Leitsatz (amtlich)
Die Veröffentlichung von Luftbildaufnahmen urheberrechtlich geschützter Werke ist von der Schrankenregelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG (Panoramafreiheit) nicht gedeckt.
Normenkette
UrhG § 59 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 8 O 97/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.11.2021 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum im Zahlungsausspruch teilweise abgeändert. Der Zahlungsausspruch wird insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.826,41 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 28.01.2021 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage, soweit mit ihr Zahlungsansprüche geltend gemacht werden, abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Soweit sie zur Unterlassung verurteilt worden ist, kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 EUR abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin ist ein rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung. Den Vereinszweck der Klägerin stellt nach ihrer Satzung die treuhänderische Wahrnehmung der Nutzungs- und Einwilligungsrechte sowie der Vergütungsansprüche von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten im visuellen Bereich (z.B. von Malern, Bildhauern oder Fotografen) dar.
Der bildende Künstler Jan Bormann trat der Klägerin im Jahre 1992 unter Abschluss eines Wahrnehmungsvertrages bei (Beitrittserklärung und Wahrnehmungsvertrag: Anlage K27 = Blatt 142-143 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte).
Der bildende Künstler Klaus Noculak trat der Klägerin im Jahre 2010 unter Abschluss eines Wahrnehmungsvertrages bei (Beitrittserklärung und Wahrnehmungsvertrag: Anlage K28 = Blatt 144-145 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte).
Der bildende Künstler Wolfgang Christ trat der Klägerin im Jahre 1999 unter Abschluss eines Wahrnehmungsvertrages bei (Beitrittserklärung und Wahrnehmungsvertrag: Anlage K29 = Blatt 146-147 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte).
Der - mittlerweile verstorbene - bildende Künstler Otto Piene trat der Klägerin im Jahre 2001 unter Abschluss eines Wahrnehmungsvertrages bei (Beitrittserklärung und Wahrnehmungsvertrag: Anlage K30 = Blatt 148-151 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte). In § 9 des Wahrnehmungsvertrages findet sich u.a. folgende Bestimmung: "(...) Im Falle des Todes des Berechtigten wird der Wahrnehmungsvertrag mit den Erben fortgesetzt. Sind mehrere Erben vorhanden, so müssen diese ihre Rechte durch einen von ihnen ausüben, der als Bevollmächtigter Mitglied wird. (...)"
Der - mittlerweile verstorbene - bildende Künstler Herman Prigann trat im Jahre 1985 der österreichischen "Verwertungsgesellschaft bildender Künstler (VBK)" unter Abgabe einer Wahrnehmungserklärung bei (Mitgliedschaftsanmeldung und Wahrnehmungserklärung: Anlage K32 = Blatt 158-161 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte). Zwischen der Klägerin und der VBK besteht ein "Gegenseitigkeitsvertrag" (Anlage K33 = Blatt 162-170 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte); Artikel I Nr. 1 lit. a) dieses Vertrages lautet: "Im Rahmen des vorliegenden Vertrages überträgt die VBK der VG Bild-Kunst das ausschließliche Mandat, sie in ihrem Wahrnehmungsgebiet gemäß Artikel IX zu Zwecken der Kontrolle und Wahrnehmung der Nutzungsrechte von Werken ihrer Mitglieder zu vertreten." Nach dem Tod des Herman Prigann trat im Jahre 2009 Frau I. als Miterbin des Verstorbenen der VBK unter Abgabe einer Wahrnehmungserklärung bei (Mitgliedschaftsanmeldung, Wahrnehmungsordnung der VBK und Wahrnehmungserklärung: Anlage K35 = Blatt 181-184 der erstinstanzlichen elektronischen Gerichtsakte). § 5 der Wahrnehmungsordnung der VBK lautet: "Erfolgt das Erlöschen der Mitgliedschaft durch den Tod des Mitglieds, ist die VBK berechtigt, aber nicht verpflichtet, die eingeräumten Rechte zu den bisherigen Bedingungen zugunsten der Rechtsnachfolger wahrzunehmen. Mehrere Erben (Legatare) müssen ihre Rechte durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten ausüben (siehe § 2 oben). Bis zum Nachweis der Erbfolge und Bestellung eines Bevollmächtigten ist die VBK zu Auszahlungen nicht verpflichtet. Die VBK kann verlangen, dass der Nachweis durch Urkunden des zuständigen Verlassenschaftsgerichts (Einantwortungsurkunde, Amtsbestätigung) geführt wird. Sie kann weiters auch begehren, dass die Bevollmächtigung durch öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird."
Die vorbenannten Künstler sind die Schöpfer von Installati...