Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 16 O 203/18) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 11.04.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Münster teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.687,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von jährlich 4 %, jedoch nicht mehr als 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, seit dem 06.02.2019 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs T mit der Fahrgestellnummer ...
Es wird weiter festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des vorstehend genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 11 % und die Beklagte zu 89 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz nach dem Kauf eines Pkw T im Zusammenhang mit dem sog. X-Abgasskandal in Höhe von 23.342,27 EUR.
Er erwarb am 03.09.2016 von dem Gebrauchtwagenhändler L "P Fahrzeuge" ein Fahrzeug T zum Preis von 25.850 EUR mit einer Laufleistung von 18.600 km, Erstzulassung September 2015, bestückt mit dem Motor Typ EA 189.
Der Kläger hat gemeint, die Beklagte hafte ihm gegenüber aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB; § 826 BGB auf Schadensersatz. Er habe keine Kenntnis von der Betroffenheit des streitgegenständlichen Modells von der manipulierten Motorsteuerungssoftware bei dem Kauf gehabt und eine solche auch nicht haben müssen. In Kenntnis der Manipulation hätte er das Fahrzeug nicht erworben. In der Erwerbsaufwendung liege sein Schaden.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs T mit der Fahrgestellnummer: ... an ihn 24.266,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2.367,36 EUR sowie weiterer Zinsen aus 25.850,00 EUR von 4 Prozent pro Jahr seit dem 17.12.2018 zu zahlen.
hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs T mit der Fahrgestellnummer: ... durch die Beklagte resultieren,
2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit Rechtshängigkeit mit der Annahme des in Ziff. 1 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat eine deliktische Ersatzverpflichtung in Abrede gestellt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat den Kläger persönlich angehört und alsdann die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe das Fahrzeug im September 2016 und damit beinahe ein Jahr nach Bekanntwerden des sog. Abgasskandals erworben. Eine vorsätzliche Täuschung i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB durch die Beklagte sei nicht mehr anzunehmen. Die Beklagte habe davon ausgehen müssen, dass etwaige Käufer, so auch der Kläger, von den betroffenen Fahrzeugen Kenntnis hätten, und es unmöglich sei, diese zu täuschen, nachdem die Beklagte ab dem 22.09.2015 die Öffentlichkeit über den Abgasskandal und dessen Ausmaß informiert habe und auch bekannt gewesen sei, dass Fahrzeuge der Konzernmarke T hiervon betroffen seien. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Kläger erklärt habe, er habe zwar Kenntnis vom sog. Abgasskandal gehabt, nicht jedoch davon, dass gerade sein Fahrzeug betroffen sei. Die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen lägen nicht vor. Aus diesen Gründen sei auch ein etwaiger Anspruch aus § 826 BGB ausgeschlossen. Darüber hinaus liege ein weit überwiegendes Mitverschulden des Klägers an der Schadensentstehung vor, so dass ein etwaiger Ersatzanspruch gegen die Beklagte auf Null zu kürzen sei. Jeder auch nur halbwegs bei Verstand befindliche Kaufinteressent hätte angesichts der über Monate drückenden Berichterstattung und der sich aufdrängenden Betroffenheit von T-Dieselfahrzeugen selbst tätig werden, sich also informieren und schließlich beim Verkäufer nachfragen müssen.
Der Kläger wehrt sich hiergegen mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag weitgehend weiter verfolgt. Er beanstandet, dass das Landgericht zu seinen Lasten einseitig unterstellt habe, dass die Beklagte die Öffentlichkeit über den Abgasskandal und dessen Ausmaß umfassend informiert habe und es unmöglich gewesen sei, die Betroffenheit des konkreten Fahrzeugs nicht zu bemerken, obschon eine entsprechende Aufklärung weder durch die Beklagte noch durch den Händler erfolgt sei. Die Beklagte sei für ein...