Leitsatz (amtlich)

In einem gegen die Kindesmutter gerichteten Verfahren auf Entzug der elterlichen Sorge gem. § 1666 BGB ist dem nicht sorgeberechtigten nichtehelichen Vater als Beteiligtem auch dann Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wenn der für den Antrag auf Sorgerechtsentzug maßgebliche Verdacht der Kindesmisshandlung sich gegen ihn selbst oder gegen die Mutter richtet.

 

Normenkette

FamFG § 76; ZPO § 114; BGB § 1666

 

Verfahrensgang

AG Baden-Baden (Beschluss vom 22.12.2011; Aktenzeichen 6 F 338/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Baden-Baden vom 22.12.2011 (6 F 338/11) dahin abgeändert, dass dem Beteiligten zu 3 für das Verfahren erster Instanz ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin G.-H., bewilligt wird.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 3 wendet sich mit der Beschwerde gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe.

Die Kinder D., geboren am ... 2007, und A., geboren am ... 2010, sind aus der nichtehelichen Beziehung der Beteiligten zu 2 und zu 3 hervorgegangen. Sorgeerklärungen wurden nicht abgegeben.

Am 13.12.2011 hat das Jugendamt beim AG einen Antrag auf teilweisen Entzug der elterlichen Sorge für die Kinder D. und A. gestellt, nachdem die Kinder am 12.12.2011 in der Stadtklinik B.-B. in Obhut genommen worden waren. Grund für die Vorstellung der Kinder in der Klinik waren Brandverletzungen am Unterarm von D.. Das Jugendamt hat ausgeführt, dass es sich nach übereinstimmender Meinung der Mediziner der Stadtklinik und von Dr. N. von der Uniklinik M. um Spuren einer Misshandlung handele. In der Familie sei bereits Familienhilfe installiert. Es sei bekannt, dass der Vater die Mutter regelmäßig schwer misshandelt habe. In der vorhergehenden Woche habe sich herausgestellt, dass dies auch in Anwesenheit der Kinder geschehe und dass D. ebenfalls geschlagen worden sei, vermutlich weil er seiner Mutter habe helfen wollen. Die Mutter habe nur mit großem Druck dazu bewegt werden können, die Wohnung mit den Kindern zu verlassen und vorübergehend zu ihrer Mutter zu ziehen. Sie habe zugesagt, die Wohnung mit den Kindern nicht mehr zu betreten. Sie habe aber eingeräumt, mit den Kindern zumindest im Haus gewesen zu sein, wo auch die Verletzung als Unfall entstanden sein soll, weil D. ausgerutscht und an die Heizung gekommen sei.

Mit Verfügung vom 13.12.2011 hat das AG Termin zur Erörterung bestimmt. Unter dem 14.12.2011 hat es einen Beschluss erlassen und der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitsfürsorge für die Kinder im Wege der einstweiligen Anordnung befristet bis 31.1.2012 entzogen und dem Jugendamt als Ergänzungspfleger übertragen. Der Beschluss ist dem Vater am 15.12.2011 zugestellt worden. Mit weiterem Beschluss hat es von Amts wegen zwei Hauptsacheverfahren wegen § 1666 BGB, jeweils eines für jedes Kind, eingeleitet und das Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung (einstweilige Anordnung) abgetrennt, soweit es das Kind A. betrifft (jetzt AG Baden-Baden 6 F 340/11).

Am 15.12.2011 hat der Beteiligte zu 3 beantragt, ihm für das Verfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.

Die Beteiligte zu 2 ist dem Antrag des Jugendamtes entgegen getreten und hat die Herausgabe der Kinder verlangt.

Im Termin vor dem AG vom 23.12.2011 sind die Beteiligten und Dr. N.-Cr. als Sachverständige angehört worden. Die Beteiligte zu 2 hat erklärt, mit einer gerichtsmedizinischen Untersuchung von D. einverstanden zu sein. Das AG hat mit Beschluss vom 23.12.2011 den Antrag der Antragstellerin auf Übertragung der elterlichen Sorge zurückgewiesen und den Eltern Auflagen gemacht.

Mit Beschluss vom 22.12.2011 hat es den Antrag des Beteiligten zu 3 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung und Beteiligung am Verfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Regelmäßig komme in Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung, bei denen das Kind bei der Mutter lebe, auch in Betracht, dem Vater Teile des Sorgerechts zu übertragen. Daher habe jeder Elternteil auch die Rechtsposition nach § 157 FamFG inne. Hier liege der Fall ausnahmsweise anders. Jede - auch nur teilweise - Übertragung von Sorgerechten auf den Vater würde eine (weitere) Kindeswohlgefährdung bedeuten. Er sei erziehungsungeeignet. Die Gewalttätigkeiten des Vaters habe das Jugendamt in einem Bericht vom 19.12.2011 dargelegt und die Mutter in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 15.12.2011.

Gegen den am 5.1.2012 zugestellten Beschluss richtet sich die am 30.1.2012 beim AG eingegangene Beschwerde des Beteiligten zu 3.

Zur Begründung führt er aus, in der erlassenen einstweiligen Anordnung sei ihm Kindesmisshandlung unterstellt worden, ohne dass diese tatsächlich gegeben geschweige denn nachgewiesen sei. Er habe D. einmal eine Ohrfeige gegeben, was ihm im Anschluss auch leid getan habe und wofür er sich bei dem Kind entschuldigt habe. Das rechtfertige es nicht, ihn generell als erziehungsungeeignet anzusehen. Dies zumal es ihm in d...

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