligung dieses Rechts. In der Urkunde heißt es u.a.:
"[...] Schuldrechtlich haben wir vereinbart, daß das Wohnrecht unentgeltlich ist. Diese Vereinbarung heben wir hiermit auf und vereinbaren abändern[d], daß für das eingeräumte Wohnrecht die ortsübliche Miete lt. Mietspiegel der Stadt I zu zahlen ist. [...]"
Am 26.8.1999 wurde das Wohnrecht als "Befristete beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Wohnrecht)" unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 15.7.1999 in das Grundbuch (ohne Hinweis auf die Vereinbarungen über die Zahlung eines Entgelts) in Abteilung II lfd. Nr. 4 eingetragen. Unter dem 21.12.2000 unterzeichneten die Beklagten ein als Mietvertrag bezeichnetes Dokument, nach dessen Inhalt der Beklagte zu 2 das Haus einschließlich Keller und Garten an die Beklagte zu 1 zu einer Miete von 300 EUR/Monat (153,39 EUR/Monat) inklusive Nebenkosten vermietete. In § 14 des Vertrages heißt es:
"Frau T hat das uneingeschränkte Wohn- und Nutzungsrecht im Haus und Garten. Die Mietzahlung wird mit den Dienstleistungen verrechnet. Die Dienstleistungen bestehen darin, dass Frau T die Wäsche für Herrn M macht und darüber hinaus noch den Haushalt im Haus G, ... C-P führt und in Ordnung hält mind. 1 mal pro Woche.
Sollten diese Tätigkeiten eingestellt werden, so ist ab diesem Zeitpunkt die Miete bar zu entrichten. Im Falle einer Trennung oder Scheidung kommt das Kündigungsrecht von 6 Monaten für beide Seiten zum tragen."
Zahlungen leistete die Beklagte zu 1 nicht.
Durch Zuschlagbeschluss vom 28.11.2013 erwarb der Kläger das Hausgrundstück im Wege der Zwangsversteigerung. Das Wohnrecht der Beklagten zu 1 war nach den Versteigerungsbedingungen bestehengeblieben. Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.5.2014 kündigte der Kläger den Mietvertrag vom 21.12.2000 zu Ende Februar 2015 und begründete dies damit, er wolle die Wohnung im Obergeschoss des Hauses gemeinsam mit seiner Ehefrau nutzen. Zugleich kündigte er an, der Beklagten zu 1 einen neuen Mietvertrag über das Erdgeschoss anbieten ...