rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Zahnersatz eines durch einen Unfall Geschädigten ist nicht in jedem Fall auf den Leistungsumfang eines gesetzlichen Krankenversicherers beschränkt.
Zur Frage der Unverhältnismäßigkeit einer beabsichtigten Therapie (hier: Zahnimplantat statt prothetischer Brückenversorgung).
Beteiligte
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 12 O 42/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das am 21. Juni 2000 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster bezüglich der Hauptsacheentscheidung zur Höhe des Anspruchs, soweit der Beklagte zur Zahlung materiellen Schadensersatzes von 29.251,31 DM für eine Zahnimplantatbehandlung und zur Zahlung immateriellen Schadensersatzes von 7.500,– DM verurteilt worden ist, sowie bezüglich der Kostenentscheidung aufgehoben.
Zur Entscheidung über die Höhe dieser Ansprüche wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Berufungsinstanz zu entscheiden haben wird.
Bezüglich der übrigen materiellen Schadensersatzforderungen wird das angefochten Urteil abgeändert und neu gefasst.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.036,42 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24.11.1999 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden aufgrund des Unfalls vom 18.10.1999 auf der Straße K. in I. in Höhe Hausnummer 24 zu ersetzen hat, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen sind.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer beider Parteien beträgt weniger als 60.000,– DM.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren Nachbarn, auf vollen materiellen und immateriellen Schadensersatz sowie Feststellung der künftigen Ersatzpflicht aus einem Unfall vom 18.10.1999 gegen 22.00 Uhr in Anspruch, bei dem sie vor ihrem Haus zu Fall kam, mit ihrem Kinn auf die Straße aufschlug und erhebliche Kieferverletzungen und multiple Zahnschäden erlitt.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei zum Unfallzeitpunkt, als sie ihre Mülltonne an die Straße habe stellen wollen, plötzlich vom nicht angeleinten Schäferhund des Beklagten, den sie zuvor nicht gesehen habe, von hinten angesprungen worden, woraufhin sie mit dem Kinn auf eine Pflastererhöhung gestürzt sei. Infolge des Unfalls habe sie einen doppelten Kieferbruch erlitten, durch den die Ziehung von 8 Zähnen und eine prothetische Ersatzversorgung erforderlich geworden sei.
Die Klägerin, die in der Zeit vom 19.10. bis zum 03.11.1999 in stationärer Behandlung war, plant eine implantologisch-prothetische Rehabilitation im Klinikum Osnabrück und hat dazu ein Behandlungskonzept mit Kostenvoranschlag des Chefarztes Prof. Dr. Dr. E. vom 27.12.1999 vorgelegt, wonach die Maßnahme Kosten in Höhe von ca. 29.251,31 DM erfordern wird. Sie hat vom Beklagten diesen Betrag sowie Verdienstausfall in Höhe von 945,– DM, Haushaltsführungsschaden in Höhe von 1.500,– DM, Taxikosten von 25,– DM, Kosten der Besuchsfahrten der Familie in Höhe von 515,84 DM, Ersatz der Zuzahlung zu den Krankenhauskosten von 238,– DM und eine Kostenpauschale in Höhe von 50,– DM, insgesamt somit. Zahlung von 32.525,15 DM beansprucht. Daneben hat sie ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von zumindest 7.500,– DM sowie die Feststellung der künftigen Ersatzpflicht des Beklagten begehrt.
Der Beklagte hat die Unfalldarstellung der Klägerin und die Höhe des geltend gemachten Schadens, insbesondere hinsichtlich der Zahnersatzkosten bestritten. Diese Kosten hat ee auf eine anlagebedingte Kieferveränderung zurückgeführt und im übrigen geltend gemacht, eventuelle unfallbedingte Kosten seien von der Krankenkasse der Klägerin zu tragen.
Das Landgericht hat den Beklagten nach Anhörung beider Parteien und uneidlicher Vernehmung der Zeugin T. zur Zahlung von 38.952,23 DM verurteilt und dem Feststellungsbegehren entsprochen mit im wesentlichen folgender Begründung: Die Klägerin könne aufgrund des Unfalls materiellen Schadensersatz in Höhe von 31.452,23 DM und ein Schmerzensgeld von 7.500,– DM beanspruchen. Nach den im Kern übereinstimmenden Angaben beider Parteien und der Aussage der Zeugin Denise T. bestehe kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Klägerin in Folge des Anspringens durch den Schäferhund des Beklagten gestürzt und dadurch verletzt worden sei. Die Klägerin könne deshalb Ersatz der voraussichtlichen Zahnersatzkosten (implantologisch-prothetische Rehabilitation gemäß Kostenvoranschlag des Prof. Dr. Dr. Esser vom 27.12.1999) beanspruchen und brauche insoweit keine Vorleistung zu erbringen. Es sei gerichtsbekannt, dass die Versorgung mit Zahnimplantaten zu einem wesentlich besseren Ergebnis führe als der konventionelle Zahnersatz mit Brücken und herausnehmbaren Zahnersatz. In der ärztlichen Stellungnahme des Chefarztes Prof. Dr. Dr. E. sei herausgestellt, dass...