Leitsatz (amtlich)
1. Steuerrechtliche Vorfragen sind von den Zivilgerichten selbständig zu beantworten. Eine Bindung an Steuerbescheide oder unmissverständliche Rechtsauffassungen der Finanzbehörden besteht nicht.
2. Keine Umsatzsteuerpflicht der Vergütung für Werbeleistungen eines Bundesligavereins zur Förderung des Tourismus in der Schweiz.
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 12.06.2013; Aktenzeichen 19 O 44/13) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.6.2013 verkündete Urteil der V. Kammer für Handelssachen des LG Dortmund wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist ebenso wie das vorgenannte Urteil des LG ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Gemäß § 540 Abs. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts Anderes ergibt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge hinsichtlich der Klage und Widerklage vollumfänglich weiterverfolgt.
Zur Begründung führt sie aus, dass das LG zunächst unzutreffend davon ausgegangen sei, dass es sich bei den in den Verträgen vom 13./21.6.2007 und vom 06./16.5.2008 genannten Gegenleistungen um Bruttobeträge handeln würde, aus denen eine Umsatzsteuer herauszurechnen sei. Hinsichtlich des Vertrages vom 13./21.6.2007 folge aus der Formulierung in § 3 Nr. 2 des Vertrages, dass es sich bei dem Vertragspreis um einen Nettobetrag handele. Auch hinsichtlich des Vertrages vom 06./16.5.2008 sei von einer Nettopreisvereinbarung auszugehen, da die Parteien eine solche Vereinbarung gewollt hätten. Zudem sei die Angabe von Nettopreisen branchenüblich.
Entgegen der Ansicht des LG seien ihre Leistungen aus den drei streitgegenständlichen Verträgen in Deutschland zu versteuern, so dass sie gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer habe. Die Auffassung des LG, wonach es sich bei den Leistungen nicht um Sportveranstaltungen, sondern um Werbeleistungen i.S.v. § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 UStG handele, sei unzutreffend. Maßgebend sei nämlich, dass den geplanten Werbemaßnahmen eine Sportveranstaltung zugrunde gelegen habe, ohne die die Werbemaßnahmen nicht möglich und sinnlos gewesen seien. Erst das Sportereignis schaffe das Produkt, welches auf das Interesse des Zuschauers stoße und damit werbetechnisch interessant sei. Die wesentliche Leistung der Klägerin sei daher die Durchführung der Fußballspiele gewesen. Jedenfalls bei einer vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sei für die Leistungen aus allen drei Verträgen Deutschland, insbesondere das Fußballstadion der Klägerin als Leistungsort anzusehen. Demnach sei die Auskunft des Finanzamtes Es mit Schreiben vom 17.10.2007 zutreffend. Auch wenn diese Ausführungen des Finanzamtes nur den Vertrag vom 13./21.6.2007 betroffen hätten, würden sie entsprechend für die Verträge vom 11./16.7.2007 und vom 06./16.5.2008 gelten. Das LG habe ferner den Unterschied zwischen klassischer Werbung und Sponsoring verkannt. Dem Sponsor gehe es darum, die Zuschauer einer Veranstaltung zu erreichen, um für sein Produkt zu werben. Daraus folge, dass maßgeblich auf die Erbringung der sportlichen Leistung abzustellen sei.
Das LG habe eine Steuerpflichtigkeit der Leistungen in Deutschland nicht selbständig prüfen dürfen, da es an die Rechtsauffassung des Finanzamtes E im Schreiben vom 17.10.2007 sowie an die Umsatzsteuerbescheide gebunden gewesen sei. Zivilgerichte seien sowohl an bestandskräftige Steuerbescheide der Finanzbehörden als auch an die Äußerung einer unmissverständlichen Rechtsauffassung durch die Finanzbehörden gebunden, da ansonsten die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bestehe und das Zivilgericht die Grenzen seiner Zuständigkeit überschreiten würde. Die Festsetzung der Umsatzsteuer sei grundsätzlich auch im Verhältnis zwischen Unternehmer und Abnehmer maßgeblich. Die Auskunft des Finanzamtes habe aufgrund des gleichen Sachverhalts auch Bindungswirkung für die Verträge vom 11./16.7.2007 und vom 06./16.5.2008 gehabt. Entgegen der Auffassung des LG sei sie auch nicht verpflichtet gewesen, die Auffassung des Finanzamtes durch die Einlegung von Rechtsbehelfen überprüfen zu lassen.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil des LG Dortmund vom 12.6.2013 abzuändern und
a) die Beklagte zu verurteilen,
(1) an sie 39.360,87 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.2.2009 zzgl. Mahnauslagen i.H.v. 10 EUR zu zahlen.
(2) an sie die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ihrer Prozessbevollmächtigten i.H.v. 1.192,60 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.2.2009 zu zahlen.
b) die Widerklage ab...